Only God Forgives ~ Ryan Gosling, Nicolas Winding Refn [Kritik]

Joel.Barish

dank AF
Lange drauf gewartet, nun endlich gesehen:

BG-Kritik: Only God Forgives (Joel)

Wirklich enttäuschend. Und ich habe lange mit mir gerungen, ob ich das wirklich so empfinde, warum "Drive" bei mir funktioniert hat und dieser nicht. Aber es ist so. Das Gefühl der Leere am Ende des Films hatte weniger mit meinen Erwartungen zu tun, als vielmehr mit dem, was der Film mir letztendlich geboten hat. :crying:
 

Revolvermann

Well-Known Member
Schade. Nachdem spiegel-online Gestern noch von einem Meisterwek schrieb war ich wieder guter Dinge. Mache mir aber natürlich trotzdem selber ein Bild.
 

Diego de la Vega

Not Yet Rated
Schöne Kritik Joel, und ich kann das so ziemlich unterschreiben. Ich warte noch immer darauf, was der Film mir sagen wollte. Aber da ist nichts, zumindest nichts von Bedeutung. Wertung passt auch, auch wenn ich glaub knapp drunter ginge. Halt 4/10
 

Joel.Barish

dank AF
Danke. Es wäre ja gar nicht schlimm, dass der Film nichts zu sagen hat. Aber es ist zudem auch einfach alles völlig egal, was da passiert. Die Tat, die der Bruder begeht, hat fast mehr dramatisches Potential alles alles, was da sonst vor sich geht.

@Revolvermann
Wenn du den eh sehen wolltest und nun zwischen zwei eher gegenteiligen Kritiken stehst, würde ich mir trotzdem selbst ein Bild machen.
 

Jay

hauptsache bereits gesehen
Teammitglied
Well, shit.

Ich habs heut zeitlich nicht geschafft, aber ich glaube dann zieht es mich morgen... doch eher in The East.
 

HurriMcDurr

Well-Known Member
Guck ich mir trotzdem an.
Wenn man da so lang gespannt drauf gewartet hat macht man keinen Rückzieher. Kann mir nach den Meinungen von Joel und Diego aber echt gut vorstellen, dass er mir auch nicht gefallen wird. :bibber:
 

TheRealNeo

Well-Known Member
@ Joel

Du warst ja nun von beiden Gosling-Vehikels dieses Jahr enttäuscht, wie hoch waren die Erwartungen da bei dir jeweils? War Pines für dich ein 10/10 Kandidat vorab, also von den Erwartungen her? Und der Refn?
Würde mich mal interessieren....
 

Joel.Barish

dank AF
@Neo
Ich erwarte grundsätzlich schon mal keine Punktzahlen. Das macht für mich eigentlich keinen Sinn. Manchmal passiert es, dass ich mir denke, wenn Film X am Ende unter X/10 landet, wäre das enttäuschend, aber in der Regel hoffe ich einfach grundsätzlich auf einen guten Film. Bei den beiden genannten Filmen, insbesondere dieser hier, habe ich schon verhältnismäßig stark gehofft. Aber das hatte eigentlich keinen nennenswerten Einfluss darauf, wie ich auf das präsentierte reagiere. Insbesondere bei OGF war ich ja auch ein wenig vorgewarnt. Ich würde auch behaupten, dass mich meine Erwartungen im Vorfeld nicht übermäßig stark beeinflussen, wenn ich den Film dann gucke bzw. komplett gesehen habe. Ich bin keine 12 mehr. :biggrin: Wenn ich nicht das bekomme, was ich vorher erhofft/erwünscht habe, bin ich nicht beleidigt. Ich bin durchaus in der Lage den Film zum größten Teil als das zu sehen, was er ist. Erwartungen sind natürlich immer ein Einfluss, aber OGF und Pines hatten einfach für mich nicht zu leugnende Schwächen und Probleme. Und ich hoffe einfach mal, dass es Zufall ist, dass es jetzt zwei Mal in kurzer Zeit Gosling erwischt hat. Der ist nämlich eigentlich ganz cool. :smile: (Bei "Gangster Squad", den ich noch nicht gesehen habe, habe ich auch ein ungutes Gefühl. :bibber: )
 

Joel.Barish

dank AF
Das ist richtig, aber der kann letztendlich genau so gut oder schlecht wirken, wie Filme, auf die ich mich freue. Die Unterschiede in der Rezeption liegen eher in der Art der Filme, nicht bei meinen Erwartungen. Von einem Derek Cianfrance Drama oder einem Refn Kunst-Actioner erwarte ich andere Dinge, als von einem Gangster-Film vom "Zombieland" Regisseur. Jeder Film muss auf seine Art für sich alleine stehend funktionieren.
 

Puni

Well-Known Member
Sehe das ähnlich wie Joel, wenn auch nicht ganz so schlimm. Mehr dazu, wenn ich wieder Internet habe. Der Kinosaal im Programmkino war übrigens ziemlich leer, was mich schon überrascht hat nach dem Hype, den Drive erfahren hat. Es ist irgendwie bitter sich eingestehen zu müssen, dass Filme von tollen Regisseuren und Darstellern mehr odet weniger in die Hose gehen, diehe TDKR.
 
L

LordTywin

Guest
Es überrascht mich echt, dass der Film bei euch nicht so gewirkt hat, wie er bei mir gewirkt hat. Ich würde dem Film mit Sicherheit eine 7/10, wenn nicht sogar noch höher geben...
In meinen Augen ist "OGF" sogar besser als "Drive", wenn ich ihn nach den Standarts von Nicolas Winding Refn beurteile. Wo mir bei "Drive" manchmal der Mangel an Dialog sehr schmerzlich aufgefallen ist, wirkte es bei diesem Film einfach passend und nur richtig!
Die Charaktere und die Bildsprache erzählen die Geschichte, ohne das irgendein Wort gebraucht wird. Manchmal wirken die Dialoge, die es im Film gibt, sogar fast schon irgendwie fehl am Platz, weil sie den Flow unterbrechen, den die Bilder und der Soundtrack aufbauen.
Jeder Charakter, von Chang über Julian, bis hin zu seiner Mutter werden durch ihre Handlungen, ihre Reaktionen gestaltet. Ryan Gosling braucht nur die 18 Zeilen, die er im Film spricht, um seinen Charakter voll auszuzeichnen, seine Motivationen erkennt man durch seine Handlungen.
Am Ende des Films musste ich sogar leicht lächeln, als der Vorhang wieder vor die Leinwand gezogen wurde. Für mich hat Refn mal wieder einen Film gemacht, der für mich Lust auf die Kunstform Film macht. Aber das liegt wohl im Auge des Betrachters...
 

TheGreatGonzo

Not interested in Naval Policy
Gestern gesehen und ich fand ihn sowohl ziemlich blöd als auch eigentlich recht gut. Blöd, weil der Film von vorne bis hinten von jeglichem Sinn befreit, eine Szene an die andere hängt. Die Figuren bleiben leer und unrealistisch, von nachvollziehbaren Handlungen oder einer emotionalen Bindung ganz zu schweigen. Eine wirkliche Narrative gibt es nicht, während Refn sich lieber in hemmungslos selbstverliebten Bildern austobt, die Darsteller teilweiße die merkwürdigsten Gesichtsausdrücke auflegen (Gosling hier die Nummer 1 mit seinem komischen verletzten Hundeblick recht am Anfang) und Dialoge aufsagen, die die absolute Schmerzgrenze zur unfrewilligen Komik mit Karacho einrennen. Hier wäre es nur konsequenter und gelungener gewesen, hätte Refn die gesprochenen Passagen gleich ganz weggelassen. Gleichzeitig mochte ich den Film aber auch, auf seine Art und Weiße. Refn präsentiert uns einen schwitzigen Albtraum in rotem und blauem Neon, eine surreale Reise zu menschlichen Abgründen. Es wirkt wie in Zeitlupe gefilmt, während Cliff Martinez' großartig Wendy-Carlosige Filmmusik im Hintergrund dröhnt. Das mag sinnbefreit, thetralisch, bedeutungsschwanger und praktisch durchweg mega überzogen sein, aber das darf sich so ein (filmischer) Albtraum auch leisten, denn er fasziniert dann doch irgendwie. Auf seine eigene Art und Weiße. Und Only God Forgives hat zumindest halbwegs die Konsequenz und Härte die früher dieses Jahr Spring Breakers gut getan hätte. Ein Film, der sich auch gut als Museumsinstallation machen würde. Nichts, dass ich nochmal sehen muss, aber für sich gesehen dann doch recht faszinierend.

7/10
 
V

vizzle

Guest
Selten erlebt, dass ein anderer einen so ähnlichen Eindruck eines Filmes hatte wie ich. Ich kann alles unterschreiben, was du sagst. Was auch auffallen durfte ist, dass neben der Reduktion von Dialog (ist Drive in der Hinsicht sehr ähnlich), vorallem ein Affektmoment durch narrative Irritationen und Dekonstruktion sinnhafter Aufeinanderfolgen von Szenen erzeugt werden wollte. Dies hat nur teilweise funktioniert. Der hier erwähnte Surrealismus ist nicht wirklich einer. Diese Wahrnehmung begründet sich auf höchst merkwürdigen Jumpcuts und ausufernder Gewalt, die außerdem fast immer von vorangehender oder folgender Stille (man könnte es narrative Slow-Motion nennen) begleitet wird.

Wie vorangehend schon einmal gesagt ziehe ich aber auch einen sehr positiven Schluss: Ich habe durch Filme wie OGF wieder Lust, ins Kino zu gehen. :smile:
TheGreatGonzo schrieb:
Gestern gesehen und ich fand ihn sowohl ziemlich blöd als auch eigentlich recht gut. Blöd, weil der Film von vorne bis hinten von jeglichem Sinn befreit, eine Szene an die andere hängt. Die Figuren bleiben leer und unrealistisch, von nachvollziehbaren Handlungen oder einer emotionalen Bindung ganz zu schweigen. Eine wirkliche Narrative gibt es nicht, während Refn sich lieber in hemmungslos selbstverliebten Bildern austobt, die Darsteller teilweiße die merkwürdigsten Gesichtsausdrücke auflegen (Gosling hier die Nummer 1 mit seinem komischen verletzten Hundeblick recht am Anfang) und Dialoge aufsagen, die die absolute Schmerzgrenze zur unfrewilligen Komik mit Karacho einrennen. Hier wäre es nur konsequenter und gelungener gewesen, hätte Refn die gesprochenen Passagen gleich ganz weggelassen. Gleichzeitig mochte ich den Film aber auch, auf seine Art und Weiße. Refn präsentiert uns einen schwitzigen Albtraum in rotem und blauem Neon, eine surreale Reise zu menschlichen Abgründen. Es wirkt wie in Zeitlupe gefilmt, während Cliff Martinez' großartig Wendy-Carlosige Filmmusik im Hintergrund dröhnt. Das mag sinnbefreit, thetralisch, bedeutungsschwanger und praktisch durchweg mega überzogen sein, aber das darf sich so ein (filmischer) Albtraum auch leisten, denn er fasziniert dann doch irgendwie. Auf seine eigene Art und Weiße. Und Only God Forgives hat zumindest halbwegs die Konsequenz und Härte die früher dieses Jahr Spring Breakers gut getan hätte. Ein Film, der sich auch gut als Museumsinstallation machen würde. Nichts, dass ich nochmal sehen muss, aber für sich gesehen dann doch recht faszinierend.

7/10
 

TheRealNeo

Well-Known Member
Heute gesehen, muss nochmal ne Nacht darüber schlafen, aber bei Minimum 7/10 wird er sich wohl auch bei mir einpendeln.:wink:
 

Joel.Barish

dank AF
@Gonzo
Ja, komplett ohne Dialoge wäre vielleicht konsequenter gewesen. Wäre uns manch unfreiwillig komische Passage erspart geblieben. Und ich kann tendenziell akzeptieren, dass man mit dem Film als nicht-narrative Albtraum-Spielerei seine Freude hat, aber so eine Albtraum-Spielerei funktioniert in meinen Augen besser, wenn der Film nicht wirkt, wie ein psychedelischer Bildschirmschoner in Zeitlupe. Um dieses komplette Fehlen von einer wirklichen Handlung und von lebendigen Figruen auszugleichen, hätte für mich noch wesentlich mehr kommen müssen. Um als Albtraum-Spielerei wirklich transzendental über den Bedürfnissen nach Handlung und Figuren zu stehen, reicht das Gelieferte nicht aus. Refn hat den Film ja Alexandro Jodorowsky gewidmet. Der wusste, wie man transzendental über den gewöhnlichen Vorstellung einer Spielfilm schwebt und trotzdem fasziniert.
Und ich würde den Film gerne erneut sehen, aber aktuell würde ich sagen, dass mir "Spring Breakers" besser gefallen hat.
(Ach ja: "Art und Weise")
 

TheRealNeo

Well-Known Member
Was ich ja ein wenig fahrlässig finde ist die FSK 16 des Films. Wenn ein "Drive" en ab 18-Siegel bekommt muss (!) es auch dieser bekommen, ansonsten gleicht das Freigabe System der FSK einer Farce. Allein die Atmosphäre in "Only God Forgives" ist durchgehend bedrohlicher und dichter, was auch die Gewalt beeinflusst.
Also mit reinem Gewissen könnte ich dem einen Publikum unter 18 nicht vorführen...
 

Jay

hauptsache bereits gesehen
Teammitglied
Schwierige Einteilung. Martinez' Score ist gut, manche Einstellungen, die ganz zweifellos Erinnerungen an Enter The Void wecken, sind lobsam schick, alle drei Hauptdarsteller sind in ihren jeweiligen Rollen überzeugend (Kristin Scott Thomas habe ich offen gesagt erst nicht wiedererkannt). Jetzt, nach einmal drüber schlafen gefällt mir die Handlung und ich halte sie langsam auch für existent - das fällt im Kino schwer zu fassen.

Julian hat offenbar seinen Vater ermordet und war Sextoy seiner Drogendealer-Mutter, was ihn dann so verstört hat, dass er seinem Bruder nach Thailand gefolgt ist. Dort steckt er nun in seiner persönlichen Hölle (deswegen überall Ambient-Rot), in der er nichts mit Frauen haben, maximal zusehen kann, in der er unter seinem pädophilen Monsterbruder leidet. Und als der stirbt und sich Besserung anbahnen könnte, kommt mit der Mutter der Teufel persönlich, die ihn an seine Sünden erinnert und ihn zu neuen aufruft, also alles schlimmer macht. Chang hingegen ist die personalisierte unaufhaltsame Rechnung für alle schlechten Taten, unantastbar jeden richtend, der ihm in den Weg kommt.

Was über lange Strecken schwer fällt, ist Goslings Figur zu verstehen, einzuordnen. Wir kennen ihn jetzt so lange als Identifizierungsfigur, als sympathischen, charismatischen Kerl oder mitleid erweckendenen traurigen Tropf, aber hier spielt er eine böse, leicht psychopathische, aber wichtiger, und das ist ganz offensichtlich, impotente, erbärmliche Figur.

Julian mag zwar tough aussehen und in einem Boxladen arbeiten, aber der Film entlarvt Stück für Stück, dass Julian ein eierloser Versager ist, der nur den Schein eines erfolgreichen stolzen, harten Mannes lebt. Er hat keine Freunde, er hat im Geschäft nichts zu sagen, er ist zu unfähig mit Frauen umzugehen - starke Szene, als er die Prostituierte mitnimmt und sie dann auf dem Weg zurück unfähig anschreit - er hat nichts unter Kontrolle, behandelt seine Mutter immer noch als sei er 10, und die stärkste Szene ist eigentlich, als der fraglos unheimlich cool aussehende Gosling im Anzug sorgsam seine Ärmel hochkrempelt und sich Chang stellt. Wenn er in einem Boxladen arbeitet, sollte er kämpfen können und danach sieht er ja auch aus, aber er kriegt ja dermaßen auf die Fresse und trifft selbst kein einziges Mal. Deswegen ist auch die Endszene stark, wo er als Schlussstrich des Versagens, natürlich was auch sonst, aufgibt, indem er die Hände hochhält. Er hofft sich damit in die Lage des "unschuldigen" Vaters versetzen zu können, der den Peiniger seiner Tochter umgebracht hat und demnach gerechtfertigt bestraft wurde, als wäre es Reue, Erlösung. Wenn man es aber nicht sieht, dürfte klar sein, dass Julian dort ganz jämmerlich verbluten und in den Augen Changs als weitere wertlose, zerquetschte Gangsteramöbe schon nach der nächsten Reisschüssel vergessen sein wird. Seine Reue interessiert diesen "Gott" einen Scheiss.

Inhaltlich gefiel mir demnach einiges, aber boy ist der Film öde inszeniert. Es passt zum Nihilismus, aber im Vergleich zum ähnlich orientierten Walhalla Rising kommt nur kleinst Atmosphäre auf, zu wenig. Dass Goslings vermeintliche Coolness später als jämmerliche Farce entpuppt wird ist ok, aber da wirklich kein einziger sympathischer oder charismatischer Charakter im Film steckt, bis vielleicht auf die Prostituierte, die quasi nonexistent ist, ist es echt anstrengend, sich das anzusehen. Allerdings würde ich die Charaktermomente im Vergleich zu Walhalla stärker einstufen, und die beiden Filme damit etwa auf eine Höhe stellen. Was mir nicht gefiel, waren die vereinzelten Andeutungen von Realitätsverlust Julians und Changs Karaokemomente. Bin mir sicher, dass die meisten, vor allem wenn Gosling interessiert seit Drive, Pines, etc, nichts mit dem Film anfangen werden können. Weil zäh wie Kleister, weil Gosling außerordentlich unsympathisch, sperrig, erbärmlich erscheint, wegen der zuweilen blutigen Bilder und weil es faktisch keine Coolness im Film gibt. Die mag man erwarten, aber sie schlägt ins Leere. Der Film wirkt gleichzeitig wie Parodie und Fuck You an Refns eigenen Drive, als lehne er sich süffisant zurück und sage du mochtest Drive? Na schön, friss dies und erstick doch dran. Er ist nur ein zu interessanter Filmemacher, um diesen Anti-Drive wirklich schlecht geraten zu lassen.

5/10
 
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