Blau ist eine warme Farbe ~ Cannes Gewinner [Kritik]

Joel.Barish

dank AF
Kann ich grundsätzlich verstehen, den Gedanken. Aber die entscheidende Frage sollte doch folgende sein: Wenn es in einem Film mit einer homosexuellen Beziehung zur Trennung kommt, liegt das daran, dass die Partner homosexuell sind oder an denselben blöden Gründen, die auch hetereosexuelle Beziehungen zuende gehen lassen? :smile:
 

Member_2.0

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Joel.Barish schrieb:
Kann ich grundsätzlich verstehen, den Gedanken. Aber die entscheidende Frage sollte doch folgende sein: Wenn es in einem Film mit einer homosexuellen Beziehung zur Trennung kommt, liegt das daran, dass die Partner homosexuell sind oder an denselben blöden Gründen, die auch hetereosexuelle Beziehungen zuende gehen lassen? :smile:

An sich ist es egal, aus welchem Grund die Beziehungen zerbrechen. Es passiert in Filmen (und Serien) mit lesbischem Inhalt einfach viel zu oft.
Vielleicht ist der Ärger darüber als heterosexuell Orientierter nicht so ganz einfach nachzuvollziehen. Jeder Mensch braucht doch, grad im Heranwachsen Vorbilder, Geschichten etc an dem man sich orientieren kann.
Natürlich schaue ich auch gern "normale" Liebesfilme. Aber das massive Mitfiebern und Hoffen, dass am Ende alles gut wird (dafür schaut man ja Liebesfilme) kommt (zumindest für mich) bis auf einige Ausnahmen nicht zustande.
Wenn man die Möglichkeit hat in 100ten von Filmen tolle Beziehungen, schöne Geschichten, mit denen man (frau :wink: ) sich vergleichen kann, das eigenen Leben, die Liebe etc wiederzufinden, kann man das vielleicht nicht verstehen.
Für mich persönlich ist jeder Film mit entsprechender Storyline doch noch irgendwie ein Highlight. Umso schlimmer ist es dann, wenn die Liebe am Ende doch wieder nicht hält und die Story klischeehaft verwurstet wird :thumbdown:

Jetzt aber genug offtopic :biggrin:
 

TheGreatGonzo

Not interested in Naval Policy
Ich fand den Ausgang des Films durchaus positiv. Ich meine, der Film handelt auch nicht ausschließlich von gleichgeschlechtlichen Beziehungen, sondern von Liebe allgemein, erzählt anhand zweier Frauen. Und im Kontext des Films, über Liebe, Erwachsenwerdung und irgendwo auch Selbtsfindung, fand ich den Ausgang der Beziehung der beiden durchaus passend. Und am Schluss stellt sich auch keineswegs das Gefühl ein das eine lesbische Beziehung nicht funktionieren kann, sondern das diese eine, die im Handlungsmittelpunkt steht, auf Lange sicht nicht funktioniert hat (Ich hoffe, dass sind nicht schon Spoiler). Und doch ist die finale Szene, im Zusammenhang mit der Farbsymbolik, die den ganzen Film durchzieht eine, die das Ganze, zumindest für den Zuschauer, versöhnlich enden lässt.
 

Joel.Barish

dank AF
Doch @Gonzo, das sind Spoiler. :whistling: Abgesehen davon sehe ich das aber recht ähnlich. Wobei...
...Mit dem Kleid und der einsetzenden Musik erinnert das Ende ja ganz klar an die erste Begegnung von Adèle und Emma. Aber Adèle geht nun alleine die Straße entlang, weil der Typ nicht lange genug nach ihr sucht und zurück ins Haus geht. Würde ich nur bedingt als versöhnlich werten. Höchstens in dem Sinne, dass sich Adèle nicht am Ende ihres Weges befindet, sondern nur am Ende eines Wegabschnitts. Noch geht sie und könnte jederzeit eine ähnlich Begegnung erleben wie mit Emma.

@Member
Ich wollte auch nicht zu sehr bohren, daher lasse ich das jetzt. :squint: Hoffe, ich hab's nicht übertrieben. Obwohl eine Diskussion über Für und Wider von Happy Ends oder der positiven Bestätigung einer fiktiven Liebesbeziehung durchaus interessant sein könnte. Oder darüber, wie nahe man persönlich als Individuum den Liebenden in Filmen sein muss, um die Liebe nachzuvollziehen. Aber na ja, ich mochte den Film halt, deswegen bin ich hier dran geblieben. Mehr vielleicht, solltest du (oder irgendwer) den Film gesehen haben. :smile:
 

Rantman

Formerly known as Wurzelgnom
Film seit heute auf Netflix.


Schau ihn gerade und weil ich ein wenig gelangweilt bin, fang ich schon mal mit dem Schreiben an.

Der Film ist zu lang. Es gibt extrem viele redundante Szenen, die man sich sparen könnten, weil sie dem Film nichts neues geben. Die Kameraführung ist merkwürdig. Extrem viele nahaufnahmen und dann häufig angefangen bei irgendwelchen Körperteilen, zum Beispiel Armen/Beinen, dann fährt die Kamera zum Gesicht. Und jedes mal 10 Sekunden dazu, die nichts bringen.
Scheinbar finden das viele toll, künstlerisch wertvoll oder so. Im Film sagt Adele, dass sie es doof findet, wenn bei einem Buch alles zu tote interpretiert wird und Dinge gesucht werden, die der Autor nie gemeint hat. Das würde ihr den Spass am Buch verderben. Irgendwie finde ich dies in diesem Film seltsam Meta.

Ebenfalls wird gelobt, wie real sich der Film anfühlt. Für mich stellt sich hier die Frage, warum sollte man sich sowas anschaun wollen? Das Leben ist real. Wenn ich Realität will, dann spreche ich mit realen Menschen und führe mein reales Leben. In einem Buchoder Film möchte ich etwas erleben, was über die Realität hinausgeht. Zumindest ist das bei mir so und ich kann verstehen, dass dies bei anderen anders ist. So habe ich nun die Geschichte einer Frau gesehen, die theoretisch meine Nachbarin sein könnte und ich habe weder das Gefühl, gut unterhalten worden zu sein, noch, etwas gelernt zu haben. Zumindest hat mich aber das Schicksal der Damen genug interessiert, dass ich bis zum Ende schauen wollte.


Nun ist er zu Ende und ich frage mich immer noch, wer ist die Zielgruppe? Das ist kein Liebesfilm, den man sich mit seiner besseren Hälfte anschaut, kein Drama, dass zum Denken anregt (höchstens über diese Frage hier). Ich wüsste nicht, wem ich empfehlen sollte, den FIlm zu gucken. Die beiden Darstellerinnen spielen überragend, aber das allein reicht halt nicht. Ich bereure nicht, den Film gesehen zu haben, fänd es aber auch nicht schlimm, wenn ich es nicht getan hätte.


EDIT: Gestört hat mich auch der Verlauf und die Inszenierung der Handlung. Da ist man gerade noch in der Schulzeit, in der sie sich dagegen wehrt als Lesbe bezeichnet zu werden, plötzlich ist sie Lehrerin und lebt mit Emma zusammen. Da sind Zeitsprünge und niemand weiß, wie lang. Und selbst zum Schluss weiß man nicht, ob ihre Eltern mittlerweile über sie Bescheid wissen. DIe wenigen Komfliktpotentiale (Outing) werden dann einfach mal komplett weggelassen. Vlt wäre das zu stereotypisch, aber hätte mich zumindest mehr interessiert.
 

TheGreatGonzo

Not interested in Naval Policy
Mal ganz davon abgesehen, dass der Film seit ich ihn damals gesehen habe um einiges im meiner Gunst gesunken ist, finde ich diese Frage nach einem Zielpublikum irgendwie problematisch, das gleiche schon im Ghostbusters-Trailerthread. Müssen Filme direkt mit einer Zielgruppe im Kopf produziert werden, oder sind nicht die Besten oft die, die sich eben nicht sofort einordnen lassen? Bei Star Wars 1977 haben sich auch einige gefragt, was dafür bitte die Zielgruppe sein soll, unter Anderem Francis Ford Coppola. Es gibt so gut wie immer eine Zielgruppe und die kann klein sein und über den eigenen Horizont hinausgehen. Ich verstehe auch nicht, wieso man sich die vielen zweitklassigen modernen Horrorfilme anschauen sollte, aber die Kinosäle sind trotzdem meistens voll. Es gibt eine große Zielgruppe für alltägliche Stoffe, die nicht allein dem Eskapismus dienen, so wie dich diese am ehesten interessieren und du gerne unterhalten werden möchtest, sehen andere gerne realistische, nachvollziehbare Geschichten. Und das eine schließt das andere ja auch gar nicht unbedingt aus. Blau ist eine warme Farbe ist allerdings nicht das beste Beispiel. Carol ist aber super. Schaut Carol!
 

Rantman

Formerly known as Wurzelgnom
Ich stellte die Frage nach dem Zielpublikum nicht aus der Sicht eines Produzenten, sondern aus meiner beschränkten eigenen Neugier. Ifh frage mich wirklich, welche Menschen sich von so einem Film angesprochen fühlen. Das ist nicht böse oder abwertend gemeint. Genau wie meine Frage, was genau an dem Film inhaltlich begeistern kann. Ich kann es nicht nachvollziehen und würde es gerne nachvollziehen wollen. Ich mag keine Tomaten, gibt genug Menschen die gerne Tomaten essen und mir erklären konnten, warum sie Tomaten lecker finden. Auch nach der Erklärung ändert sich nicht mein Geschmack, aber ich kann zumindest ein stückchen besser nachvollziehen. Insofern finde ich nicht, dass die Frage unangebracht ist.
 

TheGreatGonzo

Not interested in Naval Policy
Was das angeht, bin ich bei Blau ist eine warme Farbe der falsche Ansprechpartner, weil ich de inzwischen nicht mehr besonders gut finde. Aber mir machen schon auch die einfachen, kleinen, "realistischen" Geschichten Spaß, weil die gerne emotional zufriedenstellender und anchvollziehbarer sind. Allerdings finde ich Blau ist eine warme Farbe mit seinen dauernden Nahaufnahmen von verheulten, verrotzten und Spaghettischlingenden Gesichtern, den voyeuristisch zelebrierten Sexszenen dann doch oft eher befremdlich, als realistisch, dafür aber einen Film wie Adventureland, der trotzdem eine recht konstruierte Liebesgeschichte ist. Ich denke, man kann oft nicht genau sagen, wieso man was nun gut findet, warum man einen Film zB langweilig, und doch ziemlich super finden kann (Jim Jarmusch zB). Das war jetzt sicher nicht besonders hilfreich, aber wie gesagt ist der Ausgangsfilm für mich auch der Falsche für diese Diskussion.
 

Joel.Barish

dank AF
Quffreahlzo schrieb:
Nun ist er zu Ende und ich frage mich immer noch, wer ist die Zielgruppe? Das ist kein Liebesfilm, den man sich mit seiner besseren Hälfte anschaut, kein Drama, dass zum Denken anregt (höchstens über diese Frage hier). Ich wüsste nicht, wem ich empfehlen sollte, den FIlm zu gucken.
Bitte nicht angegriffen fühlen, ich frage nur neugierig nach, aber wenn du am Ende so hilflos mit dieser Frage nach Sinn und (Verwendungs-)Zweck dieses Films dastehst, scheint dir grundsätzlich der Zugang zu Filmen zu fehlen, die nicht im modernen Sinne unterhalten wollen, sondern das mehr oder weniger "wahre" Leben abbilden. Das hier wird doch aber kaum der erste Film dieser Art gewesen sein, in dem eine realistische Geschichte mit realistischen Figuren erzählt wird, oder? Die Geschichte des europäischen Films besteht doch spätestens mit Aufkommen des Tonfilms zu mindestens zwei Dritteln aus Filmen, die sich mit den Irrungen und Wirrungen der Menschen der (jeweiligen) Gegenwart befassen. Vielleicht meintest du auch genau das mit deiner Frage und ich schwafle nur dummes Zeug ( :ugly: ). Wenn dir wirklich dran gelegen ist, zu verstehen, was andere Menschen (in diesem Fall u.a. mich) bewegt, bin ich gerne bereit dazu ein paar Worte zu verlieren. Es würde helfen, wenn du vergleichbare Beispiele aufzählen könntest, wie deine Reaktion zu mehr oder weniger ähnlichen Filmen aussieht.
Grundsätzlich ist es aber erstmal wirklich so, dass ich es als überaus reizvoll empfinde, quasi-echte Menschen zu beobachten.
Quffreahlzo schrieb:
Wenn ich Realität will, dann spreche ich mit realen Menschen und führe mein reales Leben.
Diesen Einwurf finde ich da allerdings wirklich ein wenig unerfreulich, weil es so simpel dann eben doch nicht ist. Kino entfaltet für mich seine größte Kraft, wenn ich meinen Horizont erweitern kann, wenn ich die Welt um mich herum besser verstehe oder mal aus einem anderen Blickwinkel betrachtet kann, wenn ich etwas "Reales" sehe, welches ich ohne Kino nie so wahrnehmen könnte. Oder wenn ich sehe, wie andere Personen etwas durchmachen, was ich selbst so oder so ähnlich durchgemacht habe. Das ist für mich spannend, faszinierend, berührend - je nach dem.
Und wir werfen hier mit Begriffen wie "Realismus" und "wahr" herum, aber es ist wichtig zu verstehen, dass kein Film, nichtmal die simpelste Ultra-Realismus Dokumentation, wirklich ungefiltert real ist. Kino ist Manipulation und viele Leute rümpfen die Nase, weil Manipulation ein schmutziges Wort ist und weil Leute insbesondere heutzutage oftmals stark, unabhängig und aufgeklärt sein wollen, also nicht manipuliert werden wollen. Aber es fängt bei der Position (und dem Objektiv) der Kamera an und entwickelt sich mit jeder Bewegung, mit jedem Schnitt weiter. Selbst wenn ich fünf Stunden lang meinen Garten filme, treffe ich bewusste Entscheidungen, wie man diesen Garten beim Betrachten aufnehmen soll. Sobald ich auf Start drücke und auch wenn ich auf Stopp drücke manipuliere und verzerre ich die Realität. Und Filme wie dieser sind ja viel, viel komplexer als das. Du kannst von mir aus mit Personen sprechen, die etwas Besonderes erlebt haben - durchaus nett und je nach Geschichte und Erzähler lohnenswert - aber Kino kann dich dann doch ganz anders in eine Situation führen. Du deutest an, von den Zeitsprüngen und den Ellipsen, den Auslassungen im Film ein wenig irritiert zu sein, aber auch das ist ein gezielter Impuls des Films, der uns zunächst Material gibt und dann Lücken füllen lässt. Brauchen wir wirklich eine Einblendung "5 Jahre später", wenn Adéle plötzlich Lehrerin ist? Erkennen wir nicht sofort, dass "ein paar Jahre" vergangen sind und liegt der Reiz nicht gerade darin, dass wir nicht Teil dieser "paar Jahre" wurden? Das gibt uns doch - je nach Kontext, aber jetzt auf "Blau" bezogen - eher noch einen Hinweis auf die Hauptfigur, wie sie das Davor, das Danach und das Dazwischen emotional aufgenommen hat. So ein Zeitsprung, so eine Auslassung kann ein harter, emotionaler Schlussstrich sein. Das ist nicht faul, sondern involviert und vergrößert das Spektrum, in dem der Film wirken kann. Durch nahezu jeden Film, auch diesen, ziehen sich mehrere mal größere, mal kleinere Problemstellungen und für mich ist es wirklich die eigentlich Magie des Kinos, spannende, nachvollziehbare Figuren innerhalb eines gezielt dramatisierten (!) Kontexts an diesen Problemstellungen arbeiten zu sehen, sie daran wachsen oder scheitern zu sehen. :smile:

Zu deinem Edit in deinem ersten Posting gehe ich evtl. nochmal genauer ein. Ist grad spät... :sleeping:
 

Rantman

Formerly known as Wurzelgnom
Joel.Barish schrieb:
Quffreahlzo schrieb:
Nun ist er zu Ende und ich frage mich immer noch, wer ist die Zielgruppe? Das ist kein Liebesfilm, den man sich mit seiner besseren Hälfte anschaut, kein Drama, dass zum Denken anregt (höchstens über diese Frage hier). Ich wüsste nicht, wem ich empfehlen sollte, den FIlm zu gucken.
Bitte nicht angegriffen fühlen, ich frage nur neugierig nach, aber wenn du am Ende so hilflos mit dieser Frage nach Sinn und (Verwendungs-)Zweck dieses Films dastehst, scheint dir grundsätzlich der Zugang zu Filmen zu fehlen, die nicht im modernen Sinne unterhalten wollen, sondern das mehr oder weniger "wahre" Leben abbilden. Das hier wird doch aber kaum der erste Film dieser Art gewesen sein, in dem eine realistische Geschichte mit realistischen Figuren erzählt wird, oder? Die Geschichte des europäischen Films besteht doch spätestens mit Aufkommen des Tonfilms zu mindestens zwei Dritteln aus Filmen, die sich mit den Irrungen und Wirrungen der Menschen der (jeweiligen) Gegenwart befassen. Vielleicht meintest du auch genau das mit deiner Frage und ich schwafle nur dummes Zeug ( :ugly: ). Wenn dir wirklich dran gelegen ist, zu verstehen, was andere Menschen (in diesem Fall u.a. mich) bewegt, bin ich gerne bereit dazu ein paar Worte zu verlieren. Es würde helfen, wenn du vergleichbare Beispiele aufzählen könntest, wie deine Reaktion zu mehr oder weniger ähnlichen Filmen aussieht.

Tatsächlich kenne ich kaum europäische Filme. In der Regel meide ich auch Filme, wenn mir vorher klar ist, dass es nichts für mich ist. Ab und an gebe ich aber einem Film mal eine Chance, weil es ja doch möglich ist, positiv überrascht zu werden. So habe ich eher durch Zufall (ja es war eine Frau involviert) mal Midnight in Paris geschaut (heißt der so?) und fand den eigentlich ganz unterhalsam. Hatte zum Glück aber auch den speziellen Kniff, der ihn für mich interessant gemacht hat. Ist natürlich mit dem Film hier nicht vergleichbar. Weil ich mich an die Kontroverse erinnern konnte und wie sehr du den Film hier gelobt hast, war er bei mir im Hinterkopf. Weil er jetzt zufällig auf Netflix war, hab ich ihn mir angeschaut, ansonsten wäre es wohl nie dazu gekommen. Ich kann dir jetzt auf Anhieb auch keine vergleichbaren Filme nennen, weil es mir schwer fällt den FIlm überhaupt mit was zu vergleichen. Ich weiß nicht mal, in was für ein Genre ich den Film einordnen soll. Falls ich solche Filme geschaut habe, habe ich es vermutlich bereits vergessen.

Grundsätzlich ist es aber erstmal wirklich so, dass ich es als überaus reizvoll empfinde, quasi-echte Menschen zu beobachten.
Quffreahlzo schrieb:
Wenn ich Realität will, dann spreche ich mit realen Menschen und führe mein reales Leben.
Diesen Einwurf finde ich da allerdings wirklich ein wenig unerfreulich, weil es so simpel dann eben doch nicht ist. Kino entfaltet für mich seine größte Kraft, wenn ich meinen Horizont erweitern kann, wenn ich die Welt um mich herum besser verstehe oder mal aus einem anderen Blickwinkel betrachtet kann, wenn ich etwas "Reales" sehe, welches ich ohne Kino nie so wahrnehmen könnte. Oder wenn ich sehe, wie andere Personen etwas durchmachen, was ich selbst so oder so ähnlich durchgemacht habe. Das ist für mich spannend, faszinierend, berührend - je nach dem.

Horizont erweitern, Welt besser verstehen, andere Blickwinkel kennenlernen, all das finde ich persönlich super. In diesem Film, den ich als banale Liebesgeschichte empfinde, ist aber im Grunde nichts dergleichen zu finden. Auf die Themen, die meinen Horizont erweitern könnten bzw mir andere Blickwinkel zeigen könnte, ist der Film ja eben nicht eingegangen. Ganz kurz, als sie sich gegen ihre Schulfreunde gewehrt hat, kam Konfliktpotential auf. Wie geht sie damit um, ist sie bereit, sich selbst zu akzeptieren, vertraut sie sich ihren Freunden an, gibt es irgendwann ein Outing, setzt sie eine Maske auf und lügt alle an.... all diese Punkte wurden dann durch einen plötzlichen mehrjährigen Zeitsprung übersprungen. Als sie mit Emma bei ihren Eltern war und gelogen hat, war für mich schon fast die spannendste Szene des Films. Wie würde Emma reagieren? Mitspielen oder beleidigt sein, weil Adele sich nicht selbst akzeptiert? Der Film ist 3 Stunden lang, aber es gibt kein einziges Gespräch zwischen den Hauptdarstellerinnen, wie es ist Homosexuell zu sein, Angst zu haben sich zu offenbaren oder ähnliches. Statt dessen wurde nach dem Elternbesuch direkt zu einer Sexszene geschnitten. Dabei hatten wir davon mehr als genug. Die interessanten Gespräche wurden ignoriert. (Ja, es gab ein GEspräch, wie es für sie war, zum aller ersten mal eine Frau zu küssen etc. aber da war der Fokus des Gesprächs völlig anders)
Man kann argumentieren, es geht in dem Film nicht um dieses Thema, es geht um eine Liebesgeschichte und daher sind dies randnotizen, die man weglassen kann. Für mich persönlich bedeutet dies aber, dass die Möglichkeiten, neue perspektiven zu entdecken und andere Blickwinkel einzunehmen, in diesem Film einfach vollkommen verspielt worden sind.

Und hier kommt wohl der Unterschied zwischen dir und mir. Wenn mir ein Film nichts neues bietet, dann langweilt mich das. Dich berührt es, etwas zu erleben, was du selbst ähnlich durchgemacht hast. Bei mir ist das eben nicht so, ich schau mir das an und fühle mich davon nicht abgeholt. Im besten Fall finde ich Charaktere sympathisch und baue auf diese Weise eine emotionale Verbindung auf. Allerdings kann ich Adele recht früh schon nicht leiden und daher war dies nicht möglich.

Du deutest an, von den Zeitsprüngen und den Ellipsen, den Auslassungen im Film ein wenig irritiert zu sein, aber auch das ist ein gezielter Impuls des Films, der uns zunächst Material gibt und dann Lücken füllen lässt. Brauchen wir wirklich eine Einblendung "5 Jahre später", wenn Adéle plötzlich Lehrerin ist? Erkennen wir nicht sofort, dass "ein paar Jahre" vergangen sind und liegt der Reiz nicht gerade darin, dass wir nicht Teil dieser "paar Jahre" wurden? Das gibt uns doch - je nach Kontext, aber jetzt auf "Blau" bezogen - eher noch einen Hinweis auf die Hauptfigur, wie sie das Davor, das Danach und das Dazwischen emotional aufgenommen hat. So ein Zeitsprung, so eine Auslassung kann ein harter, emotionaler Schlussstrich sein. Das ist nicht faul, sondern involviert und vergrößert das Spektrum, in dem der Film wirken kann. Durch nahezu jeden Film, auch diesen, ziehen sich mehrere mal größere, mal kleinere Problemstellungen und für mich ist es wirklich die eigentlich Magie des Kinos, spannende, nachvollziehbare Figuren innerhalb eines gezielt dramatisierten (!) Kontexts an diesen Problemstellungen arbeiten zu sehen, sie daran wachsen oder scheitern zu sehen. :smile:

Ich stimme dir in der Theorie total zu, nur hat das für mich hier eben in keiner Weise funktioniert. In der ersten Stunde des Films wird unglaublich viel aufgebaut (und die erste Stunde fand ich auch sehr gelungen) aber letztlich wird dann nur eine einzige Geschichte zu Ende erzählt, die Liebesgeschichte. Wie bereits gesagt, die Problemstellungen, die der Film aufgeworfen hat (sie wurden ja definitiv angesprochen), wurden dann fallen gelassen und ignoriert. Ein weiteres Beispiel wäre die Schulfreundin, die sie geküsst hat und daher weiß, dass sie eine Lesbe ist. Man sieht bei der Streiterei auf dem Schulhof, wie sie sich das anschaut. Aber das wars dann. Es hätte positiv (Freudin kommt auf sie zu, redet mit ihr, zeigt Verständnis etc) oder negativ (erzählt über den Kuss und so) enden können. Wurde dann aber wie fast alles einfach fallen gelassen. Mich stört nicht der Zeitsprung, sondern das Weglassen von wichtigen Lebensabschnitten und Momenten. Vielleicht lag es einfach an meiner Erwartungshaltung. Liebesgeschichten, positive und negative, habe ich zur Genüge gesehen. Filme, die sich vernünftig mit dem Thema Homosexualität auseinandersetzen, kenne ich persönlich jetzt nicht besonders viele. Dass dann die Dinge, die mich neugierig gemacht haben, einfach weggelassen worden sind, trug dann natürlich stark dazu bei, dass der Film mich einfach nicht abgeholt hat.

Und da komme ich zurück auf meine Ausgangsfrage. Es gibt um die banale Liebesgeschichte zweier Menschen, die sich kennenlernen, verlieben etc. Das hat man tausend mal gesehen, nur dass es jetzt eben 2 Frauen sind (wobei auf dieses Thema ja eben nicht tiefgehend eingegangen wird). Was genau macht der Film jetzt so richtig, dass du den FIlm so gut findest? Sind es Kriterien, die du bei anderen Filmen generell auch magst oder ist es etwas spezielles, was dich persönlich angesprochen hat? So ganz kann ich noch nicht herauslesen, was diesen Film von anderen im positiven abhebt.

Ich kann es nicht beurteilen, habe mich aber natürlich gefragt, ob der Film gerade für Lesben interessant ist. Laut einiger Kommentare scheint aber genau das Gegenteil der Fall zu sein.
 

Member_2.0

New Member
TheGreatGonzo schrieb:
Carol ist aber super. Schaut Carol!

:smile:

Ich kann es nicht beurteilen, habe mich aber natürlich gefragt, ob der Film gerade für Lesben interessant ist

Er ist sicherlich erstmal interssant, einfach aus dem Grund, weil es das Thema nicht in sehr vielen Filmen gibt. Mein Aufmerksamkeit hat daher erstmal jeder Film der irgendwie damit zu tun hat. (allein das hier im Thread als Vergleichsfilm Carol genannt wird, zeigt wie wenig Filme es mit lesbischem Thema gibt) Und da trennt sich (für mich) leider auch immer sehr schnell die Spreu vom Weizen. 80% der Filme mit lesbischer Storyline sind leider völliger Müll. Blau würde ich jetzt vielleicht nicht unbedingt ganz so hart beurteilen, aber es ist einer der Filme den ich einmal schaue und dann nie wieder.
 
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