Carol ~ Cate Blanchett/Rooney Mara [Kritik]

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TheRealNeo schrieb:
Und nein es reicht nicht ein Kuss zwischen Carol und Therese, es muss gleich mehr sein.

Es wurde lange darüber nachgedacht ob eine Sexszene im Film wichtig wäre oder nicht. Im Buch gab es eine und soweit ich weiß haben sie sich aus dem Grund und auch um der Beziehung Ernsthaftigkeit zu geben, dafür entschieden. In jedem x beliebigen ollen Film gibt es ja mittlerweile Sexszenen, ob sie reinpassen oder nicht. Aber hier finde ich es schon wichtig, ansonsten könnte man, wenn man denn wollen würde, die Beziehung auch abtun. Aber es sollte ja gerade zeigen, dass die beiden es ernst meinen.
Was dein Argument bezüglich der "Liebe auf den ersten Blick" angeht stimme ich dir zu. Hatte ich ja auch erwähnt, dass mir alles etwas zu schnell ging im Film. Da hat ein wenig Kennenlernen gefehlt.
 

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TheRealNeo schrieb:
Aber muss Sex immer als Motiv für eine ernsthafte Liebe, im Film, gelten?

Imo in diesem Fall ganz eindeutig ja. Zwischen Mann und Frau bedarf es das vielleicht nicht mehr. Bei 2 Frauen (oder Männern) finde ich es schon wichtig. Und die Szene war gut gemacht und ja nun
wirklich nicht lang. Für mich hat das wunderbar gepasst.
 

TheRealNeo

Well-Known Member
Aber wenn mich nicht alles täuscht gab es ja davor nicht mal einen Kuss. Hätte somit nicht einfach auch ein Kuss gereicht?
 

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TheRealNeo schrieb:
Aber wenn mich nicht alles täuscht gab es ja davor nicht mal einen Kuss. Hätte somit nicht einfach auch ein Kuss gereicht?

Na man hätte sie ja 15 Minuten vorher knutschen lassen können und dann gibt es Sex :biggrin: Sie konnten halt nicht mehr warten, solls ja geben :ugly:
 

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TheRealNeo schrieb:
Wie gesagt, war für mich als Motiv etwas plump und nicht komplett motiviert.

Für mich stellt sich die Frage ob in einem Liebesfilm, wo es nicht um 2 Frauen geht auch die Sex Szene diskutiert werden würde? Oder ob sie einen da überhaupt nicht interessiert.
Ich denke die Szene ist nicht das Problem sonder eher das Vorher, was halt im Film alles etwas schnell geht.
 

TheRealNeo

Well-Known Member
Für mich bot die Szene eben keinen Mehrwert und ja auch in einem Film wo es sich um eine Beziehung zwischen einem Mann und einer Frau handelt, würde ich die Szene diskutieren, da sie ja schlussendlich dich Ernsthaftigkeit der Beziehung beweisen soll.
Ich schrieb ja auch, dass es oft in Filmen so motiviert wird und ich das nicht nachvollziehbar finde. Generell.
 

McKenzie

Unchained
Ich habe den Film nicht gesehen, aber ich denke man darf auch nicht vergessen, dass der in den 50ern spielt. Da ist es schon nochmal ein größerer Unterschied ob man mal knutscht oder wirklich Sex hat.
 

Joel.Barish

dank AF
Was McKenzie sagt ist schon mal ein ziemlich wichtiger Punkt, finde ich. Der ganze Film ist dominiert von Beherrschung und Zurückhaltung, von einer Liebe der Unsicherheit, Ungewissheit, die etwas vermeintlich Verbotenes umgibt und sich deshalb lange Zeit nur über sehnsüchtige Blicke, vorsichtige Berührungen und einer öffentlichen Maskerade ausdrückt. Da ist dieser so intime Moment auch privat im doppelten Sinne, weil privat nicht nur das Privat- und Liebesleben der beiden meint, sondern auch das Miteinander der beiden im Privaten, wenn sie völlig ungestört sind, nur unter sich. Es passiert ja auch, wenn sie außerhalb der Stadt sind, nicht nur hinter verschlossenen Türen, sondern weit entfernt von allen Menschen ihres öffentlichen Bekanntenkreises.
Die Initiation dieses Moments ist doch auch ganz großartig gelöst, wenn über den Spiegel, an dem Therese sitzt, das Motiv der Betrachtung weitergeführt wird, wenn die Abstraktion des Beobachtens nun zu einem Ende kommt und beide erstmalig die andere Person gegenüber wahrnehmen und dabei richtig wahrnehmen. Ich übernehme einfach mal frech einen Satz, den ich neulich zum Film gelesen habe: Sich verlieben heißt zu betrachten/beobachten, zu lieben heißt zu sehen. Das macht die Schlussszene so immens kraftvoll, aber für diesen "Point of no return" zwischen Carol und Therese brauchte es mehr, weil sich hierdurch etwas ändert. Nicht ausschließlich durch den Sex, sondern durch die Tage davor, den Moment davor und dadurch, was der Sex bedeutet.
Dass Carol ihren Bademantel öffnet ist nicht nur ein körperliches Signal zur Bereitschaft von etwas Körperlichen, sondern auch im übertragenen Sinn ein Zeichnen der Öffnung, nun jede Zurückhaltung, jede falsche Scheu, jede Form des gesellschaftlich akzeptierten Standards für Anstand abzulegen, sich für Therese zu öffnen. Für beide wird die Beziehung erst ab diesem Moment zu einer wirklichen Grenzüberschreitung - wir erinnern uns, wer bzw. was gerade im Nachbarzimmer passiert. Das ist kein Zufall, genau darum geht es. Vorher war es ein Flirt, ein Prozess des Sich-verliebens, der für beide nicht ohne Probleme, nicht ohne Gefahr ist. Und so eine Grenzüberschreitung, genau wie eben der erste vollkörperliche Akt zwischen Liebenden grundsätzlich - aus Zuneigung, Vertrauen und Geborgenheit mehr denn als aus Lust -, kann man nicht einfach über einen Kuss, mag er noch so leidenschaftlich sein, darstellen. Nicht ohne Grund ist ja auch die Darstellung relativ freizügig; jetzt nicht auf dem Level von "Blau ist eine warme Farbe", aber dennoch in seiner Funktion nicht unähnlich, aber eben auch auf mehreren Ebenen.
 

TheRealNeo

Well-Known Member
McKenzie schrieb:
Ich habe den Film nicht gesehen, aber ich denke man darf auch nicht vergessen, dass der in den 50ern spielt. Da ist es schon nochmal ein größerer Unterschied ob man mal knutscht oder wirklich Sex hat.

Aber gerade deswegen reicht ja quasi schon ein Kuss um das Fass zum Überlaufen zu bringen. :wink:

@ Joel

Klingt schlüssig und für den Film passend, aber generell reicht mir das nicht zur Rechtfertigung des Motivs Sex = ernsthafte Liebe.
 

McKenzie

Unchained
Jein. Natürlich ist schon ein Kuss unter Frauen damals ein größerer Skandal gewesen als heute, wo das auch straighte Mädchen jeden Abend in der Disco machen; Aber der Sprung zu kompletter Körperlichkeit war nochmal ein viel größerer. Aber ich denke, Joel hat eh schon viel detaillierter beschrieben was ich so ca. aussagen will.
Sex = Ernsthafte Liebe finde ich übrigens auch generell ein schwaches Motiv, und ich finde nichts langweiliger als Sexszenen die der Story nicht weiterhelfen, da bin ich eigentlich ganz bei dir. Nur denke ich halt (und wie gesagt unter Vorbehalt, da Carol nicht gesehn, ich weiß nicht wie es präsentiert wird), dass es in diesem Fall durchaus Sinn machen kann, je nachdem was der Regisseur aussagen will. Ein Kuss ist schonmal ein Tabu-Bruch, Sex dann aber schon ersthafteres Risiko dass die beiden Verliebten eingehen. Einfach dieser All-In-Aspekt.
 

TheGreatGonzo

Not interested in Naval Policy
Hab den Film nun auch noch gesehen und fand ihn ziemlich großartig. Würde ich retrospektiv auf meine Bestenliste setzen. Ein Film der sowohl von seinen fantastischen Hauptdarstellerinnen, als auch seiner Inszenierung lebt. Wie der Film die Blicke und "Gaze" der Figuren einfängt und fühlbar macht ist ganz groß, der sehr körnige 16mm-Film sieht durchweg wunderschön aus und kann auf der Leinwand auch am besten erlebt werden. Kann auch Neos Kritik an der Sexszene nicht wirklich nachvollziehen, da brennt doch geradezu die Luft zwischen Rooney Mara und Cate Blanchett, der gesamte Film ist bis zu dieser Szene so zurückhaltend inszeniert, lässt immer nur Blicke und kleine Berührungen sprechen, dass man, wenn es endlich zur Körperlichkeit kommt, fast aufatmen kann, weil es endlich soweit ist. Davon abgesehen ist die Szene auch, wie der ganze Film, wundervoll ästhethisch und subtil in Szene gesetzt, kein Vergleich zum redundanten, voyeuristischen "Blau ist eine warme Farbe". Wusste am Anfang noch nicht so ganz was ich von Blanchetts Carol halten sollte, machte sie, wegen dem Altersunterschied und der allgemeinen Art doch etwas "Predator"-ig, allerdings löst sich das im Laufe des Films etwas, wenn sich die Beziehung zwischen Carol und Therese lockert und nachvollziehbarer macht.

Würde zwischen 8 und 9 Punkten geben, um das genau zu sagen, müsste ich den Film nochmal sehen, worauf ich durchaus Lust hätte.
 

Woodstock

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Ich habe den Film auch noch nicht gesehen aber ich verstehe nicht ganz die von Neo angestoßene Diskussion. In der heutigen Zeit ist Sex nur noch für wenige eine große Sache. Da kann ein romantischer Kuss oder das zärtliche Kuscheln mehr Bedeutung haben als der sexuelle Akt. In unserer Gesellschaft ist es heutzutage auch zwischen Mann und Mann oder Frau und Frau kein Thema mehr ob diese zusammen sind und sich zueinander bekennen (aus irgendeinem Grund ist aber die Ehe ein Problem... :confused: ). Aber in der Zeit in welcher der Film spielt und zu Zeiten der amerikanischen heuchlerischen Prüferie war Sex nun mal ein großes Thema und gleichgeschlechtlicher Sex nicht nur aus kultureller, sondern auch aus religiöser Sicht, ein Tabu-Thema. Wir befinden uns fast 15 Jahre (ich weiß nicht in welchem Jahr genau der Film spielt) vor der sexuellen Revolution und selbst da war gleichgeschlechtliche Liebe noch kein Thema mit dem hausieren ging. Daher kann ich meinen Vorrednern schon zustimmen, dass ein Kuss oder eine gewisse Form der Zärtlichkeit zu diesem Zeitpunkt, dass eine war aber der Sex mit einem gleichgeschlechtlichen Partner eine persönliche, kulturelle und unter Umständen sogar eine religiöse Grenzüberschreitung dargestellt hat. Aus heutiger Perspektive ist das vielleicht nicht mehr nachvollziehbar aber zur damaligen Zeit, war es eine verdammt große Sache.
 

TheRealNeo

Well-Known Member
Ich verstehe eure Argumentation, aber auch gerade wegen der Zeit wäre (!) auch ein Kuss zwischen zwei Frauen schon genug gewesen. Einen Kuss, den es im Film vor dem Akt nicht gab. Therese war ja in der Beziehung noch völlig unerfahren und will dann quasi gleich das ganze Programm?
 

Joel.Barish

dank AF
Ja, die Kombination aus beiden Faktoren wird wohl durchaus ausschlaggebend gewesen sein. Die Academy schmückt sich ja auch gerne mal mit "Problemthemen", aber vielleicht war dies wirklich nicht tragisch genug. Und dann noch mit Haynes' enorm zurückhaltender Art der Inszenierung und Emotionalisierung - keine einfache Sache. Aber wenn jemand erkennen sollte, was ein Regisseur durch diesen Stil leistet, dann doch wohl Leute, die selbst beim Film arbeiten - sollte man zumindest meinen. Aber wie immer gilt, dass die Oscars ne nette Sache sind, aber keine Lebensnotwendigkeit. Der Film existiert und ist sehr gut, so wie er ist. :smile:


@Neo
Vielleicht noch einmal, auf ein Letztes :smile:
Irgendwie glaube ich ja, du stellst dir selbst ein Bein, argumentativ, aber ich kanns grad nicht genau benennen. Wie gesagt, ein Kuss reicht für das, was dieser Moment bedeutet nicht aus. Siehe meinen vorherigen Post und, dass Therese eben nicht "das volle Programm will", sondern quasi in Carol eine Art Angebot, ein Zeichen des Vertrauens und der Offenheit erkennt und sich dann sprich- und wortwörtlich fallen lässt. Es dann bei einem Kuss zu belassen impliziert eine Beherrschung, eine Überlegtheit und Vernunft, die nicht zu dem passt, was hier kommuniziert werden soll.
 

Presko

Don Quijote des Forums
Ein durch und durch schöner Film. Am Ende des Tages liess es mich trotzdem recht distanziert zurück. Ich fand die Grundidee um Carols Dilemma Familie oder Selbstverwirklichung eigentlich das Interessanteste. Ich hatte es ein wenig wie Neo. Die Sexszene hat mich irgendwie gestört. Aber ich bin generell jemand der solche Szenen schnell als störend empfindet.
Mein grösstes Problem war aber, dass ich mit Carol als Figur wenig anfangen konnte. War mir einfach nicht sympathisch genug.
Wie eingangs gesagt, wunderschön inszeniert, aber sonst hat sich mir da nicht viel erschlossen.
 
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