Gestern Abend drin gewesen. Wir haben Schweißperlen auf der Stirn gehabt, so intensiv ist das 3D-Erlebnis wenn man auf dem Dach der Türme steht und die Kamera langsam den Blick nach unten wagt. Ich finde der Film ist einfach grandios. Ein sehr schöner Humor zieht sich durch den Film. Und die Auswahl der Darsteller ist spitze. Niemand im Film wirkt überdreht, kein Gesicht, außer das von Ben ist einem wirklich vertraut. Ab dem Augenblick, wo Philippe Petit verzweifelt und unsicher vor den brachial wirkenden Türmen steht (als erblicke man das erste mal die Pyramiden oder die Titanic) gewinnt der Film einen richtig fesselnden Pulsschlag. Josep Gordon-Levitt spielt hier so einzigartig "anarchistisch", dass sein Wille, die Angst zu bezwingen, die Welt um ihn auszublenden, einen am Ende völlig einfängt. Ich hab selten so schnell die Zeit an mir vorbei rennen sehen. Der Film fühlt sich ab der Hälfte an, als komme jederzeit Ethan Hunt um die Ecke und setzt das Vorhaben mit um. In schwindelerregender Höhe steckt man mit Helfern im noch nicht fertig gestellten Fahrstuhlschacht auf Balken fest, muss zahlreiche Hindernisse mit ausgeklügelter Ablenkung und Schauspielerei überwinden, ehe man die Treppe zum Dach des WTC nehmen kann und sich auf den Abschuß des Seils und deren zahlreichen Abspannungen konzentrieren kann. Und dann dieser mysteriöse Moment, wo man denkt jetzt eskaliert die Situation. Was wollte der Mann da oben? Ihn hat es nach Aussagen von Philippe Petit wirklich gegeben. Zufall?!
Diese Abspannung des Seils, während ich 110 Stockwerke Abgrund im Blickfeld habe, einfach grandios. Und solch klare Aufnahmen. Hier merkt man nicht eine Sekunde, dass das ganze nachgestellt wurde. Es wehen Folien, man sieht das einzigartige Lichterspiel der Türme. Und dann geht die Sonne langsam auf, New York erwacht unten zum Leben. Die letzten 45 Minuten sind Adrenalin pur. Dieser Typ ist so krass, das war mir vor dem Kinobesuch alles "ja und?". Aber wenn man im Kino schweißnasse Hände hat, wenn er langsam sein Gleichgewicht auf das Seil verlagert und nur noch der Wille und Zufall bestimmt, wie es weitergeht, dann ist man auf einmal selbst dieser Akrobat. Der Film ist ein Gebet des Zufalls! Unfassbar, wie die Höhe in 3D wirkt. Als sich dann unten tausende Menschen versammeln und nach oben blicken, das sind solch surreale Momente, dass es einfach Geierpelle verursacht. Diese Art von Mission Impossible Soundtrack weicht und macht einem heroischen Score platz, der den Ernst und Wahnsinn der Situation deutlich macht (als sinke die Titanic). Was danach kommt ist einfach unbeschreiblich intensiv.
Ist es Wahnsinn, wenn man seine Angst bezwingen will? Fast alle werden wahnsinnig, als sich das Team dem Tag des Ereignisses nähert. Und Robert Zemeckis fängt dies alles in einer atemberaubenden Dichte, immer mit einem Schuss Humor, ein. Im Grunde genommen ist der Film eine kleine Theraphieveranstaltung. Als Philippe über die Angst philosophiert und erklären will, weshalb er kein Sicherungsseil benutzen will, wie sein Mentor das aus Angst ablehnt, da kommt man sich selbst fast albern bei seinen alltäglichen Ängsten vor. Jeder Mensch hat Ängste die er überwinden muss. Philippe Petit muss das wirklich anders gesehen haben. Für ihn war das ganze Leben ein Drahtseilakt.
Und auf diesem Drahtseil wandern wir im Film selbst, einem Drahtseil (dem Leben), welches zwischen den Tod (den Türmen des World Trade Center) gespannt wird. Wahnsinnig intensive Momente, als er da oben sitzt und ihn die Türme zurück auf das Seil rufen, als der Blick der Menschenmassen nach oben geht.
Und der Schlussmoment, diese überhaupt nicht kitschige Art & Weise dem 11.09.2001 im Nachklang unterschwellig und in Ehrfurcht Platz zu bieten, einfach schön.
Geht in den Film. Dafür ist BIG-Kino gemacht!
10/10 Punkten