Argento schrieb:
Ich mag das Geschriebene zu eng auslegen, aber mir scheint es so, als wäre für euch das Offensichtliche qua seiner Natur schon etwas, dass minderwärtiger anzusehen sei als eine Form von Subtilität.
Auch hier kommt es (ist es nicht eigentlich müßig, das zu betonen? Ich dachte, darüber wären wir hinweg?) auf die Umsetzung an. Aber du schreibst doch wie jemand, der eigentlich weiß, wie so was funktioniert, wie Menschen auf Informationen reagieren und damit umgehen. Komplexere Themen lassen sich durch Abstraktion viel besser vermitteln. Einerseits, weil sie nicht mal eben so auf eine banale Grundaussage runtergebrochen werden können, andererseits, weil wir so als Zuschauer selbst etwas zu leisten haben. Wir müssen mit Abstraktion arbeiten, müssen mit den uns gegebenen Informationen umgehen, diese verarbeiten und mit unseren individuellen Persönlichkeitsmustern zu einer für uns gültigen Wahrheit verbinden. So kann ein anspruchsvoller Film wesentlich effektiver einen wirklich bleibenden Eindruck hinterlassen.
Wenn Geschichten mit banalen Pseudo-Weisheiten und Platitüden um sich werfen, wenn sich der Film wie ein oberlehrerhafte Mister Mackey von South Park Belehrung anfühlt ("Drogen sind schlecht, mkay"), dann haben wir vielleicht schneller verstanden, was man uns sagen will, haben aber keine Motivation den Gedanken zu verinnerlichen. Daher Dramatisierung, daher Emotionalisierung, daher Abstraktion, um wirklich zu verstehen, warum Drogen schlecht sind. Deswegen - und das habe ich vor ein paar Jahren noch anders gesehen - ist z.B. ein "Requiem for a Dream" trotz seiner inszenatorischen und darstellerischen Klasse etwas zu plump und einseitig (wenn auch visuell deutlich) in seiner Botschaft.
Inarritu und DiCaprio sind nicht wie Mr. Mackey, aber je nach Tagesform auch nicht sonderlich weit weg. Sie schaden sich auch häufig selbst damit, da beide fraglos gewaltiges Talent haben, aber manchmal zu viel wollen. Inarritu ist mit seinen Metapher, seiner brutalen und direkten Bildsprache, seiner aggressiven Emotionalisierung (siehe Biutiful) häufig selbst sein größtes Hindernis beim Versuch, den besten und emphatischsten Film abzuliefern. Währenddessen enttarnt sich DiCaprio hin und wieder selbst als guter Schauspieler, was ein Problem ist, wenn wir einer von ihm interpretierten Figur folgen sollen.