22. Juli ~ Paul Greengrass, Anschläge von Oslo und Utøya

Måbruk

Dungeon Crawler
Ich meinte den Abstand zwischen dem realen Anschlag (2011) und dem Film generell. Das sind gerade einmal 7 Jahre, nahezu alle Angehörigen der Opfer dürften noch leben etc.
 

TheRealNeo

Well-Known Member
Filme sind ja aber nicht nur zum Erinnern da.
Bei Erik Poppes Film ist ja viel mehr die Frage, wieso er die Herangehensweise gewählt hat und wie wir das als Zuschauer aufnehmen und erleben und, ob daraus ein Mehrwert entsteht, der moralisch auch vertretbar ist.
 

Raphiw

Guybrush Feelgood
Finde ich nicht. Hätte man heutzutage einen Film über die Gräueltaten der Nationalsozialisten aus dem Ende Vierzigern, wäre es sicher interessant zu sehen wie es damals bewertet und dargestellt wurde im Vergleich zu heute. Mehr oder weniger historischer Wandel der Wahrnehmung.

Die Norweger selbst haben den Film ja unglaublich intensiv aufgearbeitet in allen möglichen Medien... Ein Jahr lang war jede Woche das Gesicht von Breivik auf den Titelseiten. Warum also nicht auch im Medium Film? Fand ihn recht gut gemacht und er erklärt einerseits die zeitlichen Abstände der einzelnen Attentate, als auch den Prozess danach und den Zwiespalt der Personen die Anders vertreten mussten. Ich denke solange sich niemand mit dem Film auf die Füße getreten fühlt außer Breivik, ist alles in Butter. Wenn jedoch die Angehörigen unter dem Film leiden sollten, sollte man davon Abstand nehmen ihn zu produzieren.

Bin mir aber da auch noch nicht schlüssig. Ist auf jedenfall ein schwieriges moralisches Thema. Bin mir da meiner Meinung noch nicht ganz sicher. :check:
 

TheRealNeo

Well-Known Member
Nur weil die einen Medien etwas 'falsch' machen, muss es ja das andere (der Film), dem nicht gleich tun. :wink:
In 22 JULY ist es ja die Filmfigur Breivik, die auuch mit ihrer Rede vor dem Gericht angibt, das dies ihr dritter Anschlag sein werde. Damit enthüllt der Film von Paul Greengrass ja schon erste Widersprüche seines Konzeptes, die dann eben in der Rezeption unübersehbar werden. Der Film-Breivik (und der reale ebenso) sucht die Öffentlichkeit. Er ist ein Selbstdarsteller, der durch seinen vermeintlichen Startschuss einer rechtsradikalen Revolution gesehen und gehört werden will. Der Film will den Opfern eine Stimmte geben, damit sie so auf eine Art weiterleben und wenn nur in der Erinnerung. Der Täter dagegen soll vergessen werden, allein in seiner Zelle. Doch eigentlich ist Breivik eine der Hauptfiguren des Films und wird so Teil eines Unterhaltungsfilms und wird auch so inszeniert. Mit Filmen und vor allen Dingen Bilder manifestiert sich, was und vor allen Dingen wer wie erinnert wird. Und indem ihn eben Paul Greengrass zeigt und Erik Poppe sich dagegen entscheidet, ist das auch schon ein Statement.

Und es gibt ja schon durchaus Filme Ende der Vierziger, die sich mit den Nationalsozialisten beschäftigen. Aber den Holocaust oder die Grauen eines Weltkrieges, der nahezu die ganze Welt betraf ist auch nur schwer mit einem Anschlag zu vergleichen, der keine globalen Auswirkungen hatte. Das sind ja ganz andere Dimensionen, die erstmal nach dem Krieg geordnet und reflektiert werden mussten, ohne da einfach mal ein filmisches Testament abzugeben.
 

Raphiw

Guybrush Feelgood
Da gebe ich dir vollkommen Recht neo, aber mir ist auf Anhieb kein besseres Beispiel eingefallen. Wie gesagt, ein schwieriges Thema. Als ich noch in Norwegen gelebt habe konnte ich sein Gesicht vor Überdruss nicht mehr sehen. So ging es auch sehr sehr vielen Norwegern. Es war dennoch rührend zu sehen daß sicher noch 4 Monate nach dem Anschlag Blumen an der Kirche gelegt worden, was ja schon zeigt was für ein Ereignis das für dieses Land war. Waffengewalt wird da oben ohnehin noch einmal anders gesehen als irgendwo anders auf der Welt. Bis zu dem Anschlag hatten die Polizisten nicht Mal Waffen dabei. Seitdem haben sie welche im Kofferraum des Streifenwagens. Das sagt schon was über die Mentalität der Norweger aus. Schrecklich das in diesem friedlichen Ort solch eine schlimme tat passiert und ein keimm Hass gepflanzt wurde. :sad:
 
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