Happy End oder nicht? Und ab wann quält man seine Charaktere zu sehr?

Woodstock

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Hallo Ersteller und Konsumenten,

bei einem meiner Projekte, komme ich langsam an den Punkt, an dem ich mich frage, ob ich meine Charaktere zu sehr quäle.

Jeder Sieg ist hart erkämpft, sie verlieren Familie, Freunde, manche sogar Körperteile und am Ende, trotz Sieg, stehen sie eigentlich mit nichts da.

Ab wann ist es zu viel?
Bleibt ihr Geschichten (besonders Reihen) hängen wo alles immer schlimmer wird und es dann gut sein kann, dass es nicht mal ein richtiges Happy End gibt?
Was haltet ihr von Happy Ends?

Habt ihr manchmal ähnliche Bedenken?

Habt ihr schon mal gute oder schlechte Enden euren Geschichten aufgezwungen, da ihr dachtet es kommt besser an, obwohl die Geschichte etwas anderes verlangt?
 

Deathrider

The Dude
Ich finde Kurzgeschichten z.B. dürfen schon fast kein Happy End im klassischen Sinne haben. Passt m.E. nicht ins Format. Oder es braucht eine richtig gute Pointe.
Bei einem einzelnen Roman ist das optional, da es einfach zum Ton passen muss.
Am Ende einer Reihe (oder eines einzelnen sehr langen Buches) sollte aber schon eine emotionale Belohnung für den Rezipienten zu finden sein, sonst hast Du nicht nur den Protagonisten endlos gequält, sondern auch den Leser. Das Quälen selbst kann essenziell für die Story sein (nichts das einfach zu haben ist, ist es wert zu besitzen), aber das Ende muss es m.E. irgendwie aufwiegen.

Das heißt nicht, dass ich immer ein Regenbogen, "das Mädchen" oder materielle Belohnungen für den Protagonisten am Ende einer Reihe voraussetze. Er/sie/es kann immer noch faktisch mit "nichts" dastehen, aber statt dessen charakterlich gewachsen sein / etwas gelernt haben. Nicht nur dann, wenn der Protagonist der klassische Held ist. Im beispielhaften Falle des rachelüsternen, ständig grenzüberschreitenden Antihelden kann man als Autor durchaus den Punkt machen, dass er sich durch seine Gier nach Rache selbst zu Grunde richtet.
 

Manny

Professioneller Zeitungsbügler
Woodstock schrieb:
Habt ihr schon mal gute oder schlechte Enden euren Geschichten aufgezwungen, da ihr dachtet es kommt besser an, obwohl die Geschichte etwas anderes verlangt?
Außerhalb des Schreibwettbewerbs habe ich nur wenig geschrieben und kann mich da nicht unbedingt immer erinnern, wie ich es habe enden lassen.
Daher kann ich nur vermuten, dass das Ende jeweils durchaus gepasst hat.

Woodstock schrieb:
Ab wann ist es zu viel?
Könnte ich so adhoc nicht beantworten. Vielleicht, wenn der Autor auf seinen am Boden liegenden Protagonisten noch herumtrampelt?

Woodstock schrieb:
Bleibt ihr Geschichten (besonders Reihen) hängen wo alles immer schlimmer wird und es dann gut sein kann, dass es nicht mal ein richtiges Happy End gibt?
Wüsste nicht, ob ich eine solche schon mal gelesen habe. Da ich aber eher nicht dazu tendiere, ein Buch abzubrechen, würde ich eine solche Geschichte wohl zu Ende lesen. Besonders, wenn es spannend geschrieben ist. Die Frage ist ja auch wie sehr man das Gefühl hat, dass die Geschichte nicht gut enden wird. Bei einer Geschichte, bei der du vielleicht mittendrin schon längst die Hoffnung aufgegeben hast, dass sie gut endet, würde ich vielleicht noch bis zum Ende da sitzen und hoffen, dass sie ein Happy End hat.

Woodstock schrieb:
Was haltet ihr von Happy Ends?
In aller Regel ist mir ein Happy End lieber. Solange die Bösen besiegt werden, kann das Ende aber auch mal weniger happy sein.
 

Tyler Durden

Weltraumaffe
Teammitglied
Ich halte nicht viel von Happy Ends. Besonders wenn der Held am Ende die Welt rettet, seine Traumfrau heiratet und reich wird. Für die Realität wünsche ich mir das natürlich schon, aber Geschichten müssen nicht dieses banale Wunschdenken befriedigen. Solche Heile-Welt-Bücher sind im Prinzip wie "Wahrsager" - erzählen ihren Kunden nur, was sie hören wollen: "Ich sehe, dass Sie in ihrem Leben viel durchgemacht haben, aber nichts geschieht ohne Grund und das Schicksal wird Sie dafür belohnen. Sie werden ihren Traumpartner finden, eine Lohnerhöhung bekommen und eine Villa in ihrem Lieblingsland kaufen." Oder in einem Satz: "Es wird alles gut". Viele wollen das hören und lesen, aber hier entscheidet jeder Autor selbst, ob er diesen Markt bedienen möchte.
Es muss nicht immer alles böse enden, aber so richtige Happy Ends finde ich oft zu billig. Mal abgesehen davon, dass es in der Realität eigentlich keine Happy Ends gibt. Eine Hochzeit ist ja schön und gut, aber sie ist nicht das Ende; das Leben geht danach noch weiter und endet immer erst mit dem Tod. Und bei einem Tod würde ich in den seltensten Fällen von einem Happy End sprechen.
Ich frage mich, ob es wirklich so gut ist, den Menschen einzureden, dass alles zwangsläufig gut wird. Nimmt es uns nicht den Tatendrang, etwas tatsächlich zu verbessern, wenn uns eine Geschichte eine Welt vorgaukelt, in der die Probleme bereits gelöst (oder gar nicht vorhanden) sind? Wenn wir glauben, dass kein Grund zur Sorge besteht, legen wir erleichtert die Füße hoch und freuen uns schon mal auf die Zeit, in der wir alle für immer glücklich sein werden.

Das ist ein sehr umfangreiches Thema, über das ich irgendwann ein Essay schreiben will. Aber letztendlich muss es jeder für sich entscheiden, was man schreiben will und was nicht. Wenn du beim Schreiben das Gefühl hast, deinen Figuren zu viel zuzumuten, dann mute ihnen etwas weniger zu. Verlass dich da einfach auf deine Intuition :wink:
 

Cimmerier

Administrator
Teammitglied
Ist halt eine Frage der Betrachtungsweise. Wenn man eine Geschichte nur als Teil eines großen Ganzen sieht, dann gibt es im echten Leben keine Happy Ends, weil jeder irgendwann mal ins Gras beißt bzw. weil das Leben einfach eine Achterbahnfahrt ist. Versteht man aber eine Geschichte einfach als ein in sich geschlossenes Konstrukt, dann schreibt auch das Leben Happy Ends. Wenn man beispielsweise gefragt wird, wie man seine Frau kennengelernt hat, endet die Geschichte halt mit dem Zusammenkommen. Dass es danach weitergeht ist in dem Moment eher unerheblich.

Wie Happy ein Happy End ist, ist dann auch wieder ne Sache für sich. Wenn beim Herr der Ringe der Ring am Ende im Feuer verschwindet, ist zwar die große Gefahr abgewendet, aber die Opfer die es bis dahin gegeben hat, sind ja immer noch tot. Eine gute Geschichte weiß das zu verarbeiten. Eine schlechte macht daraus ein Frieden, Freude, Eierkuchen Ende. Auch bei vielen Filmen frage ich mich, wie es denn jetzt eigentlich weitergeht, weil da noch so viel unausgesprochen bleibt.

Was das "Quälen" betrifft. Ich bin bisher noch über keine Geschichte gestolpert, wo es zuviel wurde. Es hängt einfach vom Autor ab und wie es präsentiert und in der Geschichte untergebracht wird. Wenn die Torturen, die die Figuren durchmachen, reiner Selbstzweck sind, dann nervt mich das einfach. Daher geben mir Filme wie Hostel oder klassische "Torture Porn" Streifen einfach gar nichts mehr. Müssen die Figuren jedoch jeden erschlossenen Meter erkämpfen, aber es findet sich noch ein Fortschritt, dann ist das halt so. Beim Schwert der Wahrheit wird Rahl im ersten Band auch über mehr als 100 Seiten gequält und als Leser leidet man mit ihm. Am Ende ist dieser Teil aber ein essentieller Part seiner Charakterentwicklung und bringt auch die Story weiter. Sicherlich ließe sich ohne Weiteres diskutieren, ob zwei Dutzend Seiten es nicht auch getan hätten. Ich fand allerdings, dass dadurch die verzweifelte Lage viel stärker zur Geltung gekommen ist und man als passiver Leser deutlich stärker mit einbezogen wurde.
 

Manny

Professioneller Zeitungsbügler
Cimmerier schrieb:
Wie Happy ein Happy End ist, ist dann auch wieder ne Sache für sich. Wenn beim Herr der Ringe der Ring am Ende im Feuer verschwindet, ist zwar die große Gefahr abgewendet, aber die Opfer die es bis dahin gegeben hat, sind ja immer noch tot.
Wo du HdR erwähnst.....ich kann mir ja immer wieder Filme ansehen, in denen eine Gruppe nach und nach durch Unfälle, Aliens, Monster, einen Mörder (oder einen Guten, wenn die Gruppe aus Verbrechern besteht) dezimiert wird. Fasziniert mich irgendwie. Entsprechendes hatte ich mir bei Die Gefährten (ich kannte das Buch zu der Zeit noch nicht) ja erhofft also dass die Truppe bis zur Vernichtung des Rings zusammen bleibt, einige auf dem Weg dahin draufgehen und am Ende die letzten 2-3 Überlebenden den Ring in den Vulkan werfen (wobei vll noch einer draufgeht). Das wäre natürlich eine viel zu starke Abweichung der Buchhandlung gewesen (wie ich inzwischen selbst nachgelesen habe) und konnte daher gar nicht so kommen.

Jedenfalls gefallen mir "(Un)Happy Ends" derart, dass am Ende ein paar Überlebende bleiben, bis dahin aber einige draufgehen, doch durchaus gut.
Im Prinzip bestätigt das den letzten Satz meines ersten Beitrags. Ich wollt's dennoch mal erwähnt haben.
 

Cimmerier

Administrator
Teammitglied
Manchmal merkt man einfach, wie stark die Autoren an ihren Figuren hängen. Da kommt die Rettung aus heiterem Himmel, so etwas nervt mich dann auch wieder. Ich brauche es nicht, dass zwanghaft Hauptfiguren getötet werden, andererseits muss auch nicht jede Figur aus jeder Situation entkommen können. Gerade dann, wenn alles so ausweglos wirkt. Für mich gibt es da auch kein klares "mir gefällt nur dies". Es hängt einfach stark vom Autor ab, wie man alles zusammenführt und zu Ende bringt.
 

Deathrider

The Dude
Tyler Durden schrieb:
Ich frage mich, ob es wirklich so gut ist, den Menschen einzureden, dass alles zwangsläufig gut wird. Nimmt es uns nicht den Tatendrang, etwas tatsächlich zu verbessern, wenn uns eine Geschichte eine Welt vorgaukelt, in der die Probleme bereits gelöst (oder gar nicht vorhanden) sind? Wenn wir glauben, dass kein Grund zur Sorge besteht, legen wir erleichtert die Füße hoch und freuen uns schon mal auf die Zeit, in der wir alle für immer glücklich sein werden.
Falsch. Es ist eigentlich genau anders herum. Wenn jemand immer aufs neue lernt, dass alle Bemühungen die eigene Situation oder die der Nahestehenden zu verbessern im Nichts oder einer Tragödie enden, dann entzieht das der Person jegliches Gefühl von Selbstwirksamkeit. In der Folge lernt die Figur oder der Rezipient, dass Anstrengungen stets vergeblich sein werden und findet sich künftig mit seinem negativen Dasein ab. Der Ausdruck den Die Psychologie für diesen Vorgang hat, ist "erlernte Hilflosigkeit".
Was uns motiviert, ist die Vorstellung, dass am Ende der beschwerlichen Reise ein Leckerli winkt (dass dieses aber auch abseits von Klischees stehen kann, habe ich bereits oben beschrieben). Wir sind in der Hinsicht nicht viel anders als dressierte Tiere.

Ein Leckerli ganz vorzuenthalten und dennoch zu befriedigen, kann allerdings trotzdem funktionieren, wenn die Form der Story und der Ton dazu passt. Dafür ist aber einiges an Fingerspitzengefühl gefragt und (hier kommen wir wieder zu einer Meinung) mit zunehmender Laufzeit und Beschwerlichkeit der Heldenreise wird es umso schwieriger.

Du hast mit deinem Wahrsagervergleich zwar recht und ein bisschen prostituiert man sich damit als Autor auch, weshalb es da ebenso legitim ist, mal gegen den Strom zu schwimmen, um einfach mal was anderes zu bieten... bloß Motivation generiert man damit nicht und leider verkaufen sich Bücher mit Happy End auch besser.
 

Tyler Durden

Weltraumaffe
Teammitglied
@Cimmerier: Da fällt mir als Beispiel "Acht Stunden Angst" von Nicci French ein. Die Heldin hat ihren vierzigsten Geburtstag, als ihre Tochter entführt wird. Das Buch war so schon sehr schwach, aber das dumme Ende hat dem ganzen noch die Krone aufgesetzt. Die Heldin findet ihre Tochter angekettet an einem Anlegesteg, während das Wasser immer weiter steigt. Eine ausweglose Situation. Als der Kopf ihrer Tochter schon unter Wasser ist, rennt die Heldin plötzlich zu ihrem Auto, öffnet den Kofferraum und findet ein Geburtstagsgeschenk. Sie packt es aus. Es ist eine Tauchermaske - so kann sie ihre Tochter doch noch retten :clap:
 

Ormau

Well-Known Member
ich Antworte auch mal ganz kurz: Ich finde es toll, einem Chrarakter nach und nach Dramatisch zu schröpfen. Jedoch muss man danach überlegen was für den Chrarakter eine Erlösung darstellt. Das kann eine Lösung seines Problems sein (auch wenn er danach mit leeren Händen da steht, sofern diese Körperteile noch hat :ugly: ) oder wirklich zusätzlich eine Erlösung, bei dem ich den Chrarakter mit einer schönen Erinnerung dahzinscheiden lassen würde. (Bei verlüsst aller Gliedmaßen, dürfte er auch in einer Küntlichen/Fantasie welt weiterleben.

Das ist dann für mich ein Happy End ersatz, den ich aber unbedingt brauche.
 

Cimmerier

Administrator
Teammitglied
@Tyler
Hahahaha. Ich meine, dass du da schon einmal von erzählt hast. Genau so was ist einfach echt schlechtes Geschichten erzählen. Das ist doch einfach nur grausam. Da hätte es doch sicherlich 1.000 bessere Möglichkeiten gegeben und wenn nicht, dann sucht man sich ne andere Situation aus.
 

Metroplex

Well-Known Member
Ich muss mich am Ende eines Buches oder Filmes "gut" fühlen.
Der Held darf sterben, aber er soll seine Mission wenigstens erfüllt haben.

Darum sehe ich mir auch Serien wie Game of Thrones oder The Walking Dead nicht an, ich habe keine Lust mich mit Charakteren anzufreunden, welche dann nur für eine Schockwirkung geopfert werden.
 

Woodstock

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Schön das dieses Thema anzukommen scheint. :smile:

Gerade bei GoT würde ich auch sagen, dass es nicht um den Effekt geht. Immer wenn ein Charakter stirbt, hat es einen Grund und nur weil jeder Chrakter auf seiner eigenen Reise ist, muss es nicht bedeuten, dass auch jeder ankommen wird. So ist das Leben und das wird, in solchen Geschichten, ganz gut gezeigt.
 

McKenzie

Unchained
Die Frage ist halt auch, ab wann es wirklich kein Happy End ist. Die meisten (fast alle) größeren Film haben ein verstecktes Happy End, auch wenn es schlecht ausgeht. Titanic z.B. Jack stirbt und das Schiff geht unter, aber Rose findet ihre Freiheit und inneren Frieden am Ende (im Grunde das was Metroplex anspricht). Richtige reine Downer-Enden sind eher selten, soferns keine Horror- oder Nischenfilme sind.
 

Woodstock

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Manchmal versucht man in seinem Leben alles richtig zu machen und ein guter Mensch zu sein und du wirst dafür einfach nur geschlagen und bestraft. Oftmals dankt dir keiner und keiner hilft dir. Manchmal versuchst du noch so sehr anderen zu helfen aber sie wollen gar keine Hilfe, ganz im Gegenteil, sie wollen im Leid zerfließen. Jeder kann nur über das Schreiben was er kennt und ich kenne nicht viele Happy Ends im Leben. Das ist der Grund, warum ich nicht weiß, wie sich eine Geschichte anfühlt, in welcher sowas passieren kann. Bei mir nehmen die Geschichten meist immer die Schlimmste oder unwahrscheinlichste Wendung, da ich das vom echten Leben auch nur so kenne. Das ist jetzt nicht so schlimm wie es klingt, ich weiß nur, dass das Leben halt immer weiter geht und jeder schöne Moment nicht von Dauer ist. Vielleicht ist das mein Drang, eine gewisse Form von Realismus reinzubringen aber gleichzeitig befürchte ich, alles zu schwarz zu sehen und vielleicht einen potentiellen Leser damit ganz abzuschrecken.

Geschichten sollen einen ja auch vom alltäglichen Wahnsinn ablenken aber solche durchweg positiven Geschichten würden mir "erfunden" vorkommen. Ja, eine Geschichte kann im All oder in einer Fantasywelt spielen aber ihre Charaktere und die Welt in der es spielt, kann noch eine gewisse Wahrheit übermitteln. Das ist meist der Grund, warum wir Figuren mögen und uns mit ihnen identifizieren aber wenn die Welt selbst hier nicht stimmt, dann verliere ich auch jegliches Interesse an der Geschichte.
 

Cimmerier

Administrator
Teammitglied
Wenn in einer Geschichte immer das unerwartete passiert, empfinde ich das allerdings auch als sehr erzwungen. Das reißt mich dann ebenso raus.
 

Woodstock

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Cimmerier schrieb:
Wenn in einer Geschichte immer das unerwartete passiert, empfinde ich das allerdings auch als sehr erzwungen. Das reißt mich dann ebenso raus.
Das war falsch formuliert. Ich arbeite halt gerne gegen etablierte Klischees, bleibe dabei aber trotzdem im jeweiligen Charakter. Zum Beispiel erwarten alle einen großen Kampf aber der Bösewicht ergibt sich stattdessen kampflos. Nicht aber weil er sich gefangennehmen lassen will und das zu seinem Plan gehört, sondern weil er einfach keinen Sinn darin sieht sinnlos zu sterben. Er hat verloren warum weitermachen? Ich finde das wesentlich spannender, als ihn einfach umzubringen. Plötzlich stellt sich heraus, dass der eigentliche Bösewicht eher ein Antagonist ist und nicht fanatisch oder abgrundtief böse.
 

Cimmerier

Administrator
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Alles klar. Danke für die Aufklärung.

Diese Graubereiche bei den Figuren werden mittlerweile eh viel stärker ausgelotet, als es früher noch der Fall war. Oder zumindest war das bei der Buchauswahl früher nicht so stark der Fall, wie es bei meiner heutigen Buchauswahl ist. Lässt man einen "Bösewicht" nach nachvollziehbaren Gründen handeln, dann liegt da in der Regel ja durchaus eine gewisse Logik zu Grunde, vielleicht auch ein Schicksalsschlag, der den Bösewicht zu seinen Taten gedrängt hat. Ein abgrundtief bösartiger Charakter ist mir auch zu simpel, auch wenn ich, abhängig von der Geschichte, auch an so etwas Spaß haben kann.
 

Tyler Durden

Weltraumaffe
Teammitglied
@Woodstock: Ich weiß, was du meinst und so ähnlich geht es mir auch. Die Frage ist: Willst du das schreiben, was dir am Herzen liegt und was deine Weltsicht wiederspiegelt oder willst du das schreiben, was die große Mehrheit lesen will? Mit dem Letzteren hat man in der Regel mehr Erfolg, aber ich mag lieber das Erstere. Hauptsache ist aber, dass es nicht erzwungen wirkt (weder erzwungen positiv noch erzwungen negativ).
Wobei es manche Autoren gibt, die aus einem Alles-geht-schief-Szenario eine herrliche Geschichte machen - zum Beispiel "Granton Stars Saisonziel" von Irvine Welsh (enthalten in "The Acid House" und auch in der Verfilmung "The Acid House"). Die Hauptfigur verliert an einem Tag den Job, wird von der Freundin verlassen, von den Eltern aus der Wohnung geschmissen, aus der regionalen Fussballmanschaft geworfen, von der Polizei festgenommen und verprügelt und trifft dann in einer Kneipe auf Gott :thumbsup:
 
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