Original von Joel.Barish
Dieses vermischen der Genres ist ja ganz cool, aber so penetrant Leone zu zitieren und sich quasi für dessen (ironisierte) Coolness feiern zu lassen, finde ich immer schwierig.
Seh ich ähnlich, allerdings eher in filmtechnischer Hinsicht. Tarantino sucht immer den Respekt der Filmfans, macht aber schon seit langem nichts anderes mehr als zu bedienen. Jackie Brown war ein Werkstück für Pulp Fiction Fans, Kill Bill wars für 60er Jahre Asia, Death Proof für 70er Jahre Action und Inglourious wird ebenfalls Retrokautschuk - altes Zeug, neu gekaut. Das, wofür Tarantino ursprünglich mal bekannt und geschätzt war - seine originellen und einfallsreichen Drehbücher von Reservoir Dogs und Pulp Fiction - ist längst Geschichte. Ich hab immer mehr das Gefühl, dass QT bloß seine Privatvideothek durchgeht und seine Fassungen seiner Lieblingsfilme dreht. Das dreckige Dutzend, Vanishing Point usw.
Original von qu4d
Jeden Tag gibts an jeder Ecke Leid. Gibt trotzdem zu allem Filme.
Es is n Szenario und in dem wird ne Geschichte erzählt. Wo is das Problem? Wenn man so rangeht, darf man garnix mehr drehen.
Toller Post, qu4d, kann ich hundertprozentig so unterstreichen. Film ist Kunst und was macht Kunst? Es reflektiert und verarbeitet Aspekte von Menschlichkeit, und das auf verschiedene Weisen... aber IMMER fiktiv. Selbst wenn sich jemand mit einer Schere an eine Doku mit echten Szenen setzt und sie mit lustigen Sprüchen versieht, ist und bleibt es Neues, eine reine Interpretation von Geschehnissen die niemals dadurch geändert werden können.
Ich bin der Meinung, dass Filme grundsätzlich erstmal alles als Thema haben können denn ehrlich gesagt glaube ich, dass man mit fast jedem Thema irgendeinem auf den Fuß tritt. Sollte es keine Filme mehr über WW2 geben, weil die WW2 Teilnehmer dadurch an ihr Leid erinnert werden? Was ist dann mit allen (!) Filmen, in denen jemand getötet wird, durch einen Unfall stirbt oder eine Krankheit bekommt? Grundsätzlich alles Dinge, die Menschen tagtäglich zustoßen und schlimm sind, die man keinem wünscht und vor denen man Respekt haben sollte - und hat. Wieso ist es dann aber in Ordnung, wenn ein Kommissar mit Husten Samstag Abend Morde ermittelt und später einen Autounfall hat? Das ist deiner Meinung nach - Rahl - dann genau so unrechtens und respektlos, als wenn QT unterhaltsamen WW2 Unsinn verzapft.
Original von Rahl
Es geht um die Intention des Machers und die Ideologie des Films. Ein Tarantino hat einfach nicht das Köpfchen eines Stallones. Ich weiß aus vielen Interviews, in welchem Licht Stallone seine Kunstfigur sieht und das unterscheidet sich drastisch von dem Geblubber eines Tarantinos, dem es nur um Coolness geht und sonst um nix!
Hier irrst du dich. 90% aller Besucher von Rambo 4 sahen keine Sozialkritik, keine Tragik in der Form des alten Kriegsveteranen, der immer wieder gezwungen wird, sich seinen alten Dämonen zu stellen und der aufopferndes Sinnbild aller Soldaten ist. Sicher, in Teil 1 kommt das vor und auch die Abschlussrede in Teil 2 ist mit Kritik verbunden, aber 4 ist reinstes Gemetzel. Man soll jubeln, wenn Rambo Tint den Bauch aufreißt, wenn er mit der 40mm Kanone jeden Feind zu Matsch ballert und wenn er den Typen so mit dem Bogen trifft, dass er auf einer Wassermine explodiert. Selbst Ray Charles könnte das sehen.
Sly mag da viel erzählen wollen, aber ersichtlich ist Mitleid mit Rambo da nicht. Rambo rettet die Frau vor Vergewaltigung in dem er andere erschießt und kriegt dann von den Christen zu hören, wie falsch Gewalt doch sei. 30 Minuten später schlägt eben jener Christ dann den Soldaten mit einem Stein die Rübe ein. Rambo selbst ist in dem Film auch kein Vorbild. Er wohnt schon seit Ewigkeiten in der Nähe und weiß von dem andauernden Leid der Karen, trotzdem zieht er erst los, weil die hotte Blonde ihn anquatscht. Und dreht selbst dann nicht um, als das erste Blutbad stattfindet.
Dh,
- die Karen sind ihm anfangs egal
- er tötet alle nur um die Frau zu schützen, die Karen sind ihm da immer noch egal
- er bringt die Frau und die anderen bewusst ins Feindgebiet, obwohl er genau weiß was ihnen zustoßen wird
- er schlitzt Tint auf, obwohl er keine Gefahr mehr ist
Und wer Rambo 4 dulden kann, der seines Zeichen wirklich exzessiv Gewalt zu Unterhaltungszwecken einsetzt, sollte wirklich nicht über die Basterds meckern dürfen
Da könnte man ja auch noch weiter gehen. In Spartacus gehts um Sklaverei, wie kann man daraus nur einen Film machen? In Irreversibel geht es um Vergewaltigung, in Oceans 11 um Raub, in Unfaithful ums Fremdgehen, in Schindlers Liste um Judenleid, in American History X um Rassismus? Behandeln sie ihre Themen erst? Ja, die meisten, aber welches Recht nehmen sich diese Geschichten heraus, das wir Popcorn mampfend im Kino sitzen und danach sagen "ja, der Film war gut"? Mit welchem Recht macht man sich das Leid anderer zum Abendprogramm?
Grenzen, Grenzen, Übertreibungen