#ZuHauseBleiben: „His Dark Materials“
#ZuHauseBleiben
… und „His Dark Materials“ schauen/lesen:
Wir schreiben das Jahr 2007. New Line Cinema, das Studio hinter der THE LORD OF THE RINGS-Trilogie kündigt mit THE GOLDEN COMPASS den Start einer neuen großen Fantasy-Trilogie an. Doch es sollte bei diesem einen Film bleiben und wer wissen wollte, wie das Ganze ausgeht musste zu den Büchern greifen. Zu allen drei, denn nicht mal das erste wurde bis ans Ende auf die Leinwand gebracht. 12 Jahre später kam nun BBC daher und griff die Trilogie wieder auf und macht von Anfang an vieles besser. Da die zweite Staffel schon so gut wie abgedreht sein soll, wird man auch diesmal nicht wieder zu den Büchern greifen müssen, wenn man diese auch trotzdem nur empfehlen kann.
© BBC/HBO
Mit der His Dark Materials-Trilogie schuf Philip Pullmann mit der 90er Jahre eine bis heute beliebte Fantasy-Trilogie. Doch es gibt zwei Haken, die das Ganze hat. Zum einen sind seine Bücher klar gegen den christlichen Glauben und die Kirche konzipiert und zudem spielen nicht alle drei Bücher (mitterweile gibt es auch ein Prequel und seit Kurzem eine Fortsetzung. Ein drittes Buch soll noch folgen.) in einer reinen Fantasywelt, denn dank der Existenz und dem Spiel mit Parallelwelten geht es u.a. auch in die Welt, die wir aus unserem Alltag kennen. Bei einer Adaption ist also einiges an Fingerspitzengefühl und Feingefühl bei der tonalen Ausrichtung gefragt.
Nachdem es im Kino nicht sein sollte (weiteres siehe unten), gaben die britische BBC und HBO (für alle Territorien außerhalb Großbritanniens) gemeinsam bei der noch jungen britischen Produktionsfirma BAD WOLF und New Line Productions eine Serien-Adaption in Auftrag. Und die ist richtig stark geworden.
Doch worum geht es eigentlich?
© BBC/HBO
Die Serie beginnt in einer uns ähnlichen, aber doch nicht gleichen Welt. Der größte Unterschied ist vor allen Dingen, dass jeder Mensch einen Daemon bei sich trägt, seine Seele in Gestalt eines Tieres. Bei Erwachsenen haben diese bereits eine feste Form, während sie bei Kindern diese noch ändern können. In den Büchern ist diese Welt noch sehr viktorianisch geprägt, während bei der Serie schon hier und da viel mehr moderne bzw. industrielle Einwürfe zu finden sind, welche das Ganze nicht mehr ganz so fern historisch erscheinen lassen. Über allem thront hier das Magisterium als oberste Instanz in allen Fragen, was gleichzeitig Aufbegehren von unten schürt. Im Mittelpunkt steht die junge Lyra Belaqua (Dafne Keen aus LOGAN), die im dortigen Jordan College in Oxford als Waise aufwächst. Alles ändert sich als ihr Onkel Lord Asriel (James McAvoy) zu Besuch kommt und mit Hilfe des Colleges eine Expedition in den Norden plant. Parallel dazu verschwinden immer wieder Kinder, die anscheinend Opfer der sogenannten Gobbler werden. Das Flussvolk der Gypter verliert so auch Kinder und will sich auf deren Spur gen Norden begeben, während sich Lyra mit Hilfe von der mysteriösen Miss Coulter (Ruth Wilson) ebenfalls auf Reisen begibt, als ihr Freund Roger Parslow (Lewin Lloyd) entführt wird. Kurz zuvor erhält sie noch ein Alethiometer, ein Gerät, was jede Frage beantworten kann, aber kaum jemand lesen kann und noch eine große Rolle spielen wird.
Mehr soll hier auch gar nicht mehr verraten werden, für Leute, die weder die Bücher noch den ersten Film kennen, außer eine Sehempfehlung zu geben. Denn hier läuft einiges richtig. Die Serie traut sich an die düsteren Momente dran, nimmt sich Themen des Buches vor und gibt seinen Charakteren Luft zum Atmen. Gerade Ruth Wilsons Marisa Coulter lebt davon und füllt diese Figur mit Leben und Zwiespalt, wie Nicole Kidman es in THE GOLDEN COMPASS kaum gelingen konnte. Ja zugegeben die Serie nimmt sich mit ihren acht Folgen auch wirklich jeden Nebenplot aus dem Buch vor und baut diesen ein, doch wirkliche Hänger gibt es kaum. Was auch daran liegt das Teile des zweiten Buches bereits hier parallel erzählt werden um dann auch wiederum den ästhetischen Bruch, wenn es in andere Welten geht, bereits vorzubereiten. Der auf diesem Wege auch weniger Bruch zu sein scheint. Und weil der Cliffhanger groß ist nach der ersten Staffel, kann man hier auch direkt schon einmal die lesenswerten Buchvorlagen empfehlen.
Wo zu schauen?
Die Serie konnte in Deutschland parallel zur Ausstrahlung in England und den USA auf Sky geschaut werden. Dort ist sie aber aktuell nicht mehr zu finden. Alternativ aber kann man sie bei PrimeVideo und iTunes in HD kaufen. Eine Folge kostet 2,99 Euro und die gesamte Staffel 22,99 Euro. Oder wer den deutschen Ton nicht benötigt, kann auch zur Blu-ray aus England greifen. Eine deutschte physische Veröffentlichung wurde bisher noch nicht angekünidgt.
Und was war nun eigentlich damals beim Kinofilm los?
© 2007 New Line Cinema
Was hatte New Line Cinema mit dem Film bzw. mit der Trilogie kurz bevor Kinostart eigentlich noch vor? Hastig ließ man den Film unter zwei Stunden schneiden, entfernte das letzte Viertel, um (offiziell) für Teil 2 eine starke Eröffnungssequenz zu haben, tauschte am Ende zwei Kapitel, um einer Art Endkampf zu haben und ließ alle Hinweise auf die Kirche und das Christentum digital von Symbolen o.ä. entfernen. Nun sei schon mal so viel verraten. Die weiteren zwei Bücher drehen sich um den Kampf um eine Autorität, die Gott wiederspiegelt und der Staub, dem alle hinterherjagen gilt als die Erbsünde. Hat man kurz vor Kinostart erst die weiteren Bücher gelesen? Dann wird wohl auch aufgefallen sein, dass nur Teil 1 in einer mehr oder weniger Fantasywelt spielt und man sogar in eine unsere ‚reale‘ Welt übergeht. Gab es da überhaupt einen größeren Plan?
Ohne Zweifel ist es komisch, dass eine epische Geschichte mit der Fülle und Tiefe von ‚Der goldene Kompass’ wirklich so einen gehetzten und kompakten Schnitt brauchte, ohne Platz für Charaktere. Natürlich kann man nicht alles von einem 400 Seiten Buch in einen Film packen, aber das Drehbuch von Regisseur Chris Weitz (welches online verfügbar war) hatte alles, was der Film brauchte um viel besser zu werden und passte perfekt in 3 Stunden Länge. Die Trailer und TV Spots, zeigten einen ganz anderen Film, als der, der veröffentlicht wurde, zur Enttäsuchung der meisten des Publikums, die erwarteten, dass die Filme das nächste Highlight im Bereich des Fanatsy-Genres werden, nach der Lücke die THE LORD OF THE RINGS hinterlassen hatte.
Und es wäre nicht unmöglich gewesen, diese Erwartungen zu erfüllen, wenn man den Film richtig präsentiert hätte. Es war auch nicht alles schlecht an dem Film, denn in vielen Bereichen hatte der Film einen hohen Standard, ein atemberaubendes Szenenbild von Dennis Gassner (u.a. 1917, BLADE RUNNER: 2049), die tolle Kameraarbeit von Henry Braham (u.a. GUARDIANS OF THE GALAXY VOL.2), einen fabernfrohen Score von Alexandre Desplat und eine eindrucksvolle Schauspielriege. Mit diesen tollen Voraussetzunge, war es natürlich umso trauriger, dass das alles durch den finalen Cut zertört wurde, als zwei Monate vor der Veröffentlichung die Änderungen bekanntgegeben wurden, die alle Hoffnung gehen ließ. Davon abgesehen, war er dann nur in den USA auch ein klarer Flop, wo u.a. aber auch christliche Gruppen an Schulen zum Boykott des Films aufruften. So spielte er in den Vereinigten Staaten nur 80 Millionen Dollar ein, während es in der restlichen Welt knapp über 300 Millionen Dollar waren. Zu einer Zeit wohlgemerkt, als die Milliarde noch nicht zur Normalität gehörte und der asiatische Markt noch nicht so boomte.
In den Extras der DVD erklärt Weitz, dass er während der Produktion schlaflose Nächte hatte, da er im Internet las, wie wenig Vetrauen die Fans in ihn hatten. Ungläubig, dass er es schaffen würde die Trilogie zu adaptieren. Heute ist klar, dass er nicht alleine Schuld ist, aber die Trilogie zu adaptieren, war ihm nicht vergönnt. Mittlerweile konnte er aber vor allen Dingen als Drehbuchautor bei Disney Fuß fassen, bei Projekten wie CINDERELLA oder ROGUE ONE.
Achja…wie gesagt gefilmt wurde ja für den Kinofilm schon das Ende des ersten Buches und ein Fan hat sich die Mühe gemacht aus dem öffentlich vorhandenen Material (Momente aus dem Trailer, Storyboards, Szenen aus dem Videospiel…) daraus einen möglichen Zusammenschnitt zu basteln, der sich sehen lassen kann:
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