Boah Leute, ihr macht ja da ein Fass auf. Ein Thema, der sich durch die Ideengeschichte durchzieht.
Lustigerweise habe ich gerade vor zwei Wochen das Thema einer Redaktorin für einen Essay vorgeschlagen.
Und das sind ja wirklich auch nicht nur Populärwissenschaften, welche den Objektivitätsbegriff der Naturwissenschaften kritisch sehen, gerade das zwanzigste Jahrhundert hat ganz viele Denker hervorgebracht, die sich damit kritisch auseinandersetzten, wie etwa der Konstruktivismus.
Ich glaube, die extremste Form findet man in der Moderne bei Descartes, der sich fragte, ob es überhaupt ein sicheres Wissen geben kann, und dann kam er mit seinem berühmten Zirkelschluss um die Ecke berühmt in der Formulierung: „Ich denke, also bin ich“, womit er sagte, eigentlich können wir erst einmal nur sichert sein über unsere Existenz.
Dann kam David Hume, ein Empirist, der die These aufstellte, dass wir eigentlich kein Sicheres Wissen aus der Erfahrung gewinnen können. In der Philosophie wird meist zwischen Erkenntnis a priori und a posteriori unterschieden. A Posteriori bspw. Sind mathematische Erkenntnisse, für die wir keine Erfahrung brauchen. Die gelten als sicher. Aber bei allem, was wir über Erfahrung an Erkenntnissen gewinnen, greift Hume an. So etwa die von uns als objektiv geltenden Naturgesetze. Er sagt, letztlich können wir nicht wissen, dass morgen die Sonne wieder aufgeht, oder dass ein Ball, wenn ich ihn in die Luft werfe, wieder runterfällt. Wir können das nur für höchst wahrscheinlich halten, weil es bis jetzt immer so war. Er sagt unser ganzes empirisches Wissen kommt dadurch zustande, dass wir Gesetzmässigkeiten aus Erfahrung herleiten. Wenn etwas bisher immer passierte, muss es auch in Zukunft immer passieren.
Dann folgte Kant und nach ihm war das Problem Subjektiv/Objektiv so richtig brennend. Kant schrieb, Hume habe ihn aus einem Schlaf erweckt. Kant kam zum Schluss, wir Menschen sind nicht in der Lage, die Welt objektiv zu erfassen (er nennt das die Dinge an sich). Denn alles, was wir wahrzunehmen glauben, ist von uns selbst, sozusagen unserem Wahrnehmungsapparat bereits in bestimmter Weise umgeformt worden. So nehmen wir alles raumzeitlich wahr, obwohl für Kant Raum und Zeit nicht Eigenschaften der objektiven Welt sind, sondern Eigenschaften unseres Denkens. Ein bisschen so, wie wenn man die Welt durch eine Sonnenbrille anschaut. Die Farbgebung und Dunkelheit, in der wir die Welt dann wahrnehmen, geht auf die Sonnenbrille zurück und nicht darauf, dass es wirklich so dunkel ist.
Das war dann die Geburtsstunde des Deutschen Idealismus, einer philosophischen Strömen, in der man das Ziel verfolgte dieses Problem irgendwie zu lösen, und Erkenntnismöglichkeit zu retten. Da kamen ganz abgefahrene Schriften bei raus, ich durfte mal eine Arbeit zu Fichte und Schelling schreiben, das ist wirklich abgefahrenes Zeug
Auch die Kunst, das Ästhetische hat da immer eine grosse Rolle gespielt. Bei Schelling etwa nimmt die ästhetische Anschauung eine Schlüsselfunktion ein im Zusammenbringen vom Subjektiven und Objektiven.
Mich persönlich hat das Thema im Bezug auf moralische Werte lange rumgetrieben. Gibt es objektive moralische Werte oder sind diese immer relativ?
In der Filmkritik finde ich es grundsätzlich ein kleines Problem. Letztlich können wir da nur versuchen, einen objektiven Standpunkt einzunehmen, indem wir uns unserer eigenen Vorlieben versuchen bewusst zu sein und dies in unsere Beurteilung miteinbeziehen, indem wir versuchen zu hinterfragen, auch unsere eigene Meinung und differenziert und offen argumentieren und begründen. Ne absolute Objektivität ist unmöglich, definitiv, andererseits ist ja auch gar nicht klar, was das überhaupt sein soll. Und ja, selbst das Urteil über den Schnitt, die Kameraarbeit ist nie absolut objektiv. Ich glaube aber schon auch, dass man sich in solchen Sachen dennoch bilden kann, so dass man gewisse Details besser erkennt oder einordnen kann. Ich finde, das merkt man sehr gut beim Musikhören. Wenn man sich Zeit nimmt und sich mit Musik auseinandersetzt, verändert sich was, man hört sie anders. Was einem vorher vielleicht einfach nur als monoton vorkam,erkennt man nun als bewusst eingesetztes Stilelement etc.
Spannendes Thema jedenfalls und den Joker schaue ich mir vielleicht morgen an.