Richtig, ich war vorgestern auch in dem Film und ich fand ihn ziemlich klasse. Aber man muss auch sagen, dass das in erster Linie an Whitaker liegt. Ungeheuerlich, wie intensiv und charimatisch er den kindlich-naiven Diktator spielt, der Menschen, die nicht seiner Meinung sind einfach mal auslöschen lässt.
Das perfide an der Sache ist, dass man mehr als eine Stunde lang fast Sympathie für Amin entwickelt. Ein herzlicher, humorvoller und recht fröhlicher Mensch - nur manchmal bröckelt die Fassade und Whitaker verschießt gleißende Blitze aus den Augen. Unglaublich diese Blicke, die aber genau so schnell verschwinden, wie sie kamen. Gerade wenn am Ende noch Realaufnahmen von Amin zu sehen sind, spürt man, wie ähnlich sich Schauspieler und Original sehen und wie ähnlich ihre Präsenz ist.
Die Greueltaten werden - und das finde ich gut - nur subjektiv dargestellt, aus Erzählungen oder einzelnen Foto Einblendungen. Lediglich zwei Szenen darf man als graphisch bezeichnen und diese wirken sehr gut. Aber wo sich ein anderer Regisseur, ein anderes Drehbuch womöglich auf Massenerschießungen und die Niederwalzungen von kleinen Dörfern gestürzt hätten um auch ja richtig grausam zu wirken, geht man hier subtiler an die Sache heran. Amin hat eine lange Zeit die ganze Welt zum Narren gehalten und McAvoys Nicholas steht für die naiv-optimistische Sichtweise vieler Menschen.
Leider ist der fiktive Part um eben Nicholas ein wenig klischeehaft geraten. Hormoneller Überschuss, die falsche Frau, zu spät bemerken, in welcher Falle man sich befindet usw. Das ist immerhin ansprechend inszniert, aber nicht so originell, wie es hätte sein können. Immerhin sind sämtliche Darsteller sehr gut, werden aber von Whitaker gnadenlos an die Wand gespielt. Auch schade ist, dass einige Handlungsstränge (Gillian Andersons Charakter oder Nicholas' Eltern) nicht wirklich weitergeführt wurden, ja, fallengelassen wurden.
Stilistisch steigert sich der Film immer weiter hinein, je tiefer Nicholas hinter die Fassade blickt. Auffällig sind viele Nahaufnahmen auf Gesichter, einzelne Augen, Hände, usw. Und obwohl die Handkamera hier dominiert, ist es kein hektisches Gehampel, sondern flüssig und jederzeit gut zu Folgen. Musikalisch wird in entscheidenen Szenen häufig eine Art dröhnen unterlegt, was man so am ehesten im neuen David Lynch Film erwartet. Später gesellen sich bisweilen sehr schräge Gitarren und Schlagzeug dazu, wenn auch die Bilder rasanter und die Farbfilter deutlicher werden. Sehr interessant das Ganze.
Interesse und Spannung wechseln sich in diesem Film ab, immer wieder unterbrochen von erstaunlich viel Humor. Und obwohl der Film eindeutig Storylastig und ein Schauspielerfilm ist, kommen Langeweile oder zähe Längen, nur sehr schwach vor.
Ein klasse Film und ein absolut verdienter Oscar für einen grandiosen Whitaker.
8,5/10