In meiner Firma handhaben wir es so ähnlich.
Die Idee war, weg von der traditionellen Struktur, hin zu dem was eigentlich wichtig ist. Und das ist sicher nicht Anwesenheit, Kariere, autoritäre Strukturen und nur die Arbeit steht im Vordergrund.
Klassisch ist, sich von jemanden vorschreiben zu lassen was man wie, wann und wo zu erledigen hat. Wenn man so den Betrieb führt, kann man zwar die Leistung der Mitarbeiter besser planen, man sie in Zahlen ausdrücken, sie in irgendeiner Tabelle eintragen, Diagramme erstellen, diese bei einen Meeting vortragen, Prognosen erstellen usw...
Das blöde ist nur, das machen Leute, die eigentlich nicht so viel Ahnung haben was der Angestellte eigentlich wirklich tut. Am besten weiß das der Angestellte selbst, er führt ja die Tätigkeit aus. Der wird aber in vielen Fällen gar nicht gefragt. Individualität, Selbstbestimmung, Freude etwas zu leisten, Kreativität, sich für etwas einzusetzen, das bleibt alles auf der Strecke. Die Arbeit wird zur Fließbandarbeit. Privat und Beruf bleiben strikt getrennt. Frustration kommt auf. War noch in vorigen Generationen die Volkskrankheit Rückenschmerzen wird sie jetzt immer mehr zu Burnout und Boreout (Gegenteil von Burnout).
Dienst nach Vorschrift, das höre ich immer öfters. Ich kannte das nur aus meiner Bundesheer Zeit. Es wird aber in der Arbeitswelt immer populärer. Warum sollte ich für den Betrieb mehr tun als gefordert. Er fördert ja mich auch nicht. Im Gegenteil, er schränkt mich immer mehr ein. Er überwacht mich bei dem was ich tue. Wenn ich zu viel tue, neue Ideen habe, neu Wege einschlagen will, wird das oft gar nicht gerne gesehen. Wie kann ich denn bloß nur glauben etwas besser zu wissen als die Vorgesetzten. Dies würde ja bedeuten, die wissen weniger als ein Untergebener mit schlechtere Ausbildung. Also mache ich genau das, was der Betrieb mir zwischen den Zeilen vermittelt. Offen sagen tut das ja keiner.
Dabei ist es ja nur logisch den Menschen als Ganzes zu sehen. Privatleben und Berufsleben sind untrennbar miteinander verbunden. Wenn es jemanden in Beruf schlecht geht wirkt sich das aufs Privatleben aus und umgekehrt.
Nur das Berufsleben zu fördern ist einseitig. Wenn das Kind eines Angestellten z.B. krank ist, dann kann derjenige die Leistung am Arbeitsplatz nicht voll erbringen. Er ist im Kopf bei seinem Kind, er sollte auch physisch dort sein. Klassisch ist, ein jeder ist ersetzbar. Das ist auch bei uns so, aber von einen ganz anderen Blickwinkel aus. Kümmere dich um dein Kind, deine Arbeit erledigen wir schon irgendwie, mach dir darüber keine Sorgen, wichtiger ist das du dich jetzt um deine privaten Sorgen kümmerst. Ein Mitarbeiter der einen solchen Halt in seiner Firma erlebt, zahlt es der Firma sobald er kann mehrfach zurück. Man muss ihn das nicht mal sagen, er macht es von sich selbst aus, weil er will.
Wir haben keinerlei Vorgaben. Keine Zeit Vorgaben und keine Leistungsvorgaben. Ein jeder kommt wann er will, ein jeder geht wann er will, ein jeder macht was er will, so viel er will und wie er es will. Es herrscht nur eine grobe Arbeitsaufteilung, die Mitarbeiter teilen sich untereinander, nach ihren selbst eingeschätzten Fähigkeiten die vorhandene Arbeit auf. Ein jeder Mitarbeiter bekommt einen normalen für seine Stellung bzw. Aufgabengebiet Lohn. Dazu noch eine Prämie. 50% des Roherlös der Firma gehen monatlich! an alle an alle Mitarbeiter. Unabhängig ob ein einzelner mehr Leistet oder andere weniger wichtige Aufgaben erfüllen. Wichtig ist die Firma als Ganzes zu sehen. Da ist dann der Entwickler oder Verkäufer gleich viel Wert, wie einer aus der Fertigung oder derjenige der die Bestellungen verpackt und verschickt. Denn seien wir ehrlich, der eine kann in Wirklichkeit nichts ohne den anderen machen. Wenn man seinen Betrieb so führt kommen dann auf einmal ganz andere Probleme auf. Einerseits hat man als Vorgesetzter weniger bis gar nicht damit zu tun, seine Leute zu Überwachen und anzutreiben und somit mehr Zeit sich für andere Dinge. Andererseits muss man regelrecht aufpassen das sich die Mitarbeiter nicht überarbeiten. Man glaubt gar nicht wie manche Leute einen inneren Antrieb bekommen. Es gab schon Fälle von Zwangsbeurlaubung, weil sich Mitarbeiter überarbeitet haben und es nicht merkten, da sie sich für den Betrieb sowas von eingesetzt haben.
Azubis lernen bei uns auch nichts anderes. Für sie ist es vollkommen normal so zu arbeiten. Das kann ein Nachteil werden. Die älteren Genrationen kennen noch klassische
Betriebe, sie schätzen es ungemein hier arbeiten zu können. Für die Jüngeren ist es normal und nichts außergewöhnliches. Da gibt es dann schon Reiberein und
Konflikte. Es wurde schon überlegt, Azubis mal für eine gewisse Zeit in anderen Betrieben arbeiten zu lassen um die Unterschiede kenne zu lernen. Nur frage mal
einen Betrieb: „kann ich dir für 2 bis 3 Monate einen Azubi schicken damit er sieht wie scheiße es bei dir ist…“
Wenn man dann das jemanden erzählt, der in einen anderen Betrieb eine leitende Tätigkeit ausführt, ist die Antwort immer die gleiche: „das geht nicht lange gut, das kann nur in Chaos enden, somit lassen sich keine Gewinne erzielen und Geld verdienen“
Meine Antwort: „ bei uns herrscht das Chaos bald 10 Jahre, dieses Chaos bedeutet auf den Mitarbeiter heruntergerechnet der 3 bis 5 fache Umsatz. Sicherlich bedeutet das für die Teilhaber, Geschäftsführer, kurz die Oberen weniger Gehalt. Nur muss man das 10 bis nach oben ohne Ende fache Geld mehr bekommen als ein normaler Angestellter. Ist mir das Geld so wichtig, ich hab hier weniger Sorgen, weniger Stress und somit langfristig eine bessere Gesundheit, ich habe mehr und echte Freizeit und nicht immer die Firma im Hinterkopf, ich muss niemanden was verheimlichen, ich muss meine Leute nicht belügen und meine Angestellten sind nicht meine Untergebenen sondern meine Freunde. Ok, du kannst dir alle 2 Jahre ein neues Luxusauto leisten und damit vor den anderen prallen und gleichzeitig deinen Angestellten verheimlich was du wirklich verdienst. Ich brauche nichts zum prallen, mir reicht ein normales Mittelklasse Auto, es bringt mich genauso von A nach B. Dafür habe ich wirklich Spaß an meiner Arbeit und kein schlechtes Gewissen. Und das Gefühl etwas gemeinsam zu erreichen, eine starke Gruppe zu sein, für einander dar zu sein wirst du so nicht kennen lernen und wenn ich wirklich ein Luxus Auto haben will kann ich es mir auch leisten und es wird mir keiner neidig sein“