Gestern gesehen und leider auch für großteils dämlich befunden, wenn auch aus leicht anderen Gründen als Woodstock.
Der Film fing eigentlich wirklich gut an, subtiles Schauspiel, gute Regie, realistische Dialoge. Die erste halbe Stunde machte mir echt Hoffnung, aber sobald wir die ersten Milka-Werbungs-Aufnahmen der Sektenkommune zu sehen bekamen entfuhr mir nur ein "Bitte nicht einfach dick aufgetragenes Wicker Man - Szenario", und dann bekam ich ein Wicker Man - Szenario, dicker aufgetragen als Nutella auf meiner Frühstückssemmel. Da wird echt jedes Klischee, jedes obskure Ritual von dem man mal gelesen hat, zusammengeworfen und gehofft dass es ein homogenes Ganzes ergibt. Spoiler: Tut es nicht. Dafür dass all die Rituale ein ziemliches Durcheinander sind, bei dem man sich gegen Ende immer wieder fragt was davon geplant war, und was einfach MacGruber-Style von der Sekte improvisiert wird, hält der Film da auch viel zu lange drauf. Offensichtlich wollte der Regisseur einen gewissen Sog erzeugen, ein Gefühl dass man sich darin verliert, aber das funktionierte bei mir und meiner Freundin nicht.
Und die Hauptcharaktere..einfach nur ärgerlich. Man machte sich anfangs die Mühe, interessante Figurenkonstellationen auf die Reise zu schicken, mit realistischen Problemen und unverarbeiteten Traumen. Man hätte sich eigentlich damit die Grundlage geschaffen, bodenständig und einfühlsam zu zeigen, wie eine Sekte versucht, emotional geschwächte Individuen auf ihre Seite zu ziehen. Stattdessen Holzhammer und aufgesetzt-groteske Momente, die in der zweiten Hälfte gegen Ende hin immer mehr unfreiwillig komisch werden. Plus Charaktere, die mit fortschreitender Laufzeit immer dümmer werden.
Wir mussten echt immer wieder laut lachen, speziell als man ganz am Ende an den tollen Cage - Wicker Man erinnert wurde.
Ja, schade. Ich bin sicher andere können dem Film mehr abgewinnen, aber für mich war das unfokussiert und mehr gewollt als gekonnt. Da hat man gute Charaktere und lässt sie in der zweiten Hälfte komplett passiv verwaisen (speziell die weiblich Hauptfigur, die mit der interessantesten Backstory, stand bald nur noch rum und schaute in die Gegend), weil es anscheinend wichtiger ist, zusammengestoppelte Rituale zu zeigen. Dabei denke ich nicht, dass der Regisseur talentfrei ist, der kann schon inszenieren und kleine Charaktermomente rauskitzeln. Ich würde mir ein kleines, simples Drama von ihm definitiv anschauen.
Trotzdem wurde ich wie gesagt zumindest unterhalten. Die Szene mit dem Bergvorsprung war z.B. ziemlich witzig, die Reaktion der Studenten darauf dann aber absolut unsinnig.
4,5/10
Edit: Nach einmal drüber schlafen ist mir doch noch etwas Positives eingefallen, das nicht unerwähnt bleiben sollte. Ich fand all die subtilen "trippy" Effekte sehr gut eingebracht. Hier ein Gesicht in den Ästen für eine Sekunde, dort eine leise atmende Blüte...vieles was man erst bei genauem Hinsehen bemerkt, und sich teils nicht sicher ist ob man es sich eingebildet hat. Ja, das war schön gemacht.