Original von Joel.Barish
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@hexe
Ich bin nicht der größte Experte und habe immer nur mal vereinzelt Sachen gelesen, aber kann man bei einer so langen Comic-Reihe überhaupt noch von "das Original" sprechen? Wen ja, in Kurzform, wie sähe das für dich aus? Weil ich weiß ja, dass du dich da auskennst und wenn ein hexe-Kommentar in einem Comic-/Comicfilm-Thread erscheint, ist das dank dieser Aura erstmal ein dickes Pfund. Aber für mich persönlich ist "das Original Spider-Man" erstmal eine unzureichend klar definierte Leerstelle.
Fangen wir bei Null an. Spiderman ist Marvels Aushängeschild. Nicht nur, weil er der "bodenständigste" Superheld der jeweiligen Epochen war, sondern auch, weil Peter Parker Probleme löst, nicht sein Alter Ego Spider Man. Seine größten Widersacher waren immer auch auf privater Ebene Gegenspieler, Konkurrenten, quasi Personen, die ihm Magenschmerzen bereiteten. Probleme, die vor allem fast jeder Leser nachempfinden kann. Spiderman als solches war nie nur als Superheld bedroht, sondern auch seine Privatsphäre, seine Familie, seine gesamte Existenz.
PP hat Geldsorgen, einen scheiss Job, Dauerstudent und kommt auch später nicht von der Uni los. Seine Tante ist ihm oft ein Klotz am Bein, aber er liebt sie abgöttisch. Seine Frau Mary Jane ist erfolgreiches Model, liebt ihn wie er ist, aber er kommt nicht aus ihrem Schatten heraus. Als Held ist das anders. Er lebt ein Doppelleben und seine ganze Art als Spiderman ist eine andere als die Person Peter Parker. Vor MJ hat er eine wilde Affäre mit einer anderen Superheldin, die jedoch nichts auf Peter gibt, sonder nur auf Spiderman.
So geht es ihm ständig. Später baut man seine Nemesis (Venom) auf. Auch dieser hat seinen Ursprung in Peters Privatleben, nicht in seinem Heldendasein.
Dazu kommt, dass Spidey sowas wie ein Bindeglied für viele andere Marvelstorylines ist - ähnlich wie Iron Man und der Hulk. Er trifft die FF, die ihm auch oft helfen müssen (gegen Venom). Er versteht sich mit den Ostküsten-Rächern, verbündet und verfeindet sich mit Venom, steckt oft in der Zwickmühle zwischen Moral und Gewissen, auf eine gewisse Art ist Spiderman wie Du und ich. Mal so mal so, richtig Mensch. Nie voll auf einer Seite, aber trotzdem ein Guter, weil er niemandem etwas Böses will - Sich damit aber auch selbst im Weg ist.
Ich würde ihn allerdings nicht den tragischen Helden nennen. Ihm gehts eigentlich gut. Seine Kräfte machen ihn nicht "anders" - auch wenn man später durch eine Mutation versucht hat, mehr aus ihm zu machen. Er ist einfach ein normaler Typ mit einem scheiss Job, der sobald er die Maske überzieht und durch die Straßenschluchten schwingt immer noch über seine Alltagssorgen nachdenkt, sich fragt wie er seine Miete zahlen soll und dass er MJ nicht unglücklich machen will, dazu die Sorgen um Tante May und JJJ, der ihm immer im Nacken sitzt, weil er für diesen Fotos von Spiderman beschaffen soll, auf denen JJJ diesen bloß stellen kann. Ja ok, seine Frau ist heiß, aber er dafür auch nur ne Wurst. Einmal Glück gehabt, dafür umso mehr Stress.
Meiner Meinung nach ist das viel zu viel Stoff, um das in einen kurzweiligen Actionfilm zu verpacken. Denn das alles entwickelt sich, braucht Zeit und die hatte die Reihe weißgott. Und das blieb fundamental immer gleich - außer die unsägliche Ultimatekacke - auch später noch. Nichtmal als sich herausstellt, dass er (Peter) nicht er selbst ist, ändert sich nichts. Selbst sein Klon ist kein "Erfolgsmensch" und das ist, was Spiderman ausmacht. So wie Tony Stark im Original nie im Kino gelaufen wäre: Alkoholiker, extrem aggressiv, Weiberheld noch und nöcher und dazu hochdepressiv, lebensmüde und in den 90ern noch dazu politisch unkorrekt.
Das wichtigste zu Peter Parker ist, er kommt nie aus diesem Kreislauf heraus. Da gibt es keinen Aufstieg, kein höheres Ziel, kein nächster Schritt. PP bleibt ein einfacher Typ ohne Kohle, Alltagssorgen und den ganzen Schmu.