Gesehen im CineStar Leipzig (OV)
Dang, der war gut. Logan ist für Jackmans Wolverine der Abgang, den Schwarzenegger mit seinem Lieblingscharakter leider nie hatte. Als Regisseur und Autor dürfte wohl hauptsächlich James Mangold für die kreative Seite verantwortlich sein, und ihm gelingt es hier, den Charakter Wolverine psychologisch zu begreifen. Wolverine ist ein Mann, und Logan ein Männerfilm. Nur dass im Gegensatz zu X-Men Origins Wolverine, der Logan
Commando-like zum Holzhacken schickte, hier das Konzept auf intelligente und aktuelle Weise interpretiert wird.
Wolverines Charakterzug, sich vor Verantwortung zu drücken, wird hier von einer stupiden Liebesbeziehung auf eine Tochter übertragen, und auch aufgrund starker schauspielerischer Leistungen funktioniert das wunderbar. Zu Anfang erreicht der Film mit alkoholisierten "USA, USA" Grölern und Szenen an der mexikanischen Grenze eine bizarre Aktualität. Alsdann treffen wir auf unsere drei Hauptcharaktere. Geprügelte, vernarbte Menschen allesamt. Patricks Stewarts Charakter eitert und alzheimert vor sich hin - aber sowohl mit ihm als auch bei seiner Tochter muss Logan Verantwortung lernen. Logan selbst säuft, hustet und blutet. Wie im Vorgänger The Wolverine sucht er noch immer eine Möglichkeit, sinnvoll zu sterben. Diese Message von Sterblichkeit, gegenseitiger Achtung und von Hilfe über Generationen hinweg wird gepaart mit reichlich "Don't mess with Texas" Individualismus.
Das alles funktioniert hervorragend, was auch daran liegt, dass der Film als kommerzielles Produkt erstaunlich kompromissfrei ist. Es scheint sich um ein sehr persönliches Produkt von Jackman und Mangold zu handeln, das vielleicht sogar von "The Last of Us" inspiriert war. Und ich ziehe meinen Hut auch vor dem Studio, dass man offenbar nicht auf Crosspromo, Charaktercameos oder After Credit Szenen bestanden hat.
Dass Logan ein Männerfilm ist, liegt zum einen an seinem Hauptcharakter, aber auch am gesteigerten Gewaltgrad. Es wird geschnitzt, was das Zeug hält, wie es schon immer hätte sein sollen, und es seit Deadpool möglich ist. Ein Männerfilm ist er aber auch, weil die Bösewichter keine Männer sind. Die sind uncoole Henchmen, inhumane Mediziner und gierige Bürokraten. Insofern hat AngryJoes
Kritik, wonach die Gegner im Film zu blass wären, nicht recht. Denn das ist hier Konzept. Und ein Männerfilm, weil er selbstbewusst genug ist, einem Tattergreis und vor allem einem starken Mädchen genug Raum zu lassen. Auch an den Publikumsreaktionen bei mir im Kino kann man ablesen, dass gerade sie insbesondere bei den Zuschauerinnen gut ankam.
Beltramis Soundtrack ist nicht allzu kreativ, greift aber einige Töne von The Wolverine auf und hält sich angenehm zurück. Gelungen fand ich ebenfalls die Einbindung der Comics im Film, ein mehrfach verschlungener Meta-Kommentar, und ein Kommentar auf die Männlichkeit der Leser: Ja, Comics sind ausgedachter Käse für Kinder. Aber nein, auch als Erwachsener muss man sich nicht dafür schämen, denn es gibt in Comics einen aufrichtigen, dauerhaften Bestand.
Mit einer gut gewichteten Mischung aus Action, Ruhe und Emotion ist Logan Männerkino der angenehmen Art.
9/10