Das war er also Amazing Spider-Man 2. Die gute Nachricht zuerst, er ist definitiv besser als sein unfertig wirkender erster Teil. Der erste Teil hatte versucht einerseits der Origins-Geschichte neue Aspekte zu entlocken, und versuchte Spidey endlich als die freche, vorlaute Spinne aus der Nachbarschaft zu zeigen, wie man sie aus den Comics kennt. Und genau in den beiden Punkten scheiterte er.
1. Am Bemühen die Origins-Story irgendwie neu erzählen zu wollen, ohne dass dem Zuseher der Mehrwert ersichtlich geworden wäre
2. An einem aufgesetzten Humor, der nicht so richtig funktionieren wollte
und zusätzlich
3. An einem viel zu harmlosen Gegner
4. An teilweise unschöner Optik und nicht ganz so tollen Tricks
5. Schlechten Ideen (wie der Baggerszene, die mich zum Fremdschämen veranlasst hat)
6. Langweiligen Kämpfen
7. Einem unfertig wirkenden Schnitt
8. und last but not least zu vielen Erzählsträngen, die mehr einander im Weg standen, als dass ein homogenes Ganzes ergeben hätten.
Meiner Ansicht nach sind die Punkte 1-6 deutlich ausgebessert wenn nicht gar komplett ausgemerzt worden. Mir persönlich gefiel im zweiten Teil die Idee mit der Neuausrichtung auf Oscorp als Zentrum all dieser Ereignisse samt der Verwicklung der Parkers dieses Mal ganz gut. Das Potenzial war ersichtlich (wenn es auch nicht genutzt wurde). Der Humor gehört im neuen Teil gar zu seinen grossen Stärken. Spideys witzige Auftritte sind toll. Die Szene mit Spidey als Feuerwehrmann, die man von den Bildern her schon kennt, funktionierte bei mir überraschenderweise auch. Die Sprüche, das Timing – es stimmt. Klar gibt ein, zwei Szenen, die nicht ganz so gut funktionieren, aber das ist bei Humor fast unvermeidlich. Ich würde sagen 95 Prozent des Witzes kommt super rüber. Die Gegner gefielen mir mit Vorbehalt. Electro fand ich eigentlich super. Vor allem seine Inszenierung, aber durchaus auch die psychologische Seite an ihm. Harry war auch gut, aber die Verwandlung zum Gnom war dann irgendwie, ähnlich wie damals bei Raimis Venom, so ne Sache, die irgendwie zu aufgezwungen wirkte. Sozusagen, wir müssen das jetzt tun, obwohl das eigentlich noch gar nicht zur Story gehören würde.Also ich hätte das aufgespart. Aber Harry und Electro hätten ein tolles Killerpärchen abgegeben, finde ich. Optik und Tricks sind meiner Ansicht nach klasse. Spidey war noch nie so super inszeniert. Auch Electro hat grossartige Szenen. Die Kämpfe sind spannend, abwechslungsreich und mit originellen Ideen versehen – wenn auch vor allem am Ende der CGI-Overkill zuschlug. Fremdschämszenen wie der Bagger fehlen, auch wenn das Ende schon arg in die Pathosecke driftete, irgendwie war es noch i.O. Die Idee (Spoiler) mit dem Jungen fand ich sogar gut, man hätte es nur etwas weniger schmalzig inszenieren dürfen.
Die Probleme stellen Punkt 7 und acht dar. Zwar wirkt der Schnitt nicht mehr in dem Sinne unfertig wie beim Ersten, aber einfach unglücklich. Ich glaube mit Umschneiden könnte man nochmal ne Menge an der Dramaturgie verbessern und genau die ist die Archillessehne des Films. Die Dramaturgie ist eine Katastrophe. Das zeigt sich schon recht gut am Anfang. Spektakulärer Kampf gegen Noch-nicht-Rhino mit viel Witz – kurze Szene an High School – alles ist gut und heiter – Päng Dramaszene, Peter ist verunsichert, traurig, erschüttert. Als Zuschauer sitzt man da und fragt sich, was soll das. Woher kommt das jetzt. So ein Charaktermoment muss doch aufgebaut werden. Doch das kommt völlig aus dem Nichts. Und das passiert noch öfters. Der Film besteht aus etwa 5 unterschiedlichen Erzählsträngen. Alle von unterschiedlichem Rythmus und Ton und auch Atmosphäre. Die witzigen, leichtfüssigen Spideyszenen. Die Romantikkomödie. die Selbstzweifel des jungen Parker. Der Verschwörungskrimi rund um Oscorp. Max und Electro – schön düster und fies. Die Beziehung zur Tante May, die sich alleine um ihren Sohn kümmern muss etc.
Und zwischen all dem hüpft der Film hin und her. Hält häufig mittendrin in Erzählstrang X an, springt zu Erzählstrang Y, und etwas später wieder zurück zu Erzählstrang X, wo er am selben Punkt weitererzählt, wie er aufgehört hat. In einem Film müssten sich diese Erzählstränge gegenseitig unterstützen, einen gemeinsamen Ton haben, aber das ist hier meistens Pustekuchen.
Das sieht man auch schön an unseren beiden Bösewichtern. Spoiler: für kurze Zeit arbeiten sie zusammen. Das funktioniert toll, nur um dann ihre Wege wieder zu trennen und von da an, haben die eigentlich auch nix mehr inhaltlich miteinander zu tun. Sie laufen einfach parallel ab, aber nicht weil sie gemeinsam eine Geschichte erzählen. Es sind zwei eigenständige Stränge und bleiben dies auch. Es gibt eine Szene, wo Peter selbst aufsagt, welche Probleme er hat, mit wie viel er sich herumschlagen muss. Das zeigt es wunderbar, all diese Erzählstränge kumulieren sich, aber sie finden keinen gemeinsamen Strang. Sie laufen parallel aber eigenständig ab. Man könnte sagen, es sind mehrere Folgen einer Spidermanserie, die zeitgleich ablaufen.
Das schlägt sich dann auch fürchterlich auf das Finale nieder, indem die Notwendigkeit all die Konflikte in ein Finale zu stecken, dazu führt, dass der eigentliche Höhepunkte kaum noch Zeit bekommt, dabei schafft es Webb diesen durchaus beeindruckend in Szene zu setzen.
Na ja, ich rede mich irgendwie hier um Kopf und Kragen. Insgesamt finde ich Spidey 2 ist einer der besten Superheldenfilme der letzten Zeit. In meinen Augen stärker als Wolverine, Superman oder Thor. Webb zeigt, dass er viele erfrischende Ideen hat, allerdings die Dramaturgie einfach nicht in den Griff kriegt. Tricktechnik ist top und ebenfalls noch sollte der Sound erwähnt werden, der mir sehr gut gefallen hat und äusserst eigenständig daher kam.
Ach ja, eines der Highlights im ersten Film war der Cameo von Stan Lee. Dieser kommt im zweiten sehr langweilig daher.
Von mir gibts mal 7/10 Punkte.