Ebenfalls gesehen, ebenfalls mein erster Kinobesuch dieses Jahr und ebenfalls habe ich den Film als besser empfunden als Schneebauer.
Handlung:
Walter Mitty (Ben Stiller) führt ein zurückgezogenes Leben. Seit Jahren arbeitet er schon im Fotoarchiv des renommierten "Life!"-Magazins. Dem grauen Alltag versucht Walter durch Tagträume zu entfliehen, in denen er heldenhafte Abenteuer erlebt und die ganz große Liebe findet. Doch dann begegnet er seiner neuen Kollegin Cheryl (Kristen Wiig) und plötzlich ist die große Liebe Realität geworden. Das Problem: Walter traut sich nicht, Cheryl anzusprechen.
Als dann bekanntgegeben wird, dass das Magazin nur noch online erscheinen wird, läuft Walter Gefahr, auch noch seinen Job zu verlieren. Die letzte Print-Ausgabe des Magazins soll das Bild des bekannten "Life!"-Fotografen Sean O‘Connell (Sean Penn) zieren, doch ausgerechnet dieses Foto ist verschwunden. Walter nimmt seinen ganzen Mut zusammen und begibt sich für seinen Job und seine große Liebe auf ein Abenteuer, von dem er sonst immer nur geträumt hat ...
Kurz-Kritik:
Die inzwischen 14. Regiearbeit des Comedians/Schauspielers Ben Stiller ('Verrückt nach Mary', 'Reality Bites') ist vielleicht nicht dessen Beste aber wohl die Herzlichste, Positivste und trotz oder vielleicht sogar wegen der grotesken Einschübe die Erwachsenste, denn bei aller gelebten Fantasie und den Stiller typischen, humoristischen Einwürfen, bleibt am Ende des Tages eine wunderschöne Geschichte über das Los des Lebens, der Weg zu sich selbst und in das Herz einer Frau übrig.
Dabei muss sich Stiller weder als Regisseur, noch als Schauspieler oder dessen Figur völlig verbiegen, denn das Ziel dieser Selbstfindung führt ihn eigentlich zurück zu dem, was Mitty schon immer war, was er nur zugunsten seiner Familie, respektive seiner Mutter und Schwester und aufgrund des frühen Todes seines Vaters zurückstecken musste. Dieser Verlust zwang ihn nämlich schon früh-, vielleicht zu früh dazu, erwachsen zu werden, seine Träume nur in Gedanken zu leben, sie beiseite zu schieben, zu verdrängen, um seine Familie zu ernähren.
Eine noble Bürde mag man meinen, auf Kosten eines ungelebten Lebens, einer ungeliebten Liebe, wobei Letzteres wahrscheinlich dem Erstgenannten entspricht. Doch das Schicksal wäre nicht das Schicksal, wenn es nicht ab und zu die Gelegenheit böte, Verpasstes nachzuholen und so meldet es sich lautstark in Form von Sean Penns Figur zu Wort und zwingt Walter eben zu seinem Glück. Sinnbildlich läuft Mitty förmlich aus den Tagträumen seinem eigentlichen, ursprünglichen Ich entgegen.
Man liest es schon: 'Das erstaunliche Leben des Walter Mitty' widmet sich den schönsten und gleichzeitig tragischsten Emotionen, spendet dabei Mut und Hoffnung, auch dank des herzerwärmenden Scores, eigentlich Soundtracks von Theodore Shapiro, welcher mal treibend, mal spirituell stets die richtigen Gefühle, die passende Stimmung erzeugt. Ebenso die Bilder von Kameramann Stuart Dryburgh, dem es gelingt selbst die vermeintlich trostlosesten Fleckchen auf Erden wie z.B. Island oder Grönland in epische, wundervoll meditative Gemälde zu verwandeln, die sich in das auferlegte Konzept des Films nahtlos einfügen.
A propos "nahtlos einfügen": Ben Stiller nimmt sich in seiner Funktion als Schauspieler wohltuend zurück und trumpft genau in den richtigen Momenten mit subtilem Mimenspiel auf. Eine Leistung, die man ihm so, vor allem nach seinem jahrzehntelangen Komödienschwerpunkt, nicht zugetraut hätte. Lediglich in einer einzigen Szene, denn ganz ohne Holzhammer-Humor kann er nunmal nicht, bricht das Blödeltum wieder aus ihm raus, was man ihm allerdings in Anbetracht des Gesamtwerks liebend gerne nachsieht und kopfnickend als Wiederkennungsfaktor abstempelt.
Regietechnisch möchte man am liebsten aus seinem warmen Kinosessel aufspringen und Beifall klatschen. Stiller gelingt die Gratwanderung zwischen Komödie, Romanze, Grotesque und Drama spielend und präsentiert dieses Sammelsurium der Genres bewundernswert homogen, wohltuend unkitschig und nicht im Ansatz selbstverliebt. Sein Gespür für harmonische Bilder, Vertonung und Schauspiel, das sich zu 100 Prozent seiner Geschichte unterordnet, mit ihr verschmilzt, zeugt von Erfahrung und perfektioniertem Talent.
Bleibt nur noch eines zu sagen:
Fazit:
'Das erstaunliche Leben des Walter Mitty' ist eine fantastische, inspirierende Reise zu sich selbst, eine Liebeserklärung an das Kino, das Leben und die Liebe, wundervoll bebildert und vertont. So tragisch und gleichermaßen komisch, so herzerwärmernd und traurig, doch voller Hoffnung beweist Ben Stiller einmal mehr, dass man ihn nicht voreilig in eine Schublade stecken sollte, ebenso wenig wie diesen Film.
8/10