Supernatural S10E23 - Brother's Keeper

Clive77

Serial Watcher
Mit der Folge „Brother’s Keeper“ liefert uns die US-Serie Supernatural ihr zehntes Staffelfinale. Wird Dean das Kainsmal doch noch los? Und falls ja, welchen Preis müssen die Winchesters dafür zahlen?

Fall der Woche?
Die ersten Sekunden von „Brother’s Keeper“ vermitteln schon einen eher ungewöhnlichen Auftakt. So dürfen wir in den ersten Sekunden erneut die Version von „Carry On Wayward Son“ hören, die uns zur Jubiläumsfolge (10x05) präsentiert wurde - ein erstes Zeichen, dass das Finale etwas Besonderes werden wird. Damit und zusammen mit der Tatsache, dass Sam (Jared Padalecki) und Castiel (Misha Collins) keine Ahnung haben, wo Dean (Jensen Ackles) sich gerade herumtreibt, wird sogleich die Spannung angezogen.
Die ersten Szenen mit dem Träger des Kainsmals sehen auf den ersten Blick ernüchternd aus. Er hat durch Rudy (Robert Moloney), der für gewöhnlich nur in Form einer Stimme am Telefon auftritt, einen neuen Fall an Land gezogen. Moment, bekommen wir etwa im Staffelfinale bloß einen Fall der Woche zu sehen? Nein, zum Glück nicht.
Dean ermittelt alleine. Er will auch nicht, dass Rudy ihm zur Seite steht und macht sich daran, den Mord an Rose McKinley alleine aufzuklären. Schnell wird uns klar, dass Dean der Meinung ist, er hätte sich weiterhin unter Kontrolle. Dabei vermittelt uns aber schon seine erste Szene im Motelzimmer, wie schlecht es um ihn steht. Er zeigt keinerlei Mitgefühl mit den Eltern der Verstorbenen, fordert den Vater (Roger Haskett) sogar mit bissigen Bemerkungen heraus.
Anhand dieses kleinen Nebenabenteuers wird uns noch einmal gezeigt, wie schlimm es bereits um den älteren Winchester-Bruder steht. Seine Bösartigkeit gipfelt vorerst darin, dass er, um die entführte Crystal (Emilija Baranac) zu befreien, den Tod von Rudy in Kauf nimmt und sich davon unberührt zeigt. Zwar war die Aktion bei weitem nicht so drastisch, wie der Mord am Jungen und die Beinahe-Tötung von Castiel letzte Woche, doch die Wirkung auf uns ist die gleiche. Dean scheint dem Kainsmal verfallen und keinerlei Mitgefühl mehr zu haben.
Erst nachdem er wieder zurück im Motel ist und ihm der Badezimmerspiegel seine letzten Opfer vor Augen führt, wird ihm bewusst, dass er den inneren Kampf gegen das Kainsmal verliert. Ackles darf (mal wieder) seine Darstellungskünste zum Besten geben und überzeugt dabei auf ganzer Linie. Zuerst die Kälte, mit denen er die Ermittlungen durchführt. Danach der Schock und die Wut als die Einsicht kommt und schließlich die Verzweiflung, mit der er sich an Death (Julian Richings) wendet - jede Emotion (oder Nicht-Emotion) sitzt.

Sam
Während Dean in Nebraska unterwegs ist, schmiedet Sam weiter an seinem Vorhaben, den älteren Bruder vom Kainsmal zu befreien. Da er Rowenas (Ruth Connell) Wunsch, Crowley (Mark Sheppard) zu töten, nicht nachkommen konnte, will er jetzt zu drastischeren Mitteln greifen und sie dazu zwingen, aus dem Book of the Damned vorzulesen. Castiel ist zwar etwas skeptisch, ob das alles eine gute Idee ist - immerhin soll die Anwendung der niedergeschriebenen Zaubersprüche große und zudem unheilvolle Konsequenzen mit sich bringen - aber schließlich legt er sich ähnlich wie Sam voll ins Zeug, um die Zutaten zu besorgen.
Interessanterweise weist Sams Vorhaben damit einige Parallelen zu Deans Handlungen auf. Auch er geht sehr rücksichtslos mit seinem Umfeld um und nimmt später beispielsweise den Tod von Oskar (Nathan Drakes) in Kauf. Sein Ziel bleibt natürlich, Dean zu helfen - aber wir können uns zu Recht fragen um welchen Preis. Sam ist verzweifelt und diese Verzweiflung lässt ihn zum Äußersten gehen.
Das alles ist natürlich eine gewisse Art von Vorarbeit für die kommende Konfrontation der beiden Brüder, in der beide für den eigenen Lösungsweg plädieren. Aber dazu kommen wir später noch.

Rowena
Die Hexe weiß mittlerweile ziemlich gut zu gefallen (und der Rezensent ist doch ganz froh, dass sie uns noch erhalten bleibt). Schon anfangs, als Sam sie mit der speziell präparierten Pistole bedroht, durchschaut sie mit Leichtigkeit seinen Bluff und handelt sich - Crowley hätte es kaum anders gemacht - einen neuen Deal mit Sam aus.
Auch später passt sie gut zu den anderen Figuren und steht kurzzeitig sogar im Mittelpunkt als es um ihre alte Liebe Oskar geht. Das gibt uns ein wenig mehr Hintergrundgeschichte zur Person und vermittelt gleichzeitig eine andere, gütigere Seite der Figur - immerhin hat sie Oskar von seiner Krankheit befreit und ihn unsterblich gemacht.
Da ihre Handlungen zudem direkt im Zusammenhang mit der Haupthandlung stehen, wirkt sie sehr viel stimmiger ins Geschehen eingebaut als noch vor einigen Wochen in der Hölle. Sie ist nicht bloß ein Instrument, was von Sam benutzt wird. Sie hat einen eigenen Kopf, bereits vieles erlebt und ist bestrebt, dass Beste für sich aus dem Handel mit Sam herauszuschlagen. In gewisser Weise ähnelt sie dabei natürlich ihrem Sohn, denn die Ausflüge zur „guten Seite“ sind stets knapp gehalten und sobald sich (nach vollführtem Zauberspruch) die Gelegenheit ergibt, haut sie mitsamt Buch und Kodex ab. Allerdings nicht, ohne die Anwesenden Crowley und Castiel in einer eigenen kleinen Cliffhanger-Situation zurück zu lassen.
Wir können also gespannt weiteren Auftritten von Rowena entgegen blicken. Mit dem mächtigen Buch in ihren Händen erwartet die Winchesters sicher noch einiges von der Hexe. Dabei ist sie zwar nicht das einzige (oder gar das größte) Problem, aber wer weiß schon, was da sonst noch so an Flüchen und Zaubern im Book of the Damned zu finden ist?

Crowley & Castiel
Es kommt äußerst selten vor, dass wir den Engel und den King of Hell miteinander agieren sehen. Schade eigentlich, denn die Szenen mit Cas und Crowley gehörten zu den kleineren Highlights der Episode: „Who summons anymore? Couldn't you call?“ – „You're not in my contacts list.“ - aus solchen Interaktionen sollten uns die Macher mal eine lustige Einzelfolge stricken. Hätte man sicher seinen Spaß dran.
Aber zurück zur Episode: Crowley muss selbstverständlich erst überredet werden („Beg!“), damit er überhaupt in Erwägung zieht, Sam bei seinem Vorhaben zu helfen und die benötigten Zutaten für den Zauberspruch zu besorgen. Immerhin hat Moose letzte Woche noch probiert, ihn zu töten. Witzigerweise ist aber Oskar ein Teil dieser Zutaten, was dem King of Hell dermaßen gefällt, dass er direkt einwilligt.
Das ist so typisch Crowley. Eigentlich müsste man an dieser Stelle monieren, dass er von jetzt auf gleich Sam und Castiel hilft. Aber wenn es darum geht, Rowena eins auswischen zu können, dann ist er regelrecht Feuer und Flamme. Er kostet auch später den Moment aus, als er Oskar präsentiert. Herrlich.
Castiel auf der anderen Seite kommt in dieser Episode weniger gut weg. Wie oben bereits angesprochen, äußert er zwar hin und wieder mal ein paar Bedenken, aber im Grunde genommen erledigt er nur Botengänge für Sam und darf lediglich einmal seine (mittlerweile stark eingeschränkten) Fähigkeiten nutzen, um Rowenas Liebe auf die Schliche zu kommen. Stünde ihm sein volles Arsenal an Kräften zur Verfügung, hätte er garnicht erst auf Crowley zurückgreifen müssen. Andererseits ist es wahrscheinlich auch nicht einfach, immer alle Figuren unter einen Hut zu bringen.
Strukturtechnisch hätte es sich vielleicht auch angeboten, die Suche nach den Zutaten ausführlicher zu gestalten. Man hätte zum Beispiel ein paar Episoden eher damit anfangen können, nach der verbotenen Frucht oder nach den Überresten der Statue zu suchen. Das wäre vielleicht auch ein passendes Abenteuer für Team Crowley & Castiel gewesen. Aber das nur am Rande.
Gespannt dürfen wir jetzt jedenfalls darauf warten, wie der kleinere Cliffhanger ausgehen wird. Sah nicht so gut für Crowley aus als Castiel seine Waffe schwang. Aber man wird wohl kaum auf eine der beiden Figuren verzichten. Und wer weiß schon, ob der Engelstöter überhaupt etwas gegen den King of Hell ausrichten kann. Wenn das Hexbag versagte und die präparierte Kugel nur eine Scheinwirkung zeigte, kann es durchaus sein, dass Crowley auch gegen diese Waffe immun ist.

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Clive77

Serial Watcher
I think I just killed Death
Jede Episode mit Julian Richings als Death ist eine Bereicherung. Punkt.
Gerade weil die Auftritte vom Tod höchstpersönlich eher rar gesät sind, war die Vorfreude sehr groß, als er in der Vorschau zu sehen war. Und wir wurden nicht enttäuscht.
Durch Death erfahren wir eine Menge über das Kainsmal. Wo es herkommt und welche Funktion es erfüllt. Interessanterweise kann selbst Death Dean nicht umbringen, solange er das Kainsmal trägt. Der „erste Fluch“ lässt sich höchstens auf eine andere Person übertragen, aber davon will Dean nichts hören. Da nimmt er lieber den Vorschlag wahr, sich durch Death in eine Isolation fern ab von allen Menschen zu begeben.
Was hier ein wenig verwunderlich anmutet: Es spräche im Grunde genommen nichts dagegen, dass das Kainsmal auf irgendwen anderes übertragen und dieser Jemand anschließend von Death weggesperrt wird. Weshalb Dean diese Option nicht wahrnimmt, erschließt sich erst später als Sam zu den beiden dazu stößt. Der ältere Bruder ist der Meinung, dass die Welt ohne die Winchesters eine bessere wäre und die beiden schon für zu viele Tode, etc. verantwortlich sind. Auch ist Dean und Death klar, dass Sam nach seinem Bruder suchen würde, sollte er das Isolations-Angebot wahrnehmen. Die Konsequenz: Sam muss sterben, damit Dean sicher verwahrt werden kann.
An dieser Stelle macht sich beim Zuschauer dann auch ein mulmiges Gefühl in der Magengrube bemerkbar. Wie die Winchesters miteinander argumentieren und sich sogar prügeln, deutet darauf hin, dass Sam in der Tat von seinem (im Kampf überlegenen) Bruder umgebracht werden könnte. Dabei sieht man sowohl Ackles als auch Padalecki die Emotionalität an, die sie in die Auseinandersetzung (und auch danach) stecken.
Hochgradig spannend ist der Moment, als Sam sich einverstanden erklärt und Dean (mit der Sense vom Sensenmann) es Kain gleichtun und den jüngeren Bruder ins Jenseits schicken soll. Bekommen wir vielleicht einen kurzen Blick darauf, wie ein Serienfinale von Supernatural aussehen könnte? Falls ja, wäre es ein sehr düsteres Finale. Beim Ende der fünften Staffel bekam zumindest einer der beiden ein Happy End.
Doch Dean bringt es nicht fertig, Sam zu töten. Vielleicht haben die Familienfotos den letzten Ausschlag gegeben, vielleicht war es etwas anderes. Aber als die Sense durch die Luft schwingt, findet sie nicht Sam sondern Death als Ziel. Wurde der Tod nun tatsächlich getötet? Er zerfällt zu Staub und es bleibt fraglich, ob wir ihn noch einmal wiedersehen werden. Aber wenn wir uns recht entsinnen, hat er einmal behauptet, dass er schon vor Gott da war und auch noch lange nach Gott existieren wird. Von daher kann man davon ausgehen, dass er noch irgendwo da draußen ist und sich einen Facepalm gibt - denn nur kurze Zeit später vollendet Rowena das Ritual, welches das Kainsmal verschwinden lässt.

The Darkness
Die neue Bedrohung für die elfte Staffel wird – wie gewohnt – mit einem großen Cliffhanger in Szene gesetzt. Das Kainsmal fungierte als Schlüssel und Schloss gleichzeitig und die Auflösung des Mals bedeutet, dass jetzt „The Darkness“ freigekommen ist. Was es mit dieser Dunkelheit genau auf sich hat, können wir vorerst nur raten. Es wird sich sicher etwas Altes und Gruseliges dahinter verbergen, wenn es weggesperrt wurde, um Platz für die Schöpfungsgeschichte zu machen. Damit wird die Mythologie erneut ein gutes Stück erweitert und könnte ganz neue Gegner zum Vorschein bringen.
Trotzdem fragt man sich bei alledem natürlich, weshalb vorher noch niemand etwas von dieser ominösen Dunkelheit gehört hat (zumindest Kain hätte da eigentlich mehr wissen müssen - es sei denn, Luzifer hat ihm nichts weiter zum Mal erzählt). Auch zeigen sich schon jetzt gewisse Parallelen zu den Leviathanen, die einst im Fegefeuer weggesperrt wurden und dann über die Welt herfielen. Hoffen wir mal, dass sich die Geschichte dabei nicht wiederholt.
Auf der anderen Seite schreit etwas, was von Gott selbst eingepfercht wurde, geradezu danach, dass wir in der elften Staffel womöglich den Schöpfer selbst zu Gesicht bekommen - es sei denn, die Serie weicht dabei auf jemanden wie Metatron (Curtis Armstrong) aus, der zuvor schon zeigte, dass sein Wissen um alte Dinge nicht gerade klein ist.
Als Zuschauer können wir uns aber noch nicht sicher sein, wie die Macher die Story der Winchesters weiterführen werden. Der Cliffhanger lässt einige Möglichkeiten zu. Uns bleibt nichts anderes übrig, als die Sommerpause abzuwarten und uns im Herbst vom Staffelauftakt überraschen zu lassen.

Fazit: Tolles Staffelfinale mit vielen guten Momenten. Teilweise emotional bewegend (Winchester vs. Winchester), teilweise belustigend (Cas & Crowley) und durchweg spannend. Dank des kleineren und größeren Cliffhangers wird die Wartezeit sich wieder sehr lang anfühlen.

9/10 Weltuntergänge
 

Dr. Serizawa

Oxygen Destroyer
Boah Clive, da kann ich ja mal so gar nicht zustimmen. :nene: Das war Spannungsarm, übertrieben dramatisch und einfach nur faul. Das einzige das mich überrascht hat, ist dass dieses mal keiner der beiden "gestorben" ist. Ob wir nächstes Jahr dann ohne Drama zwischen den beiden auskommen werden? :ugly: Leider müssen wir Crowleys nervige Mutter noch weiter ertragen :facepalm: The Darkness? Also erneut ein ultimativer Bösewicht der alles vorherige übertrifft? I
 

Clive77

Serial Watcher
:biggrin:
So gehen die Meinungen auseinander. :wink: Ich fand das alles sehr stimmig, war nur anfangs ein wenig verwundert als es so aussah, dass man einen Fall-der-Woche nimmt. Aber im Gunde genommen lief alles auf die Auseinandersetzung zwischen Sam und Dean hinaus und die fand ich wirklich super (und nicht übertrieben) - da kam alles hoch, was die beiden so angestellt haben und so direkt hat man sowas bisher in der ganzen Serie noch nicht gesehen.
Auf Drama zwischen den beiden könnte ich öfter auch verzichten - vor allem die ständige Lügerei geht mir des Öfteren auf den Sack. Aber ohne wird die Serie wohl nie auskommen...

Rowena ist so eine Sache. Wie gesagt, die Szenen mit ihr und Crowley in der Hölle waren alles andere als gut. Aber mittlerweile gefällt sie mir wieder besser und mit dem Buch kann sie bestimmt noch ein paar nette Sachen anstellen.

The Darkness: Mal abwarten. Sehe ich auch eher skeptisch.
 
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