Blonde ~ Marilyn Monroe Film vom Jesse James Macher

Revolvermann

Well-Known Member
@McKenzie
Natürlich kann man das hinterfragen. Das soll man sogar. Darum geht es ja.
Es geht um unseren Umgang mit Medien und nicht die Verantwortung eines Geschichtenerzählers uns aufzuklären. Wenn ich etwas über das mittelalterliche Schottland wissen will gehe ich nicht zu Mel Gibson und gebe ihm 2 Stunden Zeit. Das ist schlicht nicht sein Job.
Denn natürlich nehmen Autoren und Filmemacher ständig reale Figuren und Orte für Fantasiegeschichten. Weil sie damit etwas ganz bestimmtes ausdrücken möchten und das ist halt völlig legitim.
Und das hat gar nichts mit Filmnerds zutun. Das umfasst die generelle Auffassungsgabe und die korrekte Einordnung von Medien innerhalb einer Gesellschaft. Erfahrungsgemäß sind Filmnerds oftmals sogar schlechter darin, Geschichten ganz abgesehen von Motiven und erzählerischer Basis der Figuren unemotional als Erzählung zu ergründen. Es braucht sich niemand tiefgehender informieren. Lediglich die Feststellung, dass es sich um einen Film als unterhaltungstechnisches Konsumgut handelt, reicht völlig aus. Wer das als Anlass sieht, sich im Anschluss beispielsweise mit einem historischen Thema in der Tiefe zu befassen, kann natürlich noch einiges aus anderen Quellen herausziehen. Denn spätestens dann wird klar, dass diese 100 Minuten (Schau-)Spiel zu so etwas ohnehin nicht in der Lage sind. Ich meine, im Detail ist kein historischer Film 100% korrekt. Kann er gar nicht sein. Also müsste vor jedem dieser Filme eine Texttafel. Vielleicht in rot, gelb und grün, je nach Wahrheitsgrad. Aber wer bestimmt das dann? Und wer kann es bei Überlieferungen, falschen Erinnerungen, verschiedenen Blickwinkeln und Quellen überhaupt bestimmen? Natürlich wäre das am Ende totaler Nonsens. Also wenn alles in verschiedenem Ausmaß eine Texttafel tragen könnte, warum die dann nicht sofort weglassen und es als das nehmen, was es ist? Ein Theater. Ein Schauspiel. Eine Inszenierung.

Für mich trägt also der eher naive Versuch Erzählungen in Form eines Spielfilms sozusagen in "wahre Filme" und "unwahre Filme" via entsprechender Werbung oder Disclaimer einzuteilen dazu bei, eine Gesellschaft anstatt zum selber-Denken zu animieren, mit zum scheitern verurteilter Schubladen oder Texttafeln, quasi in vorgekauter Sicherheit zu wiegen und damit taub für Desinformation und alternative Fakten zu machen.

In einer Welt, in der es zur allgemeinen Auffassung gehört sich selbst zu bilden, auf rationale Weise kritisch zu sein und nicht der Versuch permanent andere zu erziehen, weil die das ja falsch auffassen könnten, sind bösartige Propagandafilme gar nicht möglich.
Das geht natürlich nur wenn tatsächlich jeder in sich geht und nicht indem man sich auf Texttafeln und Einteilungen von fiktiven Erzählungen verlässt. Egal ob 1% fiktiv oder 50% oder 80%.
 

jimbo

Administrator
Teammitglied
Wie heißen denn allgemein Werke die historisch korrekt sein müssen?

Vielleicht ist Woody auch einfach mehr auf historische Genauigkeit aus, durch seine Ausbildung in dem Bereich.
 
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El Duderino

Well-Known Member
Ich würde "eher schon" kontern. :biggrin:

Aber hier muss man das Werk wohl wirklich selbst gesehen haben, um sich eine Meinung bilden zu können. Zu verschieden, die Eindrücke, die der Streifen, bei den div. Sehern hinterlässt.
Die einen sind enttäuscht von der fragmentarischen Natur des gezeigten, die anderen finden eben das wieder faszinierend, genauso wie die zeitgemässe Zurschaustellung des fragwürdigen Hollywood Systems, in dem gerade die Frau als Objekt dargestellt wird.

In der Hinsicht fand ich eben auch die Szene mit dem Lüftungsschacht großartig. Klar, hier kann man auch sagen, Dominik hat es übertrieben und vielleicht etwas weniger den Schlüpfer von Norma Jean zeigen sollen, aber gerade hier geht es doch auch darum, wie es die Seher(hauptsächlich Männer) aufnehmen, wenn man nur ein Stückchen von der Figur mehr herzeigt. Auf der anderen Seite eben auch der Eindruck von DiMaggio, der gerade in der Szene glaubt zu wissen, wie sich seine Frau der Öffentlichkeit preisgibt.
Hier spielt Dominik auf mehreren Ebenen mit dem Zuseher. Wunsch und Realität gehen hier auseinander und zeigen gleichzeitig das gleiche Bild.

Ich hab auch etwas zu kämpfen gehabt mit dem Film und brauchte zwei Abende um ihn zu finalisieren. Aber so geht es mir bei den meisten längeren Werken heutztuage, am Abend fehlt mir einfach in letzter Zeit die Kraft für 3 Stunden Werke. :wink:

Muss der Regisseur unbedingt nach Handbuch vorgehen, bei einem Film, der eigentlich kein richtiges Biopic sein will? Denke nicht. Selbst wenn, dann gibt es keine fixe Vorgabe wie ein Film auszusehen hat, das ist doch das schöne an dem Medium.
Selbst bei Genre Verwandten Beiträgen, die sich gerne mit dem "basierend auf wahren Begebenheiten" Slogan schmücken, gibt es massenweise Abweichungen von der Realität, wirken nur vielleicht etwas verdaulicher, weil konventioneller erzählt.

Zu Dominik als Regisseur: Ich fand Jesse James damals grandios. Der Film hat mich auf mehreren Ebenen umgehauen und ich fand es traurig, dass der damals im Kino so abgesoffen ist. Kann es aber auch verstehen.
Killing them Softly möchte ich mir demnächst mal wieder ansehen, den Streifen fand ich damals recht gut, konnte aber nicht genau festmachen, warum.
 

El Duderino

Well-Known Member
Nein, noch nicht. Würde mich eigentlich nur reizen, um das erste Werk von Dominik gesehen zu haben. Von der Story her, interessiert er mich aber irgendwie gar nicht.
 
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