Cleopatra ~ nicht die Jolie Fassung

Diego de la Vega

Not Yet Rated
Der vorrangig für seine Filme über die englische Königin Elisabeth I. bekannte Filmemacher Shekhar Kapur nimmt sich nach "Elizabeth" und "Elizabeth – Das goldene Königreich" nun einer weiteren, ebenfalls sehr geschichtsträchtigen und starken Frauenfigur an: Cleopatra. Allerdings soll es kein Kinofilm werden, sondern eine TV-Serie.

Der Fokus soll aber nicht wie so oft auf ihren Affären mit Julius Caesar und Marcus Antonius gelegt werden. Im Zentrum der von Kapur geschriebenen Serie stehe stattdessen die 18 Jahre junge Pharaonin und letzte Königin des ägyptischen Reiches, und wie sie intelligenter, reicher und besser wurde, als die Männer ihrer Zeit. Die Darstellerin für die Königin vom Niel wird aktuell gesucht. Kapur wird auch alle Folgen inszenieren.
http://deadline.com/2015/08/cleopatra-series-shakhur-kapur-slingshot-global-media-1201500627/

Interesse?
 

Tyler Durden

Weltraumaffe
Teammitglied
Werden sie auch zeigen, wie sie ihren Brder ermorden ließ und wie sie aus Spaß Sklaven mit Nadeln folterte? Ich glaube nicht. Sie wird ja immer nur als die intelligente und selbstbewusste Frau dargestellt, was ja auch stimmt. Aber ich finde es nicht gut, wie bei ihr jedes Mal alles Negative unter den Teppich gekehrt wird und sie als bewundernswerte Person dargestellt wird, die Frieden und Harmonie in das Land brachte und eine ganz tolle Herrscherin war. Frauen sind ja bekanntlich viel bessere Herrscher, wenn ihre Verbrechen ausgeblendet werden :clap:
Wie wäre es mit einem Film über Hitler, in dem er als ein tierlieber Vegetarier dargestellt wird (der er ja auch war), und der Weltkrieg und der Holocaust bleiben einfach unerwähnt?
Der Vergleich ist vielleicht etwas übertrieben, aber ich meine ja nur, dass es sehr fragwürdig ist, historische Persönlichkeiten als Helden zu zeigen, die in Wirklichkeit hinterhältige, machtgeile Mörder und Sadisten waren.

Mir ist aber klar, dass ich mir mit dieser Meinung keine Freunde mache.
 

Diego de la Vega

Not Yet Rated
Muss sagen, ich bin da voll bei dir, Tyler. Denn das ging mir bei der Inhaltsangabe auch auf den Sack, denn da klang absolut nichts negatives durch: "It will follow the narrative of an 18-year-old girl who came to be a pharaoh and a queen – a woman who was brighter, more intelligent, richer and a better administrator and ruler than the men of her time. The series will reimagine Cleopatra’s history, reinventing her as the modern woman, a woman that understood the power of myth and turned herself into a myth, constantly reinventing herself. It will highlight her great loves and her survival in the face of repeated assassination attempts, which made her one of the most dangerous, yet most powerful, thrones of all time.

“Cleopatra is probably the most famous and the least known/understood figure in all of time,” said Kapur. “Her life will reflect a modern-day parable of our lives today.”


Hier hab ich aber durchaus (zumindest etwas) Hoffnung, und zwar wegen Kapur. Denn auch wenn seine Elizabeth - Filme voller historischer Ungereimtheiten waren, so waren sie im gleichen Maße auch durchaus kritisch und gingen ebenso mit ihrer Hauptfigur um. Allerdings versteckt unter Prunk und Kostüm. Aber wenn man eine Darstellerin von ähnlichem Format wie Cate Blanchett (ok, das ist vielleicht nicht einfach) finden kann, die ihrer Figur mehr als einen Gesichtsausdruck mitgibt, dann kann das was sein. Denn ich hoffe mal, Kapur will (auch wenn es hier nicht so klingt) nicht nur eine Heldinnen-Geschichte draus machen.
Aktuelles Gefühl hierzu: :unsure:
 

Argento

Well-Known Member
Tyler Durden schrieb:
Werden sie auch zeigen, wie sie ihren Brder ermorden ließ und wie sie aus Spaß Sklaven mit Nadeln folterte? Ich glaube nicht. Sie wird ja immer nur als die intelligente und selbstbewusste Frau dargestellt, was ja auch stimmt. Aber ich finde es nicht gut, wie bei ihr jedes Mal alles Negative unter den Teppich gekehrt wird und sie als bewundernswerte Person dargestellt wird, die Frieden und Harmonie in das Land brachte und eine ganz tolle Herrscherin war. Frauen sind ja bekanntlich viel bessere Herrscher, wenn ihre Verbrechen ausgeblendet werden :clap:
So pauschal kann man das nun aber auch nicht sagen. Wirklich einflussreich sind meines Wissens nach zur zwei "filmische" Interpretationen.

Zum einen wäre das CLEOPATRA aus dem Jahre 1963. Und dieser Film war nun weniger an faktischer Historizität interessiert, als vielmehr daran, machtvoll zu demonstrieren, zu welch unglaublichen Produktionen Hollywood im Stande ist.

Zum anderen wäre das die Cleopatra in der HBO-Serie ROM. Cleopatra wurde dort alles andere als einseitig, geschweige denn heroisch charakterisiert.
 

Tyler Durden

Weltraumaffe
Teammitglied
@Diego: da ich die Elisabeth-Filme nicht gesehen habe, kann ich den Regisseur nicht einschätzen, aber wenn er durchas kritisch war/ist, dann wäre das zumindest ein Lichtblick. Obwohl seine Aussagen über Cleopatra eher nicht danach klingen :unsure:

@Argento: ROM müsste ich mir mal ansehen, habe schon öfter Positives darüber gelesen.
Cleopatra kam allerdings schon viel häufiger in Filmen vor, und wenn du 100 Leute auf der Straße fragst, was sie mit Cleopatra verbinden, würden 99 von ihnen Schönheit, Intelligenz, Selbstbewusstsein und Leidenschaft nennen. Aber keine Morde oder Folter. Selbst wenn diese Leute keinen Film über sie gesehen haben, hat sich doch ein bestimmtes Bild von ihr in der Gesellschaft festgesetzt :wink:
 

Argento

Well-Known Member
Tyler Durden schrieb:
@Argento: ROM müsste ich mir mal ansehen, habe schon öfter Positives darüber gelesen.
Cleopatra kam allerdings schon viel häufiger in Filmen vor, und wenn du 100 Leute auf der Straße fragst, was sie mit Cleopatra verbinden, würden 99 von ihnen Schönheit, Intelligenz, Selbstbewusstsein und Leidenschaft nennen. Aber keine Morde oder Folter. Selbst wenn diese Leute keinen Film über sie gesehen haben, hat sich doch ein bestimmtes Bild von ihr in der Gesellschaft festgesetzt :wink:
ROM kann ich dir durchaus empfehlen. Sicher nicht die beste HBO-Produktion, aber doch eine ziemlich gute.

Natürlich kam Cleopatra schon öfter in Filmen vor. Deswegen benannte ich auch nur die m. E. nach einflussreichsten filmischen Aufarbeitungen. Vielleicht könnte man als Nummer drei aber auch noch ihr Vorkommen in ASTERIX & OBELIX hinzunehmen.

Die Frage, die man sich aber stellen kann, ist, ob es überhaupt zwangsläufig die Aufgabe eines Spielfilms sein muss, nüchterne Historizität abzubilden. Ich meine nein. Es ist eben nur eine Möglichkeit von vielen.
 

Woodstock

Verified Twitter Account ☑️
Ich muss Tyler zustimmen. Cleopatra war ein Kind ihrer Zeit und eine Frau in einer Machtposition, welche es damals noch schwerer hatte diese zu erreichen. Man muss einen gewissen Ruf aufbauen und eine bestimmte Sorte Mensch sein, um dies in der Antiker erreicht zu haben. Natürlich kann man jetzt argumentieren, dass es andere Zeiten waren und das solche Praktiken damals "hingenommen" wurden aber heute würden sie aufsehen erregen... Zum Glück.

Ich denke schon, dass Cleopatra nicht nur positiv dargestellt wird. Es gibt heutzutage genügend Serienfiguren welche Gut und Schlecht in sich vereinbart haben und trotzdem Publikumslieblinge waren. Alle ihre Taten werden sie aber sicher nicht zeigen.

Im Übrigen hat HBO's Rome, -so gut es auch war- Cleopatra nicht korrekt dargestellt, so wie vieles andere auch nicht.
 

Tyler Durden

Weltraumaffe
Teammitglied
Argento schrieb:
Die Frage, die man sich aber stellen kann, ist, ob es überhaupt zwangsläufig die Aufgabe eines Spielfilms sein muss, nüchterne Historizität abzubilden. Ich meine nein. Es ist eben nur eine Möglichkeit von vielen.
Es muss keine nüchterne Historizität sein, aber eine historische Person wie Cleopatra gilt als ein bewundernswertes Vorbild (besonders bei Feministinnen), und bei solchen Filmen, die auf realen Begebenheiten basieren, denken die Zuschauer nun mal, dass es die reine Wahrheit ist. Dann sehen sie es als "Beweis", dass Frauen die besseren Herrscher sind.
Ich zitiere: "a woman who was brighter, more intelligent, richer and a better administrator and ruler than the men of her time."
Damit meine ich nicht, dass Männer die besseren Herrscher sind oder waren, sondern dass es unabhängig vom Geschlecht ist. Machtgeile Menschen sind an sich schon gemeingefährlich, egal ob sie männlich oder weiblich, schwarz oder weiß sind. Aus verfälschten Darstellungen von historischen Personen und Ereignissen ziehen die Menschen falsche Schlüsse :wink:

Kennst du zum Beispiel diese christlichen Pilgerromane, von denen es erschreckend viele gibt? Da werden die Leute, die damals aus Europa nach Amerika kamen, als fromme, friedliche Leute dargestellt, die nur durch harte Arbeit und viele Gebete so erfolgreich wurden und in Harmonie lebten. Dass diese vorbildlichen Christen Sklaven hatten, das Land den Ureinwohnern klauten und sie ausrotteten, wird einfach nicht erwähnt. Und die Leserinnen und Leser dieser Bücher sind dann überzeugt, dass früher alles besser war, denn alle waren ja so ehrlich und friedlich und moralisch.
Von einem historischen Buch erwarte ich auch keine nüchterne Darstellung der Fakten, aber die Geschichte so zu verfälschen und das Hässliche als das Gute zu präsentieren, finde ich einfach abscheulich :wink:
 

Argento

Well-Known Member
Tyler Durden schrieb:
Es muss keine nüchterne Historizität sein, aber eine historische Person wie Cleopatra gilt als ein bewundernswertes Vorbild (besonders bei Feministinnen), und bei solchen Filmen, die auf realen Begebenheiten basieren, denken die Zuschauer nun mal, dass es die reine Wahrheit ist. Dann sehen sie es als "Beweis", dass Frauen die besseren Herrscher sind.
Ich zitiere: "a woman who was brighter, more intelligent, richer and a better administrator and ruler than the men of her time."
Damit meine ich nicht, dass Männer die besseren Herrscher sind oder waren, sondern dass es unabhängig vom Geschlecht ist. Machtgeile Menschen sind an sich schon gemeingefährlich, egal ob sie männlich oder weiblich, schwarz oder weiß sind.
Mir wäre neu, dass "Feministinnen" (wer auch immer unter diese ominöse Gruppe fallen mag) Cleopatra romantisieren und sie gar als Vorbild bezeichnen. Mag sein, dass das einige tun, aber unwissende und törichte Personen gibt innerhalb einer jeden Gruppierung.

"Aus verfälschten Darstellungen von historischen Personen und Ereignissen ziehen die Menschen falsche Schlüsse "

Ich sehe das Problem, weiß aber nicht, ob es in der Verantwortung von Kunst liegt, den Menschen die Historie näher zu bringen. Das ist erst einmal die Aufgabe der Geschichtswissenschaft. Kunst hingegen ist erst einmal frei und darf sich auch großzügige Freiheiten beim Erzählen von Geschichten oder Geschichte nehmen.

Muss jede ROBIN HOOD Verfilmung historisch korrekt sein?
Muss jede Darstellung der mexikanischen Revolution in den sogenannten "Revolutionswestern" der Sechzigerjahre korrekt sein und darf nichts verfälschen? Nicht einmal, um mittels älterer geschichtlicher Ereignisse, mehr oder weniger subtil, Kritik an der (seinerzeit) aktualen Politik zu äußern? Wie beispielsweise geschehen in ?QUIEN SABE? von Damiano Damiani.


@Woodstock:
"Im Übrigen hat HBO's Rome, -so gut es auch war- Cleopatra nicht korrekt dargestellt, so wie vieles andere auch nicht."

Völlig richtig. Aber mir ging es darum aufzuzeigen, dass ROM Cleopatra nicht einseitig darstellt und im Zuge dessen stark romantisiert.
 

TheReelGuy

The Toxic Avenger
Ich denke nicht, dass man immer 100% auf die akkurate Darstellung pochen muss. So vieles ist sowieso schon subjektiv gefärbt, bevor es überhaupt vor die Kameras geht. Wie würde beispielsweise ein Franzose Otto von Bismarck darstellen oder ein Deutscher Napoleon? Mal ganz abgesehen von der Intention, die überhaupt hinter der Narrative des Films steht. Die meisten Spielfilme picken sich ja eh nur Details aus dem Leben der dargestellten historischen Persönlichkeit heraus und selbst Dokumentationen sind ja in den seltensten Fällen ohne jegliche vollkommen in ihrer Darstellung.

@Topic
An einer guten und interessanten Verfilmung von "Cleopatra" wäre ich schon interessiert. Habe die "Elisabeth"-Filme jetzt auch nicht gesehen, weshalb ich da nicht weiß, was uns von dem Regisseur erwartet.​
 

Joel.Barish

dank AF
@Topic
Shekhar Kapur ist ein rein visueller Regisseur. Der erste "Elisabeth" hatte eine gute Mischung aus visueller Pracht, guten Darstellern und einem ausgewogenen Drehbuch. Beim zweiten Teil nahm das Schwelgen in Kostümen und Ausstattung eine zu große Rolle ein.

Tyler,
Von deiner zu einseitigen (wir hatten das privat ja schon mal :wink:) Vorstellung dessen, was FeministInnen sind, wie sie denken und was sie wollen, einmal abgesehen, sprichst du durchaus etwas Interessantes an. Wie viel historische Authentizität gehört und/oder passt in einen Unterhaltungsfilm? Wir können wahrscheinlich alle akzeptieren, dass z.B. Darstellungen des europäischen Mittelalters in der Regel ein wenig hübscher und sauberer aussehen, als das wohl der Realität entsprach. Wenn es um konkrete Figuren geht, sollte man immer berücksichtigen, was genau der Film/die Serie mit dieser Figur beabsichtigt. "Der Untergang" geriet ja seinerseits auch arg in die Kritik, weil Hitler ja überwiegend (!) als gebrochener "Bunker-Papa" dargestellt wurde. Nur sind Hitlers eigentliche Taten im öffentlichen Diskurs wesentlich bewusster, bekannter und besser belegt als all die schlimmen Dinge, die Kleopatra vor X Jahrhunderten begangen haben mag. Aber das mag ja auch Teil deines Arguments sein. :smile:
Aber sind nicht nahezu alle Herrscherporträts dieser Art in gewisser Weise hinfällig? Denn gehörte Gewalt bzw. eine strenge Hand zur Absicherung der eigenen Macht nicht fast immer dazu, wenn eine Person über ein großes Reich herrscht? Noch dazu wenn diese Zeit lange zurückliegt und wir da nun mit unseren Rechtsvorstellungen des 21. Jahrhunderts ankommen. Aber grundsätzlich ja, eine einseitige Heroisierung hilft sicherlich wenig, eine Figur kennen zu lernen. Wenn es denn darum geht, das Wesen einer Figur zu ergründen. Was aber, wenn eine Figur eher Repräsentant einer Idee oder eines Ideals ist? Müssen wir in einem Film über Ghandi zeigen, welchen Dreck auch immer er am Stecken haben mag, oder untergräbt das nicht die eigentlich zentrale und wichtige Leistung der Figur? Müssen wir zeigen, dass Martin Luther King ein Fremdgeher und angeblich nicht immer liebevoller Womanizer war, oder dürfen wir uns auf seine friedliche Protestbewegung für die Aufhebung der Segregation konzentrieren? Gleiches gilt für Kennedy.

Und eigentlich müsstest du zeitgleich im "Straight Outta Compton" Thread diese Kritik äußern, Tyler. Denn das ist ja einerseits ein Thema, welches dich (auch) sehr interessieren dürfte und zudem ist der Film - anders als dieser gerade erst angekündigte - schon fertig und wir wissen schon, dass bei SOC einige Details an den Rand oder gänzlich unter den Teppich gekehrt wurden.
 

Argento

Well-Known Member
Eine weitere Frage wäre ja auch, inwieweit Film; respektive Kunst überhaupt ein realistisches Abbild der historischen Realität sein kann. Es liegt auf der Hand, dass unser Wissen immer geringer wird, je weiter wir in der Zeit zurück gehen. Mir missfallen aber auch Filme, die krampfhaft den Versuch unternehmen unser heutiges Wertesystem in das Korsett einer längst vergangenen Epoche zu zwängen.

Edit:
Mein letzter Satz müsste noch um folgendes ergänzt werden, um nicht missverständlich zu sein: "[...] und so zu tun als entspräche es der historischen Wirklichkeit."
 

TheReelGuy

The Toxic Avenger
Ein realistisches Abbild ist, in meinen Augen, unmöglich! Der Drehbuchautor sieht es auf eine Weise, der Regisseur auf eine andere. Dann spielt der Schauspieler die Rolle auf seine Weise und das Studio mischt möglicherweise auch nochmal mit. Letztlich können alle vier Personen die historischen Quellen lesen und zu vier individuellen Bildern derselben Person kommen. Dazu kommt dann auch noch die Weise wie die historischen Quellen die Person überhaupt dargestellt haben. Denn wie wir ja alle wissen, wird die Geschichte ja eh nur von den Siegern geschrieben...

Ein erz-konservatives BioPic über Dschingis Khan wäre bestimmt richtig amüsant... :tongue:
 

Revolvermann

Well-Known Member
Ein realistischer Film wäre insoweit möglich, als das er dem derzeitigen Erkenntnissen der Historiker und Archäologen entsprechen könnte.
Ob das dann unterhaltsam und rentabel wäre, ist eine andere Frage.
Da lobe ich mir z.B. die Serie "Boardwalk Empire" welche sich totz enormen Aufwand traut, eine Welt ohne richtige Identifikationsfigur zu erschaffen. Kaum jemand dort ist nur gut oder nur böse. Zum Vorbild kann man sich aber sicher niemanden nehmen.Das ist zwar etwas Off-Tobic aber ich glaube unter anderem aus dem Grund ist die Show auch immer noch ein klein wenig Geheimtipp. Bzw. hat nie so einen Hype kreiert wie viele andere Sachen.Dabei zähle ich sie aus vielerlei Gründen zu den besten Serien aller Zeiten. Das mal nur so nebenbei.



Edit: Memo an mich: Endlich mal die Elisabeth Filme schauen. Ich erinnere mich, dass ich mal zur Videothek gefahren bin um mir beide auszuleihen. So vor 5 Jahren oder so. Keine Ahnung was ich dann stattdessen mitgenommen habe. :ugly:
 

Tyler Durden

Weltraumaffe
Teammitglied
Joel.Barish schrieb:
Tyler,
Von deiner zu einseitigen (wir hatten das privat ja schon mal :wink:) Vorstellung dessen, was FeministInnen sind, wie sie denken und was sie wollen, einmal abgesehen, sprichst du durchaus etwas Interessantes an.
Ich hätte schreiben sollen "manche Feministinnen". Mir ist schon klar, dass es da unterschiedliche Meinngen nd Radikalitätsgrade gibt. :squint:

Wie viel historische Authentizität gehört und/oder passt in einen Unterhaltungsfilm? Wir können wahrscheinlich alle akzeptieren, dass z.B. Darstellungen des europäischen Mittelalters in der Regel ein wenig hübscher und sauberer aussehen, als das wohl der Realität entsprach. Wenn es um konkrete Figuren geht, sollte man immer berücksichtigen, was genau der Film/die Serie mit dieser Figur beabsichtigt. "Der Untergang" geriet ja seinerseits auch arg in die Kritik, weil Hitler ja überwiegend (!) als gebrochener "Bunker-Papa" dargestellt wurde. Nur sind Hitlers eigentliche Taten im öffentlichen Diskurs wesentlich bewusster, bekannter und besser belegt als all die schlimmen Dinge, die Kleopatra vor X Jahrhunderten begangen haben mag. Aber das mag ja auch Teil deines Arguments sein. :smile:
Ja, Hitlers Taten sind allgemein bekannt, Cleopatras eher nicht.

Aber sind nicht nahezu alle Herrscherporträts dieser Art in gewisser Weise hinfällig? Denn gehörte Gewalt bzw. eine strenge Hand zur Absicherung der eigenen Macht nicht fast immer dazu, wenn eine Person über ein großes Reich herrscht? Noch dazu wenn diese Zeit lange zurückliegt und wir da nun mit unseren Rechtsvorstellungen des 21. Jahrhunderts ankommen. Aber grundsätzlich ja, eine einseitige Heroisierung hilft sicherlich wenig, eine Figur kennen zu lernen.
Es ging mir nicht so sehr darum, Cleopatra für ihren Regierungsstil zu kritisieren (das war in der Tat "normal" unter Herrschern), sondern die Filmemacher für ihre Darstellung. Wenn sie schon im Vorfeld sagen: "a woman who was brighter, more intelligent, richer and a better administrator and ruler than the men of her time", dann wird sie damit einseitig heroisiert, wie du selbst sagst. Und ich meine, Mord und Folter sind keine Kleinigkeiten, die hier unterschlagen werden. Und sie ließ nicht foltern, sie folterte selbst, was ein ganz anderes Licht auf ihren Charakter wirft.

Wenn es denn darum geht, das Wesen einer Figur zu ergründen. Was aber, wenn eine Figur eher Repräsentant einer Idee oder eines Ideals ist? Müssen wir in einem Film über Ghandi zeigen, welchen Dreck auch immer er am Stecken haben mag, oder untergräbt das nicht die eigentlich zentrale und wichtige Leistung der Figur? Müssen wir zeigen, dass Martin Luther King ein Fremdgeher und angeblich nicht immer liebevoller Womanizer war, oder dürfen wir uns auf seine friedliche Protestbewegung für die Aufhebung der Segregation konzentrieren? Gleiches gilt für Kennedy.
Das ist ein interessanter Punkt, aber es kommt auf die Ausmaße der verschwiegenen Untaten an. Wenn herauskommen sollte, dass Ghandi ein Folterer, Martin Luther King ein Vergewaltiger und Kennedy ein hinterfotziger Brudermörder war, dann müsste man das auch zeigen. Fremdgehen ist sicherlich unschön, aber kein Vergleich zu Folter und Mord. Welches Ideal verkörpert Cleopatra? Das Ideal einer gerechten, intelligenten, attraktiven, guten Herrscherin, die gut für ihr Volk war. Aber das war sie höchstens für manche Adeligen, die ihr nicht im Weg standen. Ganz bestimmt nicht für die Sklaven.
Ghandi und King haben wirklich Großes geleistet (bei Kennedy bin ich mir nicht sicher), was genau hat Cleo gemacht?
Ideale kann man auch mit fiktiven Figuren zeigen oder eben mit historischen Persönlichkeiten, die es auch wirklich verdient haben. Ein Ideal auf einer Lüge aufzubauen halte ich für keine gute Idee.

Und eigentlich müsstest du zeitgleich im "Straight Outta Compton" Thread diese Kritik äußern, Tyler. Denn das ist ja einerseits ein Thema, welches dich (auch) sehr interessieren dürfte und zudem ist der Film - anders als dieser gerade erst angekündigte - schon fertig und wir wissen schon, dass bei SOC einige Details an den Rand oder gänzlich unter den Teppich gekehrt wurden.
Mit dem Privatleben von Dr. Dre und Ice Cube kenne ich mich nicht aus. Haben sie Leute getötet und/oder gefoltert? :check: Falls ja, dann sollte das in dem Film natürlich erwähnt werden.
Revolvermann schrieb:
Ein realistischer Film wäre insoweit möglich, als das er dem derzeitigen Erkenntnissen der Historiker und Archäologen entsprechen könnte.
Ganz genau!
 

Argento

Well-Known Member
Tyler Durden schrieb:
Welches Ideal verkörpert Cleopatra? Das Ideal einer gerechten, intelligenten, attraktiven, guten Herrscherin, die gut für ihr Volk war. Aber das war sie höchstens für manche Adeligen, die ihr nicht im Weg standen. Ganz bestimmt nicht für die Sklaven.
Das habe ich ich ehrlich gesagt noch nie in dieser Form gehört. (Natürlich, in der Renaissance wurde die Antike arg idealisiert, aber in den letzten sechzig/siebzig Jahren - und dieser Zeitraum scheint für die heutige Rezeption doch durchaus entscheidend zu sein - wurde sie nicht dergestalt idealisiert. Ich bin mir nicht einmal sicher, ob sie jemals das Sinnbild für eine gerechte Herrschaftspraxis war)
Cleopatra verkörpert das Ideal einer gerechten und guten Herrscherin? Auf der Grundlage von was genau, kommst du zu diesem Urteil?
 

Tyler Durden

Weltraumaffe
Teammitglied
So als Beispiel: Eilsabeth Bronfen (Anglistik-Professorin und Kuratorin der Kleopatra-Ausstellung) sieht in Kleopatra ein feministisches Vorbild.
Und auch andere sehen in ihr eine bewundernswerte Politikerin und Herrscherin.
Wenn Bronfen uns auffordert, Kleopatra einer «Re-imagination» zu unterziehen, wird ihr Wunsch erkennbar, dass Kleopatra auch als
feministisches Vorbild gesehen werden soll, als Frau, die «Intellekt, Autorität und Ehrgeiz mit Glamour» vereint. Die Pharaonin quasi als Vorbild für Nachwuchspolitikerinnen und als Apotheose der harten Managerin. Eigenständigkeit, Kompetenz und Durchsetzungskraft sind dabei haupt-, Äusserlichkeiten hingegen nebensächlich.
In den 2000er-Jahren folgte die wegweisende New Yorker Ausstellung «Cleopatra, Queen of Egypt». Sie zeigte die Pharaonin aus
«feministischer oder postfeministischer Perspektive», wie Ausstellungsmacherin Susan Walker gegenüber der «New York Times»
erklärte. Eine Perspektive, die im Vergleich zu früheren Ansichten für Kleopatra «sehr vorteilhaft» sei. Harvard-Dozentin Mary Hammer, die einen Essay zum Ausstellungskatalog beisteuerte, sagte: «Es ist die schiere Erleichterung, nun sagen zu können: Vergesst all das Zeug über Sex und Liebe. Hier ist eine fähige Regentin und bewundernswerte Organisatorin, hochintelligent und sprachgewandt.»
Ein weiterer Text, der zur Stilisierung Kleopatras zur feministischen Ikone beitrug, ist Stacy Schiffs Biografie «Kleopatra. Ein Leben», die vor einem Monat in deutscher Übersetzung erschienen ist. Die amerikanische Pulitzerpreisträgerin zeigt in ihrem 400-seitigen Bestseller, der zwischen Sachbuch und Literatur changiert, einerseits eine harte, kluge, charismatische und auch witzige Herrscherin. Andererseits erscheint Kleopatra in Schiffs Buch als nur mässig schöne Frau. Auch Schiff will ihre Leserinnen und Leser von den Äusserlichkeiten ab- und zum bewunderten politischen Geschick hinlenken
Hier kannst du einen Artikel dazu lesen:
http://www.tagesanzeiger.ch/kultur/buecher/Die-neue-Ikone-des-Feminismus-/story/20458635
 
Oben