Man muss die Oscars aber auch nicht mit aller Macht zu etwas machen, was sie nunmal nicht sind. Die sollen nicht zu einer Tralala-Parade mit "Fame=Win" Quote verkommen, wie es die meisten anderen Preise mittlerweile sind. Ganz besonders natürlich die MTV Movie Awards, die irgendwann mal cool waren, für die sich aber jetzt keine Sau mehr interessiert, wenn nicht Lady Gaga, Rihanna und sonstwer einmal über die Bühne hüpfen. In einem gewissen dehnbaren Rahmen darf man dann auch durchaus mal an Traditionen festhalten, denn noch haben die Oscars für genügend Leute Relevanz. Über die Gewinner lässt sich - wie immer eigentlich - ausgiebig streiten, aber dass insbesondere kleine Filme wie zuletzt "Winter's Bone" und "Blue Valentine" durch Festivals wie Sundance oder Cannes und die Oscars als finale Bestätigung profitieren, sollte beachtet werden.
Außerdem darf man durchaus verlangen, dass man sich ein bisschen die Mühe macht und versucht zu verstehen, wie die Academy tickt. Das hat zwar immer den Hauch eines universellen Preises, der allgemeingültigen Geschmack repräsentiert, aber 1.) kanns das gar nicht geben und 2.) wird bei näherem Hinsehen durchaus deutlich, dass das nicht der Fall ist. Nicht-amerikanische (oder eher nicht-englischsprachige) Filme haben schon mal annähernd keine Chance. Und auch reine Unterhaltungs- bzw. Genrefilme haben es schwer. Das kann man jetzt total beschissen finden, aber so ist es halt. In ihrer bisweilen störenden Ignoranz fährt die Academy immerhin zumeist eine klare Linie und bewahrt sich so wenigstens einen Rest Glaubwürdigkeit. Dass es z.B. in den 70ern deutlich besser, weil globaler und mutiger zuging, darf aber auch angemerkt werden.
Kein Oscar-Gewinner hält sich nach dem Gewinn tatsächlich für den total besten Darsteller/Regisseur/Schreiber des Jahres, außer vielleicht James Cameron.
Wenn ~ 6000 Leute per kompliziertem Wahlsystem irgendwie zu einer Konsensentscheidung kommen, ist es eben auch nur das: Eine Konsensentscheidung. Welcher Film, welche Darstellung findet am ehesten weitreichenden, allgemeinen Anschluss. Das Jury-System von Festivals ist da für das einzelne Jahr etwas besser, weil professioneller und weitsichtiger, wird aber jedes Jahr ausgetauscht und kann daher gar nicht diese klare Linie und Konstanz so aufrecht erhalten, wie die Academy, die als personell unauffällig nach und nach erneuerte Institution durchaus funktioniert.
"Fast Five" hätte - ich habe ihn nicht gesehen - eventuell Chancen in den Ton-Kategorien, vielleicht beim Schnitt und wenn die FX-Gruppe die Nase voll hat von CGI, dann werden vielleicht auch mal wieder praktische Effekte mit einer Nominierung bedacht. Sollte Vin Diesel tatsächlich (und ernsthaft) mehr als technische Würdigung erwarten bzw. fordern, ist er entweder nicht mehr ganz beisammen oder er hat schlicht und ergreifend nicht kapiert, wie der Hase beim Oscar zu laufen hat. Der Oscar ist nicht für jeden Film eines Jahres. Ja, alles redet meist nur über den Oscar, aber es gibt ja durchaus Preise für Genre-Filme (z.B. der Saturn-Award) oder Stunt-Leute (wie hier schon erwähnt) - es liegt an den Fans dieser Filme, wenn ihnen etwas an Preisverleihungen, sprich offiziellen Würdigungen liegt, diese aufzunehmen und bekannt(er) zu machen. Der Oscar muss nicht zwanghaft seine Pforten für alles und jeden öffnen, denn irgendwann ist die Nominiertenliste nur noch ein großes Kuddelmuddel aus widersprüchlichen Gruppierungen und Interessen, aber ohne Relevanz.
Dass es immer die gleichen Filme sind, die um den Oscar in den Hauptkategorien kämpfen (King's Speech<->No Country for old Men<->Slumdog Millionär<->The Departed...???), ist ja auch so eine typische Verallgemeinerung. Ja, in einem gewissen Rahmen (mit Ausnahmen) lassen sich einige Filme vergleichen, aber dieser Rahmen ist dehnbar und außerdem notwendig, wie hier schon erläutert. Dass manche Filme schon im Trailer nach Oscar schreien und auch nur dafür gedreht wurden, möchte ich nicht abstreiten. Das klappt aber auch nicht immer ("Betty Ann Waters") und ist außerdem nicht unbedingt ein Indiz für einen schlechten Film ("The King's Speech").
Die Verringerung der Kategorien kann ich nachvollziehen. Ja, Stunt-Ensemble bzw. -Coordinator könnte man machen, würde ich mich gar nicht mal beschweren. Es müssen sich dann aber mehrfach einige würdige Filme anbieten. Außerdem, wenn wir mal in die nicht all zu ferne Zukunft blicken, müssen bald wahrscheinlich die Kategorien Kamera, Ausstattung und Kostümdesign wieder zweigeteilt werden, wie damals, als es das jeweils für Farb- und Schwarz-Weiß-Filme gab. Bald, fürchte ich, gibt es das für Realfilme und Computeranimation. Siehe "Avatar".