Pi - System im Chaos (BG-Film der Woche vom 04.-10.09.2017)

Joel.Barish

dank AF
So, gestern gesehen. Grundsätzlich ein mehr als faszinierendes Debüt, aber auch mit einigen Debütantenkrankheiten, wenn man das so nennen darf. Ich war überrascht wie klar die Paranoia Visionen doch als solche zu erkennen und abzugrenzen waren. Hatte das verworrener in Erinnerung. Die Metapher mit dem Gehirn ist mir dann etwas zu plump, aber grundsätzlich ganz okay ... bis zur Szene mit dem Waschbecken, die komplett ins Alberne abdriftet. Aronofskys stilistische Spleens mit Snorri Cam, Wiederholungen von ECUs und überstilisiertem Sounddesign in Verbindung mit Clint Mansells Musik sind schon ziemlich selbstbewusst und zumeist wirkungsvoll integriert. Allerdings sind einige Dialogszenen, insbesondere mit der Wall Street Frau, etwas unglücklich eingefangen und montiert. Gegen Ende entgleitet es Aronofsky ein wenig, denn da würde ich Clive zustimmen, dass die Zuspitzung der beiden Verschwörergruppen - ganz egal wie sehr die Wirkung Max' Geisteszustand geschuldet war - überambitioniert und oberflächlich wirkt.

Was genau der Film kommuniziert ist aber natürlich interessanter. Ich hatte ja das (aus meiner Sicht) Kernthema in Aronofskys Schaffen angesprochen; der Mensch auf der Suche nach Perfektion und Transzendenz, leidend unter dem Drang dieser Suche und dem eigenen Genie bzw. Genie-Anspruch. Und ja, :smile:, das ist hier schon in voller Blüte zu finden. Interessant fand, dass Aronofsky trotz zunehmend abstrakter Konzepte (Computerintelligenz, der wahre Name Gottes) und der konfusen Psyche seiner Hauptfigur ziemlich bodenständig bleibt. Ähnlich wie z.B. jüngst "The Discovery" und dadurch ganz anders als ein David Lynch versucht Aronofsky abstrakte Konzepte durch reale, rational beleg- und erfahrbare Phänomene verständlich machen.
Egal wie wir den vermeintlich göttlichen Computerkurzschluss und Max' angebliche Gott-Erfahrung am Ende deuten, schien mir Max ja nicht unbedingt als religiöse Figur konzipiert. Gegenüber Lenny Meyer sagt er ja auch, er sei als Jude nicht praktizierend. Er ist ein rationaler Mensch, Mathematiker, Wissenschaftler, auf der Suche nach Beweisen höherer (transzendenter) Muster, höherer Vorgänge. Max kann nicht glauben, er muss wissen - bis dieses agnostische Wissenschaftsgenie (Lenny betont ja, er sei "DER Max Cohen", also recht bekannt/berühmt) am Ende nach einer wie auch immer gearteten Erfahrung eine Entscheidung bzgl. Wissen und Unwissenheit trifft.

Clive77 schrieb:
finden sich da eine Menge Parallelen zu anderen Filmen, wobei bei mir da direkt ein David Lynch (Eraserhead) am deutlichsten drin zu sein scheint, wenn auch nicht wirklich so mindfuckig, wie es bei Lynch der Fall ist.
Der Vergleich ist naheliegend, aber er passt meiner Meinung nach nicht, da Lynch und Aronofsky in gänzlich verschiedene Richtung unterwegs sind. Aronofsky versucht das Jenseitige mit der Realität zu verknüpfen, während sich Lynch in der Regel von der Realität wegbewegt, hin zu einer eher Sinn-gesteuerten Erfahrungswelt jenseits des kognitiv Rationalem. :check:
Clive77 schrieb:
aber das stellenweise doch sehr körnige Bild wäre in meinen Augen nicht nötig gewesen.
Na ja, der Film hat angeblich nur 60.000$ gekostet, da muss man gewisse Abstriche bzw. Einschränkungen beim Bildmaterial machen. Das meinte ich bzgl. S/W und "kaschieren", weil man eben nicht viel Geld zur Verfügung hatte, nicht oft wiederholen konnte, die Zeit nicht so sehr mit Ausleuchten verbringen wollte/musste. Ich hatte den Film zuvor immer auf DVD gesehen, gestern aber aus Bequemlichkeit bei Netflix geklickt. Und das "HD" verstärkt den Eindruck der "ungewöhnich starken" Körnung noch.
 

Clive77

Serial Watcher
Joel.Barish schrieb:
Clive77 schrieb:
finden sich da eine Menge Parallelen zu anderen Filmen, wobei bei mir da direkt ein David Lynch (Eraserhead) am deutlichsten drin zu sein scheint, wenn auch nicht wirklich so mindfuckig, wie es bei Lynch der Fall ist.
Der Vergleich ist naheliegend, aber er passt meiner Meinung nach nicht, da Lynch und Aronofsky in gänzlich verschiedene Richtung unterwegs sind. Aronofsky versucht das Jenseitige mit der Realität zu verknüpfen, während sich Lynch in der Regel von der Realität wegbewegt, hin zu einer eher Sinn-gesteuerten Erfahrungswelt jenseits des kognitiv Rationalem. :check:
Ja, da stimme ich zu. Die Richtungen sind grundverschieden. Wobei ich mich natürlich jetzt nur auf diesen Film aus Aronofskys Werken beziehe und nicht auf seine folgenden Filme. Dennoch würde ich meinen, dass so Dinge wie der unzuverlässige Erzähler und die "Kopfschmerz-Szenen" doch recht Lynchig wirken. Und der Look des Ganzen erinnerte mich halt verstärkt an Eraserhead (auch wenn beide Filme grundverschieden sind).

Joel.Barish schrieb:
Clive77 schrieb:
aber das stellenweise doch sehr körnige Bild wäre in meinen Augen nicht nötig gewesen.
Na ja, der Film hat angeblich nur 60.000$ gekostet, da muss man gewisse Abstriche bzw. Einschränkungen beim Bildmaterial machen. Das meinte ich bzgl. S/W und "kaschieren", weil man eben nicht viel Geld zur Verfügung hatte, nicht oft wiederholen konnte, die Zeit nicht so sehr mit Ausleuchten verbringen wollte/musste. Ich hatte den Film zuvor immer auf DVD gesehen, gestern aber aus Bequemlichkeit bei Netflix geklickt. Und das "HD" verstärkt den Eindruck der "ungewöhnich starken" Körnung noch.
Habe den auch auf Netflix gesehen. Clerks - der übrigens weniger als 30.000 Dollar gekostet hat - bekam allerdings trotzdem ein besseres Bild und hatte ähnlich wenig Kulissen/Schauplätze zur Verfügung. Von daher würde ich schon meinen, dass die Körnung unnötig war, selbst mit Blick auf das Budget.

Ansonsten volle Zustimmung.
 

TheRealNeo

Well-Known Member
Gedreht wurden aber zumindest beide auf 16mm. Vielleicht hat man bei CLERKS im Nachheinein noch mehr aus dem Material holen können bzw. bessere Drehbedingungen gehabt.

Allerdings sind einige Dialogszenen, insbesondere mit der Wall Street Frau, etwas unglücklich eingefangen und montiert.

Diesbezüglich ist der Audiokommentar ganz interessant, wo er genau auf diese Szene hinweist und sich entschuldigt, da er beim Dreh so sehr auf die Kamera usw fixiert war und man dann beim Schneiden irgendwie noch versucht hat die Szene sinnvoll zu montieren.

#
Den Vergleich mit ERASERHEAD liest man ja in Verbindung mit PI öfters, und mit TETSUO: THE IRON MAN von Shin’ya Tsukamoto. Kennt den jemand?
 

Clive77

Serial Watcher
TheRealNeo schrieb:
Gedreht wurden aber zumindest beide auf 16mm. Vielleicht hat man bei CLERKS im Nachheinein noch mehr aus dem Material holen können bzw. bessere Drehbedingungen gehabt.
Ich denke eher, dass die Körnung hier absichtlich zugefügt wurde, um die "Probleme" der Hauptfigur auf der Meta-Ebene zu präsentieren. Vielleicht auch - wie Joel meint - um ein wenig zu kaschieren.

TheRealNeo schrieb:
Den Vergleich mit ERASERHEAD liest man ja in Verbindung mit PI öfters, und mit TETSUO: THE IRON MAN von Shin’ya Tsukamoto. Kennt den jemand?
Tetsuo habe ich vor Jahren mal gesehen. Jetzt, wo du den erwähnst, könnte ich auch nachvollziehen, weshalb der zum Vergleich herangezogen werden könnte. Aber während Pi und auch Eraserhead vergleichsweise tief(er)gründig wirken, hat Tetsuo keinen solchen Eindruck auf mich hinterlassen. Ziemlich viele krasse Szenen, ja. Aber viel weiter ging es dann auch nicht. :unsure:
 

Joel.Barish

dank AF
"Pi", "Eraserhead" und "Tetsuo" (gerne auch "Begotten") werden gerne mal gruppiert und gemeinsam genannt, was ich verstehen kann, aber wie angesprochen im Detail eher hinderlich finde. "Tetsuo" ist halt ein ziemlich bizarrer Fetisch-Film und er ist selbst für japanische Verhältnisse ziemlich bizarr. Aber er funktioniert besser, wenn man von Tsukamotos Schaffen noch ein, zwei andere Sachen kennt; in meinem Fall z.B. "A Snake of June", der besser erkennen lässt was das alles soll.

Aber mal zurück zu "Pi" (und wo ist der Rest der "BG Film der Woche" Thread-Teilnehmer ... :nene: )
- Was will uns der Film über Wissenschaft, Genie und Gott/Religion sagen?
- Wie fassen wir Max' Entscheidung am Ende auf?
- Hat Aronofsky zu viel "Phase IV" geguckt?
 

Tyler Durden

Weltraumaffe
Teammitglied
Ich habe den Film schon ein paar Mal gesehen, aber das ist schon einige Jahre her und ich kann mich an die Details nicht mehr erinnern. Um hier wirklich mitreden zu können, müsste ich den Film auffrischen, was ich auch tun werde.
 

Revolvermann

Well-Known Member
Es ist doch erst Freitag. Vielleicht kommen ein paar User erst jetzt am Wochenende dazu den Film zu schauen.
Übrigens fänd ich es auch nicht schlimm, falls jemand erst später dazu kommt, trotzdem noch seine Meinung hier zu posten.

Hab mir jedenfalls eben "Pi" gegeben.
Ich finde schon, dass man bereits ein paar typische Aronofsky Trademarks zu sehen bekommt. Wenn auch noch recht roh. Vor allem im letzten Drittel. Allgemein hat der Film einen recht schnellen Schnitt. Was in dem Sinne positiv ist, das die recht kurze Laufzeit einem nicht zu kurz vorkommt. Allerdings hier und dort, wie Joel bereits anmerkte, recht holprig wirkt.
Das grobkörnige Schwarz/Weiß Bild vermittelt schon eine Art Zeitlosigkeit. Wenn man kein Geld hat, ist "Film" der einzige Special Effect - sagte Nolan mal, der übrigens im selben Jahr sein Debüt auf die Welt losließ. Leider macht die so unüberhörbar in den End-90ern verhaftete Digital-Drum-basierende Technomusik das zeitlose Bild fast wieder wett.
Ich fand Clives Auswahlfilm übrigens eine super Wahl. Gerade weil ich den noch nicht kannte und ich mich mit Low/No Budget Debütfilmen immer etwas schwer tue. Sieht man doch oft in Ansätzen bestimmte handwerkliche Fähigkeiten, die man vom selben Regisseur einfach schon viel besser, ausgearbeiteter gesehehn hat. Der Film wird dann oft aufgrund der Originalität und des Einschlags zu seiner Zeit, gefeiert. Zurecht. Sieht man allein schon daran, dass dieser Film trotz seiner Winzigkeit in Produktion und Vermarktung, für den allgmeinen Filminteressierten auch heute noch kaum übersehbar ist.
Unübersehbar in Zusammenhang mit einem Regisseur heißt aber eben nicht unübertroffen.
Zum Inhalt muss man sagen, dass hier in gewisser Form ein recht alter Traum dem Drehbuch zugrunde liegt. Der Traum von der Weltformel, der so einige Wissenschaftler seit Ewigkeiten nachjagen.
Hier spieziell manifestiert in reiner Mathematik (in Zusammenhang mit der Zahl PI, die hier aber überraschenderweise gar keinen definitiven Raum einnimmt).
Aronofsky widmet sich ausgiebig der Mustererkennung. Etwas, dass der Mensch jedem anderen Lebenwesen auf dem Planeten voraus hat. Wir sind nicht die einzigen, aber mit Abstand die besten im Erkennen von Mustern.
Das ist extrem nützlich und die Natur bzw. unser Gehirn belohnt uns kräftig dafür. Das kann ein mitunter Lebensverändernder Aha-Effekt sein.
Schön in einigen Szenen auch visualisiert. Z.B. in der Nahaufnahme der Anzeige, auf der Aktienkurse in Laufschrift angezeigt werden. In der Nahaufname sind es bloß kleine LED Lämpchen die sich willkürlich an- und ausschalten. Aus einiger Entfernung aber auf einmal Muster, Zahlen und Informationen erkennen lassen.
Leider belohnt uns die Natur aber auch für fehlerhafte Mustererkennung. Frühmenschen sahen Muster in den Sternen. Meinten Tiere und andere Sachen zu erkennen und leiteten daraus bestimmte Begebenheiten ab.
Manche Leute sehen Muster in unauflösbaren Zufällen. Wodurch Angst, Verschwörungen und Paranoia entstehen können. Manche Menschen sind der Meinung Religionen sind ein Produkt falscher Mustererkennung. Was, wie ich finde, die Zusammenführung in dieser Geschichte noch interessanter macht. Den Effekt von einer bestimmten Zahl verfolgt zu werden, gibt es natürlich wirklich. Fast jeder hat das beispielsweise schonmal mit einem Wort erlebt. Man hört ein neues Wort und plötzlich hört man es überall. Wenn das jemanden interessiert empfehle ich "Bader-Meinhof-Phenomenon" zu googeln.
So etwas geschieht hier mit Maximillian. Natürlich in extremer Form. Er entwickelt Paranoia und Wahnvorstellungen. Er fliegt zu nah an die Sonne. Sieht Muster, wo keine sind. Genau das,wovor ihn sein Mentor gewarnt hat. Es war übrigens komisch zu sehen, dass Mark Margolis auch vor 20 Jahren schon aussah wie 70. :ugly:

Jedenfalls fand ich "PI" sehr sehenswert und voll interessanter Denkanstöße. Auch wenn es insgesammt wohl kein Film "zum warm werden ist". In seiner ganzen Machart ein wenig anstrengend.
 

Tyler Durden

Weltraumaffe
Teammitglied
Ich habe mir den Film nun noch einmal angesehen und fand ihn diesmal sogar noch besser als damals. Ich würde sogar sagen, das ist Aronofskys bester Film neben Requiem for a Dream.
Max fürchtet sich vor der chaotischen Welt und sucht deswegen nach Mustern, die eine beruhigende Ordnung, einen Sinn erkennen lassen. Obwohl Max ansonsten ein sehr rationaler Mensch ist, verliert er den Bezug zur Realität. Die Parallele zur Religion und zu den Verschwörungstheorien ist offensichtlich. Wie sein Mentor schon richtig sagt: Wenn er nach einer bestimmten Zahl sucht, wird er sie auch überall finden, eben weil er sich darauf fokussiert.
Joel.Barish schrieb:
Mit "The Wrestler" und "Black Swan" hat Aronofsky im Prinzip zweimal denselben Film gemacht, was die Vermutung zulässt, dass er regelmäßig zu Kernthemen zurückkehrt - und mit diesen angefangen hat. In Worte gefasst: Menschen auf der Suche* nach mentaler oder performativer Perfektion.
Und ich würde sagen, dass sein Kernthema Obsessionen sind. In Pi war es die Mathematik, in Requiem der Konsum von Drogen (und Fernsehen), in Fountain ein Mittel gegen Krebs, in Black Swan das Ballett, in Wrestler das Wrestling. Seine Figuren klammern sich in ihrer Verzweiflung so stark an bestimmte Dinge oder Tätigkeiten, dass sie den Bezug zur Realität verlieren und schließlich daran zerbrechen.
Clive77 schrieb:
Denn im Grunde genommen bleibt die Geschichte doch sehr übersichtlich und stellt inhaltlich ein paar sehr interessante Verbindungen zwischen Mathematik, Religion und Natur her (drei Themen, die normalerweise so gut wie nix gemeinsam haben).
Einspruch. Mathematik beschreibt die Natur, nur auf einer sehr abstrakten Ebene. Zum Beispiel beschreibt die Zahl Pi das Verhältnis des Umfangs eines Kreises zu seinem Radius. Die Menschen haben die Kreisform und auch die Zahl Pi nicht erfunden, sondern entdeckt, und das Gleiche gilt für den Goldenen Schnitt, die Spiralen etc. Selbst die einfachsten Rechenarten beschreiben letztendlich die Vorgänge in der Natur - ein Eichhörnschen hat schon 5 Nüsse versteckt und findet zwei weitere, also hat es jetzt 7 Stück usw. Oder wie die Masse eines Objekts mit seinem Volumen und seiner Dichte zusammenhängt. Oder das Muster bei der Zellenteilung. Ohne Mathematik lässt sich fast nichts in der Natur beschreiben.
Sie ist definitiv eine Naturwissenschaft, auch wenn es viele nicht glauben wollen.

Ab und an wird der Bogen da zwar etwas überspannt (wenn sein Computer beispielsweise eine eigene Intelligenz entwickelt haben soll) und gegen Ende driftet es mit den beiden großen Verschwörergruppen doch etwas ins eher gewöhnliche Hanebüchene ab, aber da man sich tatsächlich nicht vollends auf den Erzähler verlassen kann, geht das irgendwo auch in Ordnung.
...
Mich hat da übrigens auch ein wenig das undefinierbare Ungetüm, wie Joel es nennt, gestört. Wenn da jetzt alles zum Computer gehört hätte, okay, kein Problem. Aber da waren auch zahlreiche Bildschirme ohne irgendeine Funktion und die Hauptelemente (Platine mit Chip, der eine Monitor da, die Tastatur und vielleicht noch der Drucker) hätten an sich ausgereicht (und zudem wahrscheinlich auch ein realistischeres Bild abgegeben). Auf der anderen Seite kann dieser ganze Wirrwarr natürlich auch dem Bewusstsein der Hauptfigur geschuldet sein, keine Ahnung.

Eben. Der Erzähler ist völlig unzuverlässig und solche surrealen
Elemente gehören für mich zum Markenzeichen von Aronofsky. So wie der
Kühlschrank in Requiem for a Dream oder bestimmte Szenen in Black Swan.

Der Titel ist übrigens irreführend. :biggrin: Mit "Pi" hat die Geschichte nur wenig zu tun, auch wenn es mit Sicherheit eine der interessantesten Zahlen ist, die die Mathematik zu bieten hat.
Ich finde den Titel sehr passend. Pi ist nicht nur eine der großen "Naturzahlen", sondern (soweit ich weiß) die einzige bekannte unendliche Zahl, die einen natürlichen Zustand/Vorgang beschreibt und keinerlei Muster nach dem Komma aufweist. Normalerweise haben die unendlichen Zahlen ein Muster, sprich kurze oder lange Zahlenfolgen, die sich wiederholen. Zum Beispiel 1,666666.... oder 2,161616... oder 5,324324324... oder 4,625162516251 usw. Manchmal sind es sehr lange Stücke, die sich wiederholen, aber bei Pi wiederholt sich überhaupt nichts. Kein Muster erkennbar, reines Chaos. Das ist ein unerträglicher Gedanke für Max, also sucht er nach dem Muster.
 

Clive77

Serial Watcher
@Tyler:

- Den Blickwinkel mit den Obsessionen würde ich teilen, obwohl ich da auch Joel nicht widersprechen würde. Denn die Suche nach "Perfektion" lässt sich auch gut als Obsession betrachten.

- Was Mathematik angeht: Die betrachte ich eher als ein Werkzeug der Naturwissenschaften. Biologie, Chemie und Physik sind eigentlich die Fächer, die sämtliche Vorgänge in der Natur beschreiben und verstehen (wollen) - also, wo man auf die Natur blickt und schaut, wie es sich bewegt (Biologie), eine Reaktion erfolgt (Chemie) oder nichts funktioniert (Physik). :biggrin: Mathematik ist da "nur" ein Hilfsmittel, welches man aber auch universell für nicht-natürliche Vorgänge gebrauchen kann. Kurz und knapp: Auch wenn Natur sich nicht ohne Mathe beschreiben lässt, so kann Mathe sehrwohl alleine dastehen, ohne explizit natürliche Vorgänge zu benötigen. Von daher ja, "nix gemeinsam" war meinerseits blöd formuliert. Andererseits aber wieder auch nein, weil Mathe für sich meistens abstrakt wirkt und damit eben nicht natürlich wirkt.
Faszinierend am Film ist eben, dass er sich mit den Schnittmengen beschäftigt, die alle drei Themen vereinen.

- Den Titel fand ich halt irreführend, weil die Zahl, in der es im Film geht, eine ganz andere als "Pi" ist. Dein Argument ist natürlich gut. Aber da hätte man halt auch die Eulersche Zahl oder sowas (= jede andere irrationale Zahl) nehmen können. Gibt da schon noch einige, die ohne wiederholende Zahlenfolge nach dem Komma existieren (und unendlich sind). Wenn man den Wahnsinn auf die Spitze hätte treiben wollen, hätte sich womöglich auch i (die Wurzel aus -1) angeboten, die sich nur durch ihren symbolischen Wert beschreiben lässt, aber trotzdem ein nicht zu unterschätzendes Hilfsmittel darstellt. Man denke nur mal an die Eulersche Formel, womit man im Prinzip auch wieder beim Kreis wäre... und letzten Endes vermutlich auch um "Pi" wieder nicht herum käme... :wacko:
 

Tyler Durden

Weltraumaffe
Teammitglied
Moment, aber du redest jetzt doch von irrationalen Zahlen. Und ich sagte, dass es keine andere natürliche Zahl als Pi gibt, die dermaßen chaotisch und ohne Wiederholung ist. Kannst du mir eine konkrete natürliche Zahl nennen, die dem widerspricht? :smile:
Als ich von natürlichen Zahlen sprach, meinte ich das wirklich wortwörtlich :wink:
 

Clive77

Serial Watcher
Pi ist irrational.
Und wenn du "natürlich" jetzt als wortwörtlch nehmen willst (weil Kreise in der Natur vorkommen?), probier' doch mal mal die Diagonale eines Quadrats (dürfte ebenfalls in der Natur vorkommen) mit der Seitenlänge 1 zu berechnen.... :wink:
 

Tyler Durden

Weltraumaffe
Teammitglied
Das ist wieder etwas anderes. Bei dem Quadrat wäre es die Länge, was man leicht ändern kann, indem man sie z.B. in Zoll umrechnet. Bei Pi ist es aber das Verhältnis, also unabhängig von der Maßeinheit :wink:
 

Clive77

Serial Watcher
Einspruch: Setze die Seitenlänge eines jeden Quadrats ins Verhältnis mit der Diagonalen und du hast immer den Faktor Wurzel 2 dabei. ( Diagonale = Seitenlänge * Wurzel aus 2; ähnlich wie beim Kreis der Umfang immer gleich 2 * Pi * Radius bzw. Pi * Durchmesser ist). :wink:
 

Jay

hauptsache bereits gesehen
Teammitglied
Mussten wir ausgerechnet mit Pi starten*? :ugly: Vielleicht werde ich altweich, aber das ist so ein anstrengender Film. Ja, gibt einiges her, aber der gehört für mich wirklich zu der Sorte einmal sehen lohnt, zweite Runde nur wenns echt sein muss. Guter Film, ja, aber kein gutes Erlebnis.

Also. Aronofsky weiß seine Budgetlimitierungen hier geschickt zu nutzen. Keine Farben, enge Bilder, weniger Darsteller, wenige Mittel: hey, das passt ideal zum Thema Obsessionen und Wahnsinn. Wer Kafka mag, muss den Film lieben. Das Script baut sehr effektiv aufeinander auf, der Protagonist ist passend und glaubhaft besetzt, die vielen in your face Aufnahmen stacheln das ganze wirkungsvoll weiter an. Cohens (ob der verrückte Cohen aus Bioshock von diesem namensinspiriert ist?) Sinnsuche und wachsende Paranoia fesselt und es gelingt Aronofsky, das eigentlich trockendröge langweilige Thema der Mathematik (nur Wahnsinnige würden sowas studieren @ Tyler :biggrin:) clever zu nutzen. An einigeni Fragen des Films ist was dran.

Joel.Barish schrieb:
Aber mal zurück zu "Pi" (und wo ist der Rest der "BG Film der Woche" Thread-Teilnehmer ... :nene: )
- Was will uns der Film über Wissenschaft, Genie und Gott/Religion sagen?
- Wie fassen wir Max' Entscheidung am Ende auf?
- Hat Aronofsky zu viel "Phase IV" geguckt?

zu 1 - vielleicht, dass der Durst danach, alles wissen und verstehen zu wollen unnötig bzw. schädlich ist? dass Wissenschaft und Religion in vielerlei Sicht ähnliche Böden haben?
zu 2 - er macht das ja in erster Linie wegen seiner steigenden Kopfschmerzen, die Begleiterscheinung oder Konsequenz seiner Suche sind. Also handelt er zum Schluss quasi egoistisch?
zu 3 - auf jeden Fall hätte man ihn in seiner Kindheit öfter mal in den Arm nehmen sollen, glaub ich. Wobei, dann wär er heut nicht mit Jennifer Lawrence zusammen.

Randbeobachtung: Hector Salamanca :biggrin:
Randbeobachtung 2: der spielt ja anscheinend in allen Aronofskys mit...
 
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