Das finde ich bei der Rocky-Serie sehr schwierig, da sie eben in völlige verschiedene Richtungen auseinanderdriftet. Der erste ist halt ein klassisches Liebesdrama, der vierte krawallige Popcorn-Action im 80er-Stil - wie um Himmels Willen soll man das bewerten und/oder einordnen?

Da kommt es auf die Tageslaune an. Da passen am ehesten noch Teil 1+2+6+Creed zusammen und 3+4, Teil 5 - den ich gar nicht so beschissen finde - hängt irgendwo dazwischen.
Grundsätzlich, und das war ja die ursprüngliche Frage von Jay, finde ich aber nach wie vor Rocky Balboa besser als Creed, da letzterer im Grunde die Aufsteigerstory von Rocky und ähnlichen Filmen lediglich sehr gut variiert, aber letztlich nichts neues hinzuzufügen hat und bei den gängigen Motiven bleibt. Dass das gut gemacht ist und hervorragend funktioniert, darüber braucht man nicht zu diskutieren, aber im Grunde ging man da kein Risiko ein und ich sehe große Probleme für einen zweiten und etwaigen dritten Film, wenn Stallone nicht mehr dabei sein kann, oder die Autoren ihn nicht haben wollen. Denn ohne hin und ohne diese Backgroundstory, die seine Figur mitbringt, und die er grandios transportiert, muss schon einiges passieren, damit auch die Sequels funktionieren.
Rocky Balboa war anders - klar variiert der auch gängige Mechanismen, doch schon die Tatsache, dass die Boxerei da nicht so stark im Vordergrund steht wie bei Creed, ist ja schon ein Hinweis, dass man hier stärker zu den Wurzeln zurückkehrte. Doch dazu ist ein ~60-jähriger Hauptcharakter mit all den dazugehörigen Problemen was anderes als ein hipper und junger Hauptdarsteller. Balboa hat für mich - und das sage ich, obwohl mich Creed wirklich sehr positiv überrascht hat - mehr Herz, mehr Seele als das Spin off, und ich finde Stallone darin auch mindestens so gut wie in Creed. Die Szene vor Gericht, einige Momente mit Paulie, das Gespräch mit seinem Sohn .... das kann man mit der Figur einfach nicht besser spielen.
Vielleicht ist Creed dramaturgisch sogar ausgewogener als Balboa, dem ich wesentlich mehr Laufzeit gewünscht hätte, da wird einiges leider nur angeschnitten, manches vermisse ich da stark. Aber das kann er auch nur sein, weil er weniger wagt. Alleine schon die grundsätzliche Ausgangssituation ist bei Balboa gewagter, weil es viel schneller nach hinten losgehen kann. Den Mut, Adrian sterben zu lassen, dann die Fast-Lovestory mit dem Mädel von einst - das kann in der Konstellation fürchterlich in die Hose gehen. Von daher hat auch da Balboa bei mir die Nase vorn, obwohl es da teilweise rumpelt.
Creed ist ein überraschend guter Film, aber Balboa hat für mich aus vielerlei Gründen die Nase vorn.