Story XVII - 5 Minuten

squizo

Zillion Dollar Sadist
5 Minuten[/align]

Ich hasse mich. Für das, was ich tue. Es ist Freitag, der 11. September 2009. Wieder stehe ich vor diesem billigen Stundenhotel in Hamburg. Seit mehr als 6 Monaten mache ich das nun. Ich weiss garnicht, warum ich damit überhaupt angefangen habe. Weil es mir von meinem besten Freund empfohlen wurde? Bin ich deswegen so schwach? Ich habe doch alles. Eigentlich. Eine bildhübsche Frau. 2 Söhne. Ich verdiene mehr als nur gut in der Werbeagentur. Ich sollte glücklich sein. Und doch stehe ich vor diesem dreckigen Hotel. Es riecht, nein es stinkt schon von weitem nach dreckigem Sex. Wieder werde ich in Zimmer 47 gehen. Wieder wird Natascha dort auf mich warten.Wenn das überhaupt ihr Name ist. Männer gehen hier ein und aus. Ich bin nicht alleine. Doch niemand zeigt sein Gesicht. Nur hinter verschlossenen Türen, wenn man denkt, niemand schaut zu. Doch spätestens wenn sie sich in den glänzenden Augen der Huren spiegeln, sehen sie, wie erbärmlich sie sind und schliessen ihre Augen. Diese glänzenden Augen von Natascha.

Sie muss eine verdammt gute Schauspielerin sein. Jedesmal gibt sie mir das Gefühl, dass ich der beste, geilste, härteste Kunde bin, den sie jemals hatte. Dass ich etwas Besonderes sei. Dabei überspielt sie nur den Ekel. Wer weiss, wieviele Klienten sie heute schon verwöhnt hat. Will ich das überhaupt wissen?

12:30. Ich betrete das Hotel und werde direkt durchgewunken. Bezahlt habe ich im Vorraus. Man kennt mich hier seit 6 Monaten. Doch meinen Namen kennt niemand. Niemand weiss hier über irgendjemanden bescheid. Ein Deckmantel der Unwissenheit verdunkelt alle Fenster und niemand will Licht hineinlassen. Die Dunkelheit gibt Schutz und Sicherheit.

33 Treppenstufen und 2 Flure weiter bin ich am Ziel. Zimmer 47. Ich öffne die Tür. Natascha liegt bereits da. Ich bin pünktlich wie immer. Wir reden kein Wort miteinander. Das haben wir bereits beim dritten mal gelassen. Wir wissen beide genau, worum es geht. Ich ziehe micht nicht einmal mehr aus. An guten Tagen ziehe ich noch mein Oberteil aus und die Hose bis über die Knie hinunter. Jedesmal ist es merkwürdig still und fremd. Das Bettlaken ist rauh, der Boden wurde schon seit Wochen nicht gesaugt und überall sind Flecken. Ich frage mich jedesmal, ob das nur Blut und Sperma sein soll. Mein Schwanz ist trotzdem hart und sie ist feucht. Ich ziehe sie zum Bettrand, knie mich vor sie und ficke sie. Schneller als bei ihr komme ich nirgends. Sie stöhnt wie eine Göttin. Wer ist diese Frau überhaupt? Es ist mir egal. Ich ficke sie einfach mit meinem harten Schwanz bis sie verkrampft. Täuscht sie auch das vor oder bin ich wirklich so gut? Es ist ein merkwürdiges und unbeschreibliches Gefühl.

Als ich fertig bin, stehe ich einfach auf und lasse sie liegen. Ich verschwinde schnell im Badezimmer, wasche mir die Hände und rege mich jedesmal über die Silberfische auf, die dort wie Könige hausen. Es ist ekelhaft. Es ist überhaupt ein Wunder, dass diese dreckige Absteige überhaupt noch steht. Und das nannte man einmal Hotel.Und trotzdem bin ich hier. Immer und immer wieder. Ich trockene meine Hände mit Papierhandtüchern ab und werfe sie in den bereits überquellenden Mülleimer. Natascha liegt immer noch da. Ich kehre ihr den Rücken zu und verschwinde wieder. 2 Flure und 33 Treppenstufen weiter schliesse ich die Tür hinter mir. Das Tor zur Hölle, die mich irgendwann auffressen wird.

Ich schaue auf die Uhr. Es ist 12.35. In 10 Minuten sitze ich wieder im Büro. Wie jeden Freitag.
 

Puni

Well-Known Member
Hmm. Unbefriedigende Geschichte, bei der ich nicht weiß, was ich von ihr halten soll. Sehr sehr kurz, vom Schreibstil in Ordnung, doch irgendwie... einfach unbefriedigend. Sagt im Endeffekt nichts aus, außer, dass er in diesen 5 Minuten mit einer Hure schläft und sich danach wieder ins Alltagsleben stürzt.

:-/
 

Tyler Durden

Weltraumaffe
Teammitglied
Eine wirklich kurze Geschichte, die ich ziemlich gut finde.

Die Thematik erinnert mich ein wenig an "Der Dämon" von Hubert Selby, es geht nicht nur darum, dass er die Mittagspause für einen schnellen Fick nutzt, sondern vielmehr um diesen inneren Konflikt - es widert ihn an, aber er macht es trotzdem immer wieder. Das ist eigentlich ein Thema, das wesentlich mehr Zeit und Platz braucht (also Hubert Selby hat es zum Beispiel bestens gelöst).
Also vom Thema her gefällt mir die Geschichte, nur hätte ich mir das wie gesagt etwas ausführlicher gewünscht.

Der Schreibstil ist auch gut, wobei ich mir besonders in der zweiten Hälfte ein paar längere Sätze (als Ausgleich) gewünscht hätte. So viele kurze Sätze hintereinander wirken nicht sehr gut.

Zur Rechtschreibung gibt es nichts zu sagen. Mir sind keine Fehler aufgefallen.

Insgesamt also eine gute Geschichte, die aber noch ein wenig ausbaufähig ist.
 

MamoChan

Well-Known Member
Ich teile die Meinung von Tyler_Durden zum Teil, allerdings kam mir der innere Konflikt viel zu kurz. Die Geschichte hätte ruhig noch ein wenig mehr Raum verdient. Wir hatten ein Limit von 19.000 Zeichen, warum diese also nicht auch ausnutzen? :wink: Die Geschichte ist meiner Ansicht nämlich wirklich arg kurz geraten.
 

MatchesMalone

New Member
Schreibtechnik und Stil sind gut
Aber:
Leider erreicht mich die Geschichte nicht. Vielleicht liegt es daran, dass sie so kurz ist. Die Figur wirkt auf mich nicht sympathisch. Sein innerer Kampf lässt mich kalt. Das schlimmste, dass ihm passieren könnte, ist dass sich seine Frau von ihm scheiden lässt.
Hölle stelle ich mir anders vor.
Entschuldige, dass die Kritik so drastisch ausfällt.

Fazit: Handwerklich gut gemacht, aber eine schnelle Nummer, die unbefriedigt zurück lässt.
 

Belial

New Member
Original von MatchesMalone


Fazit: Handwerklich gut gemacht, aber eine schnelle Nummer, die unbefriedigt zurück lässt.

Ja, genau!

Ordentlich geschrieben, aber wie jemand bereits sagte: der Konflikt kommt zu kurz. Warum schreibt der Protagonist in der Ich-Perspektive, wenn er doch eigentlich nichts zu sagen hat? Ein wenig Hintergrund hätte hier nicht geschadet, oder mehr vom Innenleben des Protagonisten.
Etwas weniger Nutten-Klischee hätte auch gut getan.
 

blacksun

Keyser Soze
Original von Punisher
Sagt im Endeffekt nichts aus, außer, dass er in diesen 5 Minuten mit einer Hure schläft und sich danach wieder ins Alltagsleben stürzt.

Stimmt.

Das hätte man, wie Punisher in einem Satz schreiben können.
Ich bin der Meinung, Gerschichten müssen fesseln.
Diese tuts nicht.

Sorry, meine Meinung.
 

Mr. Halfasleep

New Member
"Wer ist diese Frau überhaupt? Es ist mir egal."
...nun, dann stellt sich mir die Frage: Warum fragt man sich etwas was einem egal ist?

Die 5 Minuten Story hätte ruhig auch ca. 5 Min. Lesevergnügen bereiten können, doch der Text ging nicht mal knapp 2 Min. (langsam gelesen) und ich finde nicht sonderlich viel Würze in dieser Ficki-Kürze :heul:

Alles irgendwie kurz, selbst die Sätze sind es. Gut lesbar und definitiv verwendbar, wenn du es jemals aus zu bauen gedenkst!
 
I

In Flames

Guest
Eine sehr, sehr unbefriedigende Geschichte. Hier passiert einfach nichts, bis auf den schnellen Fick. Keine Spannung, keine Unterhaltung, keine Motivation für den Leser.

Aber eigentlich soll man ja mit den positven Dingen anfangen: Denn der Schreibstil ist wirklich sehr gelungen. Es liest sich gut und flüssig.

Da hätte man sicher noch viel mehr draus machen können.

Doch dann lese ich lieber "Ich brauche Liebe" von Kinski, denn dort finde ich hunderte solcher "Erlebnisberichte". :wink:

Schulnote: 4
 

conker

War Sucks, Let's Party!
Original von Punisher
Hmm. Unbefriedigende Geschichte
:omg:

Okay zu meiner Kritik:

Du magst Zahlen, oder? Es mag an meinem hohen Konsum an Numb3rs-Episoden liegen, aber mir sind als erstes die ganzen Zahlen aufgefallen. Vielleicht ein gewolltes Stilmittel?
DIe Geschichte ist kurz, hart und dreckig. Mal was anderes. Zwar nicht unbedingt so meins, aber auch nicht schlecht. Ein kurzer Ausschnitt aus einem ungewöhnlichen Part in einem sosnt relativ normalen Leben.
 

Deathrider

The Dude
Original von MatchesMalone
Handwerklich gut gemacht, aber eine schnelle Nummer, die unbefriedigt zurück lässt.
...drückt nahezu perfekt aus was mir als erstes nach dem Lesen durch den Kopf ging.

Im Grunde genommen haben wir hier eine ziemlich pessimistische Story, die den Anschein macht, schockieren zu wollen, dabei allerdings nichts bietet, was man nicht bereits nach dem ersten Absatz erwarten würde. Dafür bekommt man eine sehr wirkungsvolle Grundstimmung präsentiert.

Auch mir fielen die Zahlenspielereien auf und ich versuche noch immer heraus zu bekommen ob hinter ihnen ein konkreter Sinn oder ein System steckt. Grade der Verweis zu 9/11 kann kein Zufall sein.

Ich halte den inneren Konflikt des Protagonisten in dieser Story für recht präsent, weil dieser aus den kleinen Details die der Erzähler von sich gibt übertragen wird. Dabei wirkt die Geschichte sehr moralisierend. Nur frage ich mich warum. Was ist die tiefere Botschaft? Außer "Zu den Huren gehen, wenn man daheim ne Ehefrau hat, ist schlecht" fällt mir einfach keine auf und diese eine ist dann doch ein wenig zu platt in meinen Augen.

Technisch sehr guter kleiner Snack, der allerdings ein wenig zu unauffällig daher kommt...
 

Tyler Durden

Weltraumaffe
Teammitglied
Original von Deathrider
Ich halte den inneren Konflikt des Protagonisten in dieser Story für recht präsent, weil dieser aus den kleinen Details die der Erzähler von sich gibt übertragen wird. Dabei wirkt die Geschichte sehr moralisierend. Nur frage ich mich warum. Was ist die tiefere Botschaft? Außer "Zu den Huren gehen, wenn man daheim ne Ehefrau hat, ist schlecht" fällt mir einfach keine auf und diese eine ist dann doch ein wenig zu platt in meinen Augen.
Ich bin zwar nicht der Autor dieser Geschichte, aber ich denke, dass genau diese Widersprüchlichkeit der Menschen das Thema der Geschichte ist, ich sah hier jedenfalls nichts Moralisierendes. Meine Empfehlung: Lies mal "Der Dämon" von Hubert Selby.
 

Jay

hauptsache bereits gesehen
Teammitglied
Ich persönlich find die Schreibe ganz gut und glaube auch, dass wir von dem Verfasser noch wesentlich mehr sehen sollten. Story? Angenehm, dass auch mal einer auf das "kurz" in "Kurzgeschichte" eingeht :tongue: und qualitativ braucht sie sich allerdings nicht verstecken.

Inhaltlich? Nun, ich glaub, es wissen mittlerweile schon ein paar Leute, dass ich kein großer Fan von Nihilismus, Gossenwesen, schlechter Laune, deprimierenden Tönen usw. in Geschichten bin, weswegen ich jetzt nicht wirklich sagen kann, würd ich mir kaufen. Sowas kann meiner Meinung nach nur funktionieren, wenn es im Gegenzug wirklich starke Charaktere (Leaving Las Vegas) und emotionale Schicksale (Requiem for a Dream) gibt... was im kurzen Rahmen einer Kurzgeschichte nur schwer zu erreichen ist.

Um mein Geschwafel also mal auf den Punkt zu bringen: objektiv gut gemacht, Thumbs up, weitermachen; subjektiv nicht ganz mein Ding, aber das ist ja auch nur Geschmackssache.
 

Joel.Barish

dank AF
Irgendwie leer und tatsächlich, wie Punisher sagt, unbefriedigend. Als kurzer Blick in eine emotional scheinbar abgestumpfte Psyche mit schnellem Sex und quälenden Fragen ist das durchaus gelungen und es ist auch flüssig geschrieben, aber letztendlich wüsste ich nicht, warum man sich das durchlesen sollte. Es bietet einfach nichts. Am Ende zuckt man mit den Schultern und denkt sich: "Joa, war er halt im Puff. Mal wieder. Wer auch immer dieser Kerl ist." - Vielleicht hätte es als kurze Szene einer etwas längeren Geschichte funktioniert, aber so bietet die Geschichte halt nicht viel. Kein Spannung, keine Entwicklung, nur die schnelle Abwicklung eines "Geschäfts".
Auch wirkt die Beschreibung des Bordells und der Umgebung irgendwie zu dreckig und ungepflegt. Vielleicht hat er sich ja extra das schäbigste Stundenhotel von ganz Deutschland ausgesucht, aber ohne je in so einem Etablissement gewesen zu sein, würde ich doch behaupten, dass die Sicherheits und Hygienevorschriften Deutschlandweit gelten. Aber das nur am Rande.
 

Paddywise

The last man
ich hab schon eine Ahnung von wem die Geschichte stammen könnte.

Hier wird wohl der nicht billige aber doch monotone altagstrot. Highlightarm, aber gut geschrieben.
 
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