Story XVII - Die Nacht besucht New York

squizo

Zillion Dollar Sadist
Die Nacht besucht New York[/align]

žBecause maybe. You're gonna be the one who saves me? And after all.You're my wonderwall.
Oasis Wonderwall


Das Hotelzimmer ist größer als ich es mir vorgestellt habe. Aber bei so einem besonderen Abend ist es schon irgendwie passend. Ich gehe ans Fenster. Das Panorama der New Yorker Nacht ist beeindruckend. Über 70.000 Hotelzimmer sollen auf diesem kleinen Fleckchen Erde existieren.

Der Tisch ist schon gedeckt. Ben kann jeden Moment da sein. Ich dimme das Licht und zünde die Kerzen auf dem Tisch an. Es wirkt echt sehr romantisch. Das soll es auch.
Ich schaue an mir herunter. Mein Top ist sehr freizügig. Ben wird das sicher gefallen.
Endlich klopft es an der Tür. Bevor ich zur Tür gehe zupfe ich das Top noch schnell zurecht. Ich bin sehr nervös.
Als ich die Tür öffne, steht ein gut gekleideter Mann mit kurzen braunen Haaren und Brille vor mir. Sogar Blumen hat er mitgebracht.
žHallo Mischa begrüßt er mich. žBen!, rufe ich und umarme ihn ganz fest. Er riecht nach Moschus. Das gefällt mir.
Ich nehme ihm das Jackett und die Blumen ab und führe ihn zum Tisch.

Wir sitzen uns gegenbüber und tauschen tiefe Blicke aus. Zur Feier des Tages gibt es Champagner und Hummer. Schon fast zu klischeehaft - aber dennoch passend für diesen Anlass.
Ben füttert mich, ich füttere ihn. Wir reden nur wenig. Aber wir verstehen uns blendend. Ein Lächeln huscht über mein Gesicht und er erwidert es. Der Abend läuft besser als gedacht..

Er erhebt sich von seinem Stuhl und auch ich stehe auf. Ich gehe einen Schritt auf ihn zu und wir küssen uns. Der Geschmack von Champagner ist auf seinen Lippen.
Seine Hand streichelt mir sanft über den Rücken.
Wir lösen uns von dem Kuss und ich nehme seine Hand. Er schaut mich an. Ein Lächeln umspielt sein Gesicht. In langsamen Schritten gehe ich Richtung Schlafzimmer und führe ihn an der Hand hinter mir her.
Er setzt mich behutsam aufs Bett und nimmt dann neben mir Platz. Wir schauen uns an und ein langer Kuss folgt. Ich ziehe ihm die Krawatte und das Hemd aus. Im Gegenzug befreit mich von meinem Top.
Wir legen uns hin und ich streiche über seine Arme. Ich spüre die vielen Narben der Schnitte. Das ist unsere Gemeinsamkeit.
Wir streifen uns die restlichen Kleidungsstücke von den Körpern und schlafen miteinander. Es ist schön.


Eng aneinander gekuschelt liegen wir beide nackt im Bett. Eine Zigarette wäre jetzt toll. Aber daran hat wohl keiner von uns gedacht. Ben schaut mich an und ich nicke.
Ohne Hast ziehen wir uns wieder an. Wir haben ja alle Zeit der Welt.
Diesmal achtet keiner von uns beiden darauf, dass die Klamotten perfekt sitzen. Zusammen verlassen wir das Schlafzimmer. Ich nehme eine weiter Flasche Champagner und Ben nimmt einen kleinen tragbaren Kassettenrecorder und wir verlassen das Zimmer.

Wir blicken uns um. Ben deutet auf die Tür zur Feuerwehrtreppe am anderen Ende des Flurs. Mit einem kurzen Blick versichert er sich, dass niemand auf dem Flur ist, und geht dann zur Tür. Ich folge ihm leise kichernd. Die Tür ist nicht verschlossen. Für den Fall hätte Ben einen Dietrich in der Tasche - aber so ist es einfacher.

Draußen ist es kühl geworden. Man kann den eigenen Atem sehen. Ben gibt mir sein Jackett und gemeinsam gehen wir die eiserne Feuertreppe hoch.
Die Stufen kommen mir unendlich vor, aber schließlich sind wir am Ziel: das Dach des Stinson Palace Hotels.
Ich nehme Bens Hand und wir gehen zum Rand des Daches. Dort ist eine kleine Mauer auf die wir uns setzen.
Ben reicht mir einen Pappbecher und gießt vorsichtig Champagner hinein. Ich mache den kleinen Kassettenrecorder an. žWonderwall von Oasis erklingt. Unser Song.

Wir stoßen an. Über uns kann man die Sterne am klaren Himmel sehen und unter uns strahlen uns die unzähligen Lichter der New Yorker Nacht an. Dieser Augenblick ist in Perfektion wohl nicht zu überbieten.
Unsere Augen treffen sich zu dem intensivsten und vertrautesten Blick, den ich mir vorstellen kann. Mit geschlossenen Augen nähern sich unsere Lippen zu einem sehr leidenschaftlichen Kuss. Wir umarmen uns ganz fest und stürzen uns in die Tiefe.
 

MamoChan

Well-Known Member
Sehr kurz und überichtlich geschrieben. :smile: Der Schreibstil ist ganz gut, zwar fand ich es manchmal etwas sehr abgehackt, aber das schien ja auch gerade gewollt zu sein.
Schade fand ich allerdings, daß die ganze Geschichte so zielgenau auf dieses Ende hin zusteuerte, welches leider viel zu offensichtlich war. Spätestens nach der Hälfte, weiß man, was geschehen wird.
 

Puni

Well-Known Member
Schöne Kurzgeschichte, die allein mit den ersten Sätzen schon eine tolle Atmosphäre von New York geschaffen hat. Klasse. Das Ende war zwar irgendwie vorherzusehen, dennoch gelungen und dramatisch-melancholisch schön. Hat wirklich alles rausgeholt, was man aus der Kürze rausholen konnte, nur waren ein paar Sätze deutlich zu kurz, die die Liebesszene beschrieben haben, und klangen, wie MamoChan schon schrieb, ein wenig abgehackt.

:super:
 

Tyler Durden

Weltraumaffe
Teammitglied
Da muss ich mich meinen Vorrednern anschließen - eine wirklich kurze Geschichte, die ca. aber der Hälfte zu vorhersehbar wird. Nach diesen Sätzen hier:
Wir legen uns hin und ich streiche über seine Arme. Ich spüre die vielen Narben der Schnitte. Das ist unsere Gemeinsamkeit.
konnte ich mir schon denken, weshalb sie sich getroffen haben.

Aber trotzdem eine nette kleine Geschichte, die recht gut und flüssig geschrieben ist.
 

MatchesMalone

New Member
Eine romantische Geschichte, bei der ich nicht so genau wusste, was mich erwarten würde. Das Ende hat etwas bedrückendes, weil das Liebespaar vorher so innig miteinander war.

Fast nichts zu meckern, bis auf diese Stelle:
Wir streifen uns die restlichen Kleidungsstücke von den Körpern und schlafen miteinander. Es ist schön.
"Es ist schön" ist da eine zu kurze und vielleicht auch zu sachliche Aussage. Das hat bei mir die romantische Stimmung etwas gekillt.
Da wären mehr Details nötig gewesen, (ohne das es jetzt zum Porno wird) oder weniger. Mann muss ja nicht gleich Poppen :wink:

Fazit: Schöne Geschichte, mit tragischem Ende.
Gut.
 

Belial

New Member
Ähnlich wie 5 Minuten erreicht mich die Geschichte nicht unbedingt, auch hier kommt der Konflikt zu kurz. Einfach nur zu wissen, dass beide einen Selbstmordpakt geschlossen haben, ist irgendwie zuwenig. Auf den Narben hättest du noch aufbauen können. Ich finde die Geschichte aber nicht so vorhersehbar wie meine Vorredner. Das Ende kam dann aber doch recht überraschend.

Ich hätte die beiden gerne ein bisschen besser kennen gelernt. Genug Wörter hast du ja noch übrig gehabt. :wink:

Der Stil ist etwas holprig, einerseits viel Atmosphäre, andererseits etwas ausgelutschte Formulierungen.

Sehr melancholische Geschichte, viel Potential.
 

blacksun

Keyser Soze
Sehr gut geschreiben. Kein Zweifel.

Aber die Geschichte hat mir keinen Spaß gemacht.
Vielleicht liegts daran, daß ich sowas nicht mag.Also Selbstmord und so. Da wird man depressiv.
War mir auch ein Tick zu romantisch.

Jedem halt das seine.
 

Mr. Halfasleep

New Member
"Ben füttert mich, ich füttere ihn." machte mir irgendwie die Romantik kaputt und "Ein Lächeln umspielt sein Gesicht." finde ich etwas verspielt formuliert.

Also wegen ihren Cuts, das hätten OP-Narben sein können, oder von einem gemeinsamen Unfall, oder eine Bonnie&Clyde-Variante - aber das beide sich schon vorher versucht haben umzubringen (bestimmt falschrum geritzt!) war für mich nicht so offensichtlich wie scheinbar für fast alle anderen Leser! Hm, ich dachte immer ich wäre gut Vorherseh-Plots vorherzusehen. Und das sie gleich vom Dach huppen hab ich auch nicht erwartet, denn man denkt ja nicht immer negativ und vielleicht wollten sie auf dem Dach Sex haben, egal...

Ich bin mir nicht sicher wie sehr es hier um eine Hotel-Story ging, aber ist ja auch egal, sie ist sehr kurz und hackig geschrieben, für mich daher nur ein unauffälliges Intermezzo.

Stories mit Sex sollten nie wie ein Intermezzo wirken! NIE! :no:
 

Tyler Durden

Weltraumaffe
Teammitglied
Original von Mr. Halfasleep
...aber das beide sich schon vorher versucht haben umzubringen (bestimmt falschrum geritzt!) war für mich nicht so offensichtlich wie scheinbar für fast alle anderen Leser!
Ich habe das eher so verstanden, dass sie sich "einfach nur" geritzt haben :wink:
Zumindest ging ich nicht von früheren Selbstmordversuchen aus.
 
I

In Flames

Guest
Eine atmosphärische und gut geschriebene Geschichte. Die romantische Stimmung und die Schönheit New Yorks bei Nacht kommen schon ganz gut rüber.

Nur leider fehlt mir die emotionale Nähe zu den Protagonisten. Das ist einfach zu kurz, um da eine Bindung aufzubauen. Dass sie sich dann umbringen ist überraschend, geht an mir aber fast spurlos vorrüber.

Das Potenzial ist da, aber die Geschichte hätte ruhig etwas länger ausfallen können, das Limit ist ja schließlich noch lange nicht erreicht.

Schulnote: 3
 

conker

War Sucks, Let's Party!
Interessante Atmosphäre aber zu vorhersehbar irgendwie.
Die Sex-Szene hätte vielleicht etwas treffender beschrieben werden können.
Was den Stil betrifft kann ich mich meinen Vorrednern nur anschließen. Mir gefällt dieses Abgehackte nich so ganz. Gut, aber verbesserungswürdig!
 

Joel.Barish

dank AF
Hehe, gut dass du so früh die Kleidung und damit das Geschlecht der Hauptfigur beschreibst. Irgendwas in mir bringt mich nämlich meist dazu, die Hauptfigur als männlich zu sehen. Vielleicht weil das auf 90% der Geschichten im Wettbewerb zutrifft, vielleicht weil ich ein Mann bin, oder vielleicht weil ich durch das Oasis-Zitat schon eine Ahnung hatte, wer diese Geschichte geschrieben hat. Nun ja... :biggrin:

Jedenfalls...
Ganz hübsch geschrieben, auch wenn es mir häufiger zu viele simple Hauptsätze sind, die aneinander gereiht wurden. Liest sich dennoch ganz gut und flüssig und die Atmosphäre kommt halbwegs gut rüber. Mehr Adjektive wären auch hier gut gewesen und vielleicht noch mehr Einblicke in Mischas Psyche. Es ist etwas romantisch, nicht zu verkrampft, wirkt an manchen Stellen erfreulich realistisch und liest sich bis zum Moment auf dem Dach ganz gut. Bietet zwar nicht viel, lässt sich von der Seite auch mit der anderen Geschichte im Wettbewerb im Stundenhotel vergleichen, aber hier wirkt es nicht so trostlos, weil Mischa sympathisch wirkt und einfach einen netten Abend verbringt, auch wenn keine großen Erklärungen kommen.

Dann aber: Ich muss klar sagen, dass ich das Ende scheiße finde. Tut mir leid, aber alles andere wäre eine dreiste Lüge. Ab dem Moment wo sie sich auf dem Dach hinsetzen dachte ich nur noch: "Bitte kein Mord, bitte kein Selbstmord, bitte kein pseudo-schockierender Twist!!" Und doch kam er. Das hat mich einfach gestört und richtig genervt. Vorher war es eine nette kleine Geschichte über einen halbromantischen Abend im Hotel. Durch diesen letzten Satz und dem Dreh bekommt das einen ganz neuen Anstrich und für diese Wendung fehlt es der Geschichte einfach an Details, an Erklärungen und an Unterbau. Hättest du beim Anstoßen mit Champagner und dem Blick über die Stadt geendet, hätte es funktioniert und wäre eine unspektakuläre aber runde Geschichte bei rausgekommen. Das hier ist ein Schlag ins Gesicht und die Tat am Ende erhält im Vorfeld null Rechtfertigung, abgesehen von der Erwähnung von Narben, was aber auch nur mehr Fragen, kein Mitgefühl hervorbringt. Man fühlt sich als Leser total allein gelassen und bereut geradezu, dass man es gelesen hat. Das liegt nicht daran, dass es überhaupt im Selbstmord endet, sondern daran, dass es vorher keine Anzeichen, keine Erklärungen gibt. Die Figuren sind zu schwach entwickelt für eine solche Tat und so ist man als Leser hilflos und enttäuscht.

Schade.
 

squizo

Zillion Dollar Sadist
Was mir sehr gut gefallen hat, dass es mal ein anderes Thema ist. Diese Geschichte setzt sich vom Thema her von den anderen ab! :super:
Hut ab! Würde mich nie trauen so eine Geschichte zu schreiben.

Die Geschichte fängt gut und interessant an. Leider fällt der Spannungsbogen bis zum Ende hin immer mehr. Besonders am Anfang ist noch alles schön beschrieben und man konnte sich richtig in die Lage des Typen hineinversetzen. Das fällt dann aber bis zum Ende hin immer mehr und folglich wird einem auch die Person immer fremder.
Das Zitat am Anfang passt ganz gut und weckt das interesse.
Der Schreibstil ist o.k., aber wie die anderen gesagt haben wäre hier und da ein Komma gut gewesen. Wenn der/die Autor/in mehr Zeit gehabt hätte oder sich mehr Zeit gelassen hätte wäre daraus eine schöne aber auch "böse" Geschichte geworden.

Für das nächste Mal
mehr Zeit nehmen! Trotzdem eine gute Geschichte.
 

Deathrider

The Dude
Sehr kurze Geschichte, mit sehr kurzen und abgehackten Sätzen, die zwar nach einer Weile etwas seltsam anmuten, sich allerdings nicht auf die Leserlichkeit des Textes auswirken. Der Ausdruck ist gut bis auf die Stelle "Es wirkt echt sehr romantisch."... "echt sehr" halte ich für zu umgangssprachlich um zur Ausdrucksweise des Rests zu passen. Den Satz hätte ich im Prinzip ganz gestrichen. Die Stimmung kommt auch so beim Leser an.

Die Beschreibungen sind schön, eindrucksvoll und vermitteln eine angenehme Atmosphäre. Allerdings hätte ich mir ein bisschen mehr Tiefe und Länge gewünscht. Vor allem die abpruppt abgehackte Beschreibung der Sex-Szene erinnert irgendwie an den "Missing-Reel"-Gag aus Planet Terror. Eine Porno-Story hätte es ja nun wahrlich nicht werden müssen, aber "Es ist schön" lässt den Leser ein wenig unbefriedigt zurück.
Dabei ist man insgeheim noch mit den Narben beschäftigt, was ein ungutes Gefühl mit sich bringt, was das Ende angeht. Man ahnt schon sowas. Eine halbe Bestätigung bringt dann der Aufstieg auf der Feuerleiter (wobei ich da noch dachte, sie würden irgendwo einbrechen und andere Leute als sich selbst umbringen). Der Sturz fällt dann leider sehr flach aus, vor allem weil komplett das "Warum?" fehlt. Ich meine, ich sehe es ja ein, dass nicht jede Frage beantwortet werden muss, aber hier stehen einfach noch zu viele offen im Raum. Wenn ich rätseln und nachdenken könnte, wäre es schon wieder was anderes, aber weil hier selbst vage Informationen fehlen, hat man als Leser keine Chance. Raten ist angesagt und das ist schlicht unfair.
Ein solches Ende kann man sich also nur mit entsprechender Laufzeit leisten. So wirkt es einfach nur platt und... ja... unbefriedigend eben.

Es gibt also zwei Möglichkeiten diese Story zu verbessern: a) längere Laufzeit + mehr Infos und b) ein ganz anderes Ende, oder ganz einfach den letzten Satz streichen. Dann wäre es für mich ein Kandidat für's Treppchen.
 

Paddywise

The last man
nette kurzgeschichte. Das Zitat versetzt einen dazu noch in die Richtige Stimmung.

Wäre das ganze noch ausführlicher, könnte man sogar von einer guten " Feelgood - Kurzgeschichte" sprechen. So nett, aber luft nach oben bleibt.
 

conker

War Sucks, Let's Party!
Ja ich hab erst überlegt ob ich von meinem Stil abweichen soll, damit man es nicht so merkt, aber dafür macht es zu viel Spaß.

Zum abgehackten Stil: Das war jetzt kein Versehen oder sowas, sondern durchaus gewollt. Hat sich irgendwie spontan ergeben. Die Liebesszene habe ich aus dem gleichen Grund kurz gehalten.
 
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