Clive77
Serial Watcher
Mit einem leisen Glockenschlag öffnet sich die Fahrstuhltür des mehrstöckigen Apartmenthauses. Das Innere des geräumigen Fahrstuhls ist weich beleuchtet, wodurch der Teppich in dezentem Lila zur Geltung kommt und man sich beinahe in den laminierten, hölzernen Wänden des Fahrstuhls spiegeln kann.
Eine junge brünette Frau Mitte zwanzig geht zum Fahrstuhl; sie zögert einen Moment, streift ihre Hände flach an ihrer weißen Bluse und ihrem schwarzen Rock entlang und tritt dann hinein. Sie geht ganz nach hinten und drückt ihren Rücken gegen die Wand. Gerade als sie tief Luft holt betritt ein Mann mit Glatze und rotem Bart den Fahrstuhl und drückt den Knopf für den 12. Stock, welcher daraufhin aufleuchtet. Auf den ersten Blick wirkt er kaum älter als die Frau, aber die vereinzelt grauen Haare im Bart verraten ihn. Er trägt eine braune Lederjacke und Jeans, nickt die Frau kurz an und stellt sich links von ihr nahe an den Eingang des Fahrstuhls. Gleich nach ihm stürmt ein älterer Mann im schwarzen Anzug hinein. Er drückt den Knopf für den 14. Stock. Er stellt sich direkt gegenüber des Bartträgers und wischt sich mit einem Taschentuch den Schweiß von der Stirn, passt aber besonders auf, dabei nicht seinen bereits angegrauten Scheitel zu verpfuschen. Er achtet weder auf die Frau, noch auf den anderen Mann; er stöhnt auf, als der Bartträger die sich gerade schließende Tür stoppt. Eine weitere junge Frau mit blonder Kurzhaarfrisur, Lippenpiercing, schwarzer Lederjacke und Jeans drückt sich hinein und drückt den Knopf für die 15. Etage. Der Bartträger lächelt sie kurz an und sie lächelt zurück. Gleich hinter ihr ist ein schwarzhaariger Mann Ende zwanzig; er hat ein graues T-Shirt und eine schwarze kurze Hose an. Die Frau hebt die Arme in entschuldigender Geste und schaut zu ihrem Begleiter, welcher sich rechts zwischen dem angegrauten Herren und der Dame an der Rückwand stellt. Sie hingegen bleibt an der Tür stehen. Danach steckt sie die Hände in ihre Taschen. Da betritt noch jemand den Fahrstuhl – es ist ein junger Mann Mitte zwanzig mit Jeans, grauer Jacke und einem Blumenstrauß. Er murmelt leise etwas vor sich hin, will den Etagenknopf für den zehnten Stock drücken, schafft es aber erst beim zweiten Versuch. Er blickt auf den Boden und stellt sich zwischen der Frau in der weißen Bluse und dem Bartträger an die Wand.
Die Tür schließt sich und der Fahrstuhl bewegt sich nach oben. Die Frau in der Bluse schließt die Augen. Der Mann rechts neben ihr schaut sie kurz an; sie drückt sich noch enger an die Wand und atmet tief ein schaut dann wieder Richtung Boden. Er blickt zur Frau an der Tür, aber diese lächelt nur leer in den Raum, genauso wie der Bartträger. Der ältere Herr im Anzug schnauft schwer und schaut ebenfalls auf den Boden. Nach einer kurzen Weile fällt das Licht aus und der Fahrstuhl kommt mit einem kräftigen Ruck nach unten zum Stehen.
„Oh Gott!“, ruft eine weibliche Stimme aus der Dunkelheit. Das Licht geht wieder an, hüllt aber den Raum nicht mehr so vollständig ein wie zuvor. „Oh Gott, ohgottohgott!“, flüstert die gleiche Stimme in leichter Panik, welche von der brünetten Frau in der weißen Bluse kommt. „Notstrom“, stellt der Bartträger fest und wendet sich dem Bedienelement des Fahrstuhls zu.
„Herrgott, muss das jetzt sein?“, scheint der ältere Mann den Kosmos zu fragen, denn er blickt dabei niemanden an. Die blonde Frau an der Tür geht an das andere Ende, in welchem die Dame in der weißen Bluse bereits gegen die Fahrstuhlwand trommelt. „Hey, hey! Beruhige dich!“
„Sie dreht durch. Was ist los?“, fragt ihr Begleiter in der kurzen Hose. Da senkt der Junge neben ihr den Blumenstrauß: „Ist alles … Ist alles okay?“
„Bekommen Sie es hin?“, fragt der Mann mit dem perfekt sitzenden Scheitel den Glatzköpfigen, der an der Bedientafel arbeitet. „Ja klar. Ich verstehe mich bestens mit Technik.“
„Bitte, ich will hier raus! Ich will hier raus!“, fordert die Frau in der weißen Bluse in einem immer lauter werdenden Ton. „Können Sie die nicht abstellen!“, ruft jetzt auch der Mann mit dem Scheitel zurück. „Sehr feinfühlig!“, kommentiert der Glatzkopf. Der Scheitelträger blafft zurück: „Kriegen Sie lieber den Fahrstuhl wieder in Gang!“
„Ich glaub das Ding ist tot.“
„Tot?“, wiederholt die Frau in der weißen Bluse lautstark.
„Sehr feinfühlig!“, kommentiert der Mann mit dem Scheitel, welcher mittlerweile doch etwas verrutscht. Der Glatzkopf verdreht die Augen und haut gegen das Bedienelement. „Da geht nichts mehr!“
„Hey, alles okay da drin?“ Der Glatzkopf weicht sprunghaft zurück. „Ich sehe euch durch die Kamera“, ertönt plötzlich eine Stimme aus dem Bedienelement. „Ein wahrer Ingenieur!“, bemerkt der Mann mit dem Scheitel abfällig und schubst den Glatzkopf zur Seite, so dass dieser den Jungen mit dem Blumenstrauß anrempelt.
Der Mann im Anzug lässt seinen Scheitel nun komplett verrutschen als er sich zu dem Lautsprecher beugt und hineinschreit: „Sie da! Hören Sie mich?! Der Fahrstuhl ist stecken geblieben!“
„Ach, ist der das? Gut beobachtet, Sherlock!“ Der Anzugträger blickt schnaufend zu dem glatzköpfigen Mann in der Lederjacke, welcher ihn daraufhin nur breit angrinst. Dann konzentriert er sich wieder auf den Lautsprecher. „Sie da! Hören sie mich?!“
„Okay, Leute. Ich glaube, ihr versucht mit mir zu reden. Ich höre euch nicht, denn die Elektronik ist futsch. Ihr seid zudem stecken geblieben.„ Der Anzugträger reibt sich die Augen. „Aber ich glaube, das wisst ihr bereits. Sorry! Wir machen so schnell wir können. Wird nicht lange dauern. Maximal ein paar Stunden.“
„Ein paar Stunden?“, wiederholt die Frau in der Bluse. „Ich bin Jacob“, stellt sich der Mann in der kurzen Hose vor. Die Blondine nickt. “Gute Idee! Ich bin Lisa.“
„Gute Idee?“, fragt die Frau in der Bluse.
„Also nochmal: Ich bin Lisa und wie ist dein Name?“
„Bea. Ich heiße Bea“, antwortet sie zwischen zwei Atemstößen.
„Und ich Thomas“, ergänzt der Junge mit dem Blumenstrauß, was aber niemanden zu interessieren scheint, worauf er auf sein Handy schaut.
„Ich bin Manuel“, sagt der rotbärtige Glatzkopf und hebt die linke Hand zur Begrüßung kurz auf Brusthöhe. Sie schauen zu dem Jungen mit dem Blumenstrauß: „Ich bin ... Ich bin Thomas.“ Sie blicken zum Anzugträger, welcher aber nur die Augen verdreht. Der Fahrstuhl versinkt in Schweigen.
„Ich glaube, du hast eine Panikattacke. Bea? Hattest du sowas schon öfter?“, unterbricht Lisa die Stille, aber Bea schweigt und fächelt sich selbst Luft zu.
„Meine Güte, die Frau leidet unter Klaustrophobie und Sie bedrängen sie. Lassen Sie ihr doch etwas Platz!“, ruft der Mann im Scheitel und winkt Lisa her. Diese ignoriert ihn und konzentriert sich weiter auf Bea, welche nur bestätigend nickt. „Ich gehe jetzt zur Tür, Bea. Ist das okay?“ Bea nickt weiter. Da geht Lisa zurück und blickt zu dem Mann mit dem Scheitel: „Woher?“
„Woher ich das weiß? Sie quetscht sich schon von Anfang an an die Wand und kriegt Panik in einem engen Raum, aber es ging erst los, nachdem das Drecksteil stecken geblieben ist. Dazu müsste ich nicht mal Psychologe sein, was ich allerdings zufälligerweise bin. Jeder Depp erkennt das!“
„Sie und Psychologe? Lassen Sie mich raten, Sie schreiben Abhandlungen über die Sinnlosigkeit von Feingefühl, oder?“, fragt Manuel spöttisch. „Nein.“ Der Psychologe verdreht die Augen. „Ich bin Facharzt für PTBS.“
„PTBS?“, fragt Thomas verwirrt. Der Glatzkopf und Psychologe antworten zur gleichen Zeit: „Posttrau…“ Sie stoppen beide und werfen sich genervte Blicke zu. Der Glatzkopf präsentiert dem Psychologen die offene Hand: „Bitte!“ Der Arzt schaut zu dem Jungen:“ Posttraumatische Belastungsstörung. Ich behandle Menschen, die schwere Traumata erlebt haben und nun mit den Folgen leben müssen.“ Der Junge nickt und schaut zu Lisa: „Kannst du ihr …“ Lisa greift unbewusst nach Thomas Arm, der daraufhin mitten im Satz aufhört zu sprechen.
„Nein. Das ist nicht mein Fachgebiet“, antwortet der Psychologe. „Wie kann das nicht Ihr Fachgebiet sein? Ein Mensch braucht Hilfe und Sie verweigern sich!“, greift Manuel ihn an. Der Arzt will sich verteidigen, da meldet sich wieder eine Stimme aus dem Lautsprecher:
„Mein Chef hat gerade gesagt, dass für den Fall, das nicht alle deutsch sprechen ich die Meldung in mehreren Sprachen vertonen muss. Excuse me please, dear äh... Elevatorguests. I have to inform you, that your elevator has been stuck, no that’s not right, is stuck. We are maintaining the elevator right now. Please keep patient!“
„Das war ja schreckliches Englisch. Wie aus dem Google Translator...", kommentiert Jacob und Thomas beginnt auf seinem Handy zu tippen.
“Jetzt Französisch. Rencontres Ascenseur clients Malheureusement…„
„Kann er bitte aufhören zu sprechen!“, beklagt sich Bea. „…je dois les informer que leur ascenseur est coincé. Nous nous occupons de cela. S'il vous plaît être patient.“
„Das ist wirklich eine Zumutung!“, stöhnt der Arzt auf.
„Jetzt Spanisch.“
„Nein, jetzt Schnauze!“, ächzt Manuel und kramt einen Stift und ein Blatt Papier aus der Tasche. „Huéspedes Ascensor amor por desgracia tengo que informarles...” Er hebt einen Zettel in die Kamera. “Wir sprechen alle deutsch.” Manuel dreht den Zettel. “Halt's Maul!"
"Ist ja gut! Hab verstanden!” Der Ton bricht ab. Manuel lehnt sich zurück. ”Danke.” Bea ist erleichtert und vergisst sogar für einen kurzen Moment ihre Platzangst. “Gern geschehen.”
In diesem Moment ertönt Beethovens Fünfte in grausamer Tonqualität. Thomas greift in seine Jackettasche und zieht sein Mobiltelefon heraus. “Ja. Ich habe es doch geschrieben. Ich hänge im Fahrstuhl fest!” Auch der Arzt kramt sein Handy aus der Tasche und beginnt zu telefonieren: ”Ja, Schatz. Ich komme später. Ich stecke im Fahrstuhl fest. Ja, ja. Ich weiß! Keine Ahnung wie lange.”
Eine junge brünette Frau Mitte zwanzig geht zum Fahrstuhl; sie zögert einen Moment, streift ihre Hände flach an ihrer weißen Bluse und ihrem schwarzen Rock entlang und tritt dann hinein. Sie geht ganz nach hinten und drückt ihren Rücken gegen die Wand. Gerade als sie tief Luft holt betritt ein Mann mit Glatze und rotem Bart den Fahrstuhl und drückt den Knopf für den 12. Stock, welcher daraufhin aufleuchtet. Auf den ersten Blick wirkt er kaum älter als die Frau, aber die vereinzelt grauen Haare im Bart verraten ihn. Er trägt eine braune Lederjacke und Jeans, nickt die Frau kurz an und stellt sich links von ihr nahe an den Eingang des Fahrstuhls. Gleich nach ihm stürmt ein älterer Mann im schwarzen Anzug hinein. Er drückt den Knopf für den 14. Stock. Er stellt sich direkt gegenüber des Bartträgers und wischt sich mit einem Taschentuch den Schweiß von der Stirn, passt aber besonders auf, dabei nicht seinen bereits angegrauten Scheitel zu verpfuschen. Er achtet weder auf die Frau, noch auf den anderen Mann; er stöhnt auf, als der Bartträger die sich gerade schließende Tür stoppt. Eine weitere junge Frau mit blonder Kurzhaarfrisur, Lippenpiercing, schwarzer Lederjacke und Jeans drückt sich hinein und drückt den Knopf für die 15. Etage. Der Bartträger lächelt sie kurz an und sie lächelt zurück. Gleich hinter ihr ist ein schwarzhaariger Mann Ende zwanzig; er hat ein graues T-Shirt und eine schwarze kurze Hose an. Die Frau hebt die Arme in entschuldigender Geste und schaut zu ihrem Begleiter, welcher sich rechts zwischen dem angegrauten Herren und der Dame an der Rückwand stellt. Sie hingegen bleibt an der Tür stehen. Danach steckt sie die Hände in ihre Taschen. Da betritt noch jemand den Fahrstuhl – es ist ein junger Mann Mitte zwanzig mit Jeans, grauer Jacke und einem Blumenstrauß. Er murmelt leise etwas vor sich hin, will den Etagenknopf für den zehnten Stock drücken, schafft es aber erst beim zweiten Versuch. Er blickt auf den Boden und stellt sich zwischen der Frau in der weißen Bluse und dem Bartträger an die Wand.
Die Tür schließt sich und der Fahrstuhl bewegt sich nach oben. Die Frau in der Bluse schließt die Augen. Der Mann rechts neben ihr schaut sie kurz an; sie drückt sich noch enger an die Wand und atmet tief ein schaut dann wieder Richtung Boden. Er blickt zur Frau an der Tür, aber diese lächelt nur leer in den Raum, genauso wie der Bartträger. Der ältere Herr im Anzug schnauft schwer und schaut ebenfalls auf den Boden. Nach einer kurzen Weile fällt das Licht aus und der Fahrstuhl kommt mit einem kräftigen Ruck nach unten zum Stehen.
„Oh Gott!“, ruft eine weibliche Stimme aus der Dunkelheit. Das Licht geht wieder an, hüllt aber den Raum nicht mehr so vollständig ein wie zuvor. „Oh Gott, ohgottohgott!“, flüstert die gleiche Stimme in leichter Panik, welche von der brünetten Frau in der weißen Bluse kommt. „Notstrom“, stellt der Bartträger fest und wendet sich dem Bedienelement des Fahrstuhls zu.
„Herrgott, muss das jetzt sein?“, scheint der ältere Mann den Kosmos zu fragen, denn er blickt dabei niemanden an. Die blonde Frau an der Tür geht an das andere Ende, in welchem die Dame in der weißen Bluse bereits gegen die Fahrstuhlwand trommelt. „Hey, hey! Beruhige dich!“
„Sie dreht durch. Was ist los?“, fragt ihr Begleiter in der kurzen Hose. Da senkt der Junge neben ihr den Blumenstrauß: „Ist alles … Ist alles okay?“
„Bekommen Sie es hin?“, fragt der Mann mit dem perfekt sitzenden Scheitel den Glatzköpfigen, der an der Bedientafel arbeitet. „Ja klar. Ich verstehe mich bestens mit Technik.“
„Bitte, ich will hier raus! Ich will hier raus!“, fordert die Frau in der weißen Bluse in einem immer lauter werdenden Ton. „Können Sie die nicht abstellen!“, ruft jetzt auch der Mann mit dem Scheitel zurück. „Sehr feinfühlig!“, kommentiert der Glatzkopf. Der Scheitelträger blafft zurück: „Kriegen Sie lieber den Fahrstuhl wieder in Gang!“
„Ich glaub das Ding ist tot.“
„Tot?“, wiederholt die Frau in der weißen Bluse lautstark.
„Sehr feinfühlig!“, kommentiert der Mann mit dem Scheitel, welcher mittlerweile doch etwas verrutscht. Der Glatzkopf verdreht die Augen und haut gegen das Bedienelement. „Da geht nichts mehr!“
„Hey, alles okay da drin?“ Der Glatzkopf weicht sprunghaft zurück. „Ich sehe euch durch die Kamera“, ertönt plötzlich eine Stimme aus dem Bedienelement. „Ein wahrer Ingenieur!“, bemerkt der Mann mit dem Scheitel abfällig und schubst den Glatzkopf zur Seite, so dass dieser den Jungen mit dem Blumenstrauß anrempelt.
Der Mann im Anzug lässt seinen Scheitel nun komplett verrutschen als er sich zu dem Lautsprecher beugt und hineinschreit: „Sie da! Hören Sie mich?! Der Fahrstuhl ist stecken geblieben!“
„Ach, ist der das? Gut beobachtet, Sherlock!“ Der Anzugträger blickt schnaufend zu dem glatzköpfigen Mann in der Lederjacke, welcher ihn daraufhin nur breit angrinst. Dann konzentriert er sich wieder auf den Lautsprecher. „Sie da! Hören sie mich?!“
„Okay, Leute. Ich glaube, ihr versucht mit mir zu reden. Ich höre euch nicht, denn die Elektronik ist futsch. Ihr seid zudem stecken geblieben.„ Der Anzugträger reibt sich die Augen. „Aber ich glaube, das wisst ihr bereits. Sorry! Wir machen so schnell wir können. Wird nicht lange dauern. Maximal ein paar Stunden.“
„Ein paar Stunden?“, wiederholt die Frau in der Bluse. „Ich bin Jacob“, stellt sich der Mann in der kurzen Hose vor. Die Blondine nickt. “Gute Idee! Ich bin Lisa.“
„Gute Idee?“, fragt die Frau in der Bluse.
„Also nochmal: Ich bin Lisa und wie ist dein Name?“
„Bea. Ich heiße Bea“, antwortet sie zwischen zwei Atemstößen.
„Und ich Thomas“, ergänzt der Junge mit dem Blumenstrauß, was aber niemanden zu interessieren scheint, worauf er auf sein Handy schaut.
„Ich bin Manuel“, sagt der rotbärtige Glatzkopf und hebt die linke Hand zur Begrüßung kurz auf Brusthöhe. Sie schauen zu dem Jungen mit dem Blumenstrauß: „Ich bin ... Ich bin Thomas.“ Sie blicken zum Anzugträger, welcher aber nur die Augen verdreht. Der Fahrstuhl versinkt in Schweigen.
„Ich glaube, du hast eine Panikattacke. Bea? Hattest du sowas schon öfter?“, unterbricht Lisa die Stille, aber Bea schweigt und fächelt sich selbst Luft zu.
„Meine Güte, die Frau leidet unter Klaustrophobie und Sie bedrängen sie. Lassen Sie ihr doch etwas Platz!“, ruft der Mann im Scheitel und winkt Lisa her. Diese ignoriert ihn und konzentriert sich weiter auf Bea, welche nur bestätigend nickt. „Ich gehe jetzt zur Tür, Bea. Ist das okay?“ Bea nickt weiter. Da geht Lisa zurück und blickt zu dem Mann mit dem Scheitel: „Woher?“
„Woher ich das weiß? Sie quetscht sich schon von Anfang an an die Wand und kriegt Panik in einem engen Raum, aber es ging erst los, nachdem das Drecksteil stecken geblieben ist. Dazu müsste ich nicht mal Psychologe sein, was ich allerdings zufälligerweise bin. Jeder Depp erkennt das!“
„Sie und Psychologe? Lassen Sie mich raten, Sie schreiben Abhandlungen über die Sinnlosigkeit von Feingefühl, oder?“, fragt Manuel spöttisch. „Nein.“ Der Psychologe verdreht die Augen. „Ich bin Facharzt für PTBS.“
„PTBS?“, fragt Thomas verwirrt. Der Glatzkopf und Psychologe antworten zur gleichen Zeit: „Posttrau…“ Sie stoppen beide und werfen sich genervte Blicke zu. Der Glatzkopf präsentiert dem Psychologen die offene Hand: „Bitte!“ Der Arzt schaut zu dem Jungen:“ Posttraumatische Belastungsstörung. Ich behandle Menschen, die schwere Traumata erlebt haben und nun mit den Folgen leben müssen.“ Der Junge nickt und schaut zu Lisa: „Kannst du ihr …“ Lisa greift unbewusst nach Thomas Arm, der daraufhin mitten im Satz aufhört zu sprechen.
„Nein. Das ist nicht mein Fachgebiet“, antwortet der Psychologe. „Wie kann das nicht Ihr Fachgebiet sein? Ein Mensch braucht Hilfe und Sie verweigern sich!“, greift Manuel ihn an. Der Arzt will sich verteidigen, da meldet sich wieder eine Stimme aus dem Lautsprecher:
„Mein Chef hat gerade gesagt, dass für den Fall, das nicht alle deutsch sprechen ich die Meldung in mehreren Sprachen vertonen muss. Excuse me please, dear äh... Elevatorguests. I have to inform you, that your elevator has been stuck, no that’s not right, is stuck. We are maintaining the elevator right now. Please keep patient!“
„Das war ja schreckliches Englisch. Wie aus dem Google Translator...", kommentiert Jacob und Thomas beginnt auf seinem Handy zu tippen.
“Jetzt Französisch. Rencontres Ascenseur clients Malheureusement…„
„Kann er bitte aufhören zu sprechen!“, beklagt sich Bea. „…je dois les informer que leur ascenseur est coincé. Nous nous occupons de cela. S'il vous plaît être patient.“
„Das ist wirklich eine Zumutung!“, stöhnt der Arzt auf.
„Jetzt Spanisch.“
„Nein, jetzt Schnauze!“, ächzt Manuel und kramt einen Stift und ein Blatt Papier aus der Tasche. „Huéspedes Ascensor amor por desgracia tengo que informarles...” Er hebt einen Zettel in die Kamera. “Wir sprechen alle deutsch.” Manuel dreht den Zettel. “Halt's Maul!"
"Ist ja gut! Hab verstanden!” Der Ton bricht ab. Manuel lehnt sich zurück. ”Danke.” Bea ist erleichtert und vergisst sogar für einen kurzen Moment ihre Platzangst. “Gern geschehen.”
In diesem Moment ertönt Beethovens Fünfte in grausamer Tonqualität. Thomas greift in seine Jackettasche und zieht sein Mobiltelefon heraus. “Ja. Ich habe es doch geschrieben. Ich hänge im Fahrstuhl fest!” Auch der Arzt kramt sein Handy aus der Tasche und beginnt zu telefonieren: ”Ja, Schatz. Ich komme später. Ich stecke im Fahrstuhl fest. Ja, ja. Ich weiß! Keine Ahnung wie lange.”