Es gibt gar keine 1:1 Umsetzungen, egal von welchem Medium in ein anderes.
Warum die Leute es wollen? Nun, zunächst mal wollen sie es ja nicht für jedes Werk, aber wenn man Erwartungen an die Umsetzung hat, ist man ja in der Regel Fan der Vorlage und möchte möglichst viel davon in dem anderen Medium, hier also Film, wiederfinden. Möglichst viel heißt nicht, dass Szene für Szene, Wort für Wort 1:1 aus der Vorlage übernommen wurden. Kann auch gar nicht, weil sich Medien und Kunstformen wie Literatur, Film, Videogames komplett anders verhalten. Wird schon bei der Vorstellung deutlich, mal 5 Seiten eines Romans vor dem inneren Auge abspielen zu lassen. Und Filme über vier Stunden sind einfach tödlich, in der Regel sind schon drei ungut fürs Einspiel.
Wenn wir einen Roman gut finden, wollen wir, dass bei der Filmversion der Roman noch erkennbar bleibt, dass die Figuren so bleiben, sich so verhalten und so aussehen, wie man das dem Buch entnommen hat. Dann ist das Aussehen aber schon so ein Faktor, der niemals vollkommen passend in der Übertragung sein kann. Wir wollen, dass die Handlung die bekannte Handlung ist, weil wenn sie es nicht ist, warum heißt das Ding dann so wie unser geliebtes Buch?
Ein Extrembeispiel und eher humorvoll gemein:
Herr der Ringe - Alternativversion(YT)
Wenn das aus Herr der Ringe wird, ist es nicht mehr Herr der Ringe, so wie wir es lieben gelernt haben und Fans sind in der Regel enttäuscht und dem Macher, in diesem Fall Tolkien, wurde nicht der Respekt gezollt, den er verdient.
Adaption ist durchaus schwierig, besonders bei so gigantischen Werken wie "HdR". Auch Potter zu adaptieren ist nicht einfach, aber da ist der allgemeine Konsenz schon stärker zu ernüchterten Fanreaktionen hin. Ich kenne keinen Potter-Fan, der mit irgendeiner Verfilmung absolut zufrieden ist. "Absolut zufrieden" heißt nicht, dass jedes Wort des Romans auf die Leinwand übertragen wurde, sondern dass es immer noch Potter ist und dass die Geschichte die ist, die wir gelesen haben. Etwas komprimiert, hier und da etwas anders und eben ein Film, aber die Geschichte die wir kennen.
Man muss sich auch fragen, was man erreichen will mit einer Verfilmung.
- Will man abkassieren, stutzt man sich die Vorlage so zurecht, dass die Vorlage noch erkennbar ist, aber auch Unkundige keine Probleme haben und am besten Ecken und Kanten und Unwichtiges für Lauflänge und Rating ausbügeln.
- Will man primär Fans beglücken, klammert man sich fast sklavisch an die Vorlage. Die Special Extended Editionen von Herr der Ringe sind z.B. ein Bonbon für die Fans; Jackson hat mehrfach gesagt, dass die Kinofassung quasi seine Director's Cuts sind, oder zumindest sind es die SEEs nicht.
- Will man Kritiker beeindrucken, (schreibt man am besten was Eigenes) hält man sich möglichst nahe an der Vorlage, transportiere die Ideen und Eigenheiten des Vorlagenmediums aber am besten geschickt auf den Film und füge "kluge", aber nicht zu ausufernde eigene Ideen hinzu. Ein Rezept dafür gibt es nicht.
Hitchcock hat z.B. häufig einfach nur die Plots oder einzelne Szenen von Romanen genommen und daraus ziemlich unterschiedliche und stark abweichende Filme gemacht. Für die Rezeption gibt es keine Garantie. Es kommt drauf an, wie sehr man an der Vorlage hängt und wie gut die Umsetzung ist und eigentlich kann man das über jede Variante sagen.
"Watchmen" ist auch ein gutes Beispiel. Etwas mehr als die Hälfte ist wirklich nah dran an einer 1:1 Umsetzung. Das ist bei einem Comic, der die Visualisierung quasi vorgibt, auch schneller ersichtlich. Die zweite Hälfte hatte mehr Abweichungen und in der Regel wurde der Film größtenteils dafür von den Fans kritisiert. Kritiker hingegen warfen Snyder vor, er klammere sich zu sklavisch an die Vorlage, habe keine eigenen Idee und pause nur ab. Wenn ich Snyder richtig verstanden habe, ist er selbst Fan und will es demnach diesen am ehesten recht machen, dennoch aber einen halbwegs guten kommerziellen Erfolg haben und nach Möglichkeit nicht nur Vorwürfe wegen Ideenlosigkeit kriegen, weil Kritiken auch eine Meinung beeinfluss.
Es ist also ein schmaler Grat und da es 1:1 nicht wirklich gibt, ist der Spielraum zwischen zu nah an der Vorlage und zu weit weg von der Vorlage, ziemlich groß. Vom berühmten Mittelweg zu sprechen ist zwar simpel, passt aber. Der Rest ist subjektives Geschmacksempfinden.
Ein Wort noch zu Remakes: Die müssen (!) eigentlich von Natur aus etwas deutlicher Abweichen, damit ihr Zweck überhaupt gerechtfertigt ist. Bei Verfilmung von Literatur geht es eben um diese Übertragung aus einem anderen Medium. Remakes sollten nur gemacht werden, wenn man klar davon ausgeht, Dinge des Originals besser zu werden. Der Technikaspekt wird da gerne genommen, auch wenn ich ihn nicht immer mag. Inhaltlich sollte da auch so Manches möglich sein. Das "Psycho" Remake ist ein einfallslose Pseudo-Hommage, die außer Farbe und ein bisschen deutlicheren sexuellen Referenzen nichts Neues bietet und dadurch gescheitert ist. Das "Halloween" Remake ist nur noch an der Oberfläche, durch die Namen mit dem Original zu verbinden. Die Grundlage ist vollkommen verändert, das Remake wirft zusätzliche Erklärungen hinzu und die färben auch aufs Original ab.