hab hier ne interpretation des filmes gefunden, die mir passt. so in etwa könnte ich mir das vorstellen
Donnie Darko
USA 2004. R.B: Richard Kelly. K: Steven Poster. S: Sam Bauer, Eric Stand. M: Michael Andrews. P: Pandora Cinema, Flower Films u.a. D: Jake Gyllenhaal, Drew Barrymore, James Duval, Patrick Swayze u.a. 100 Min.
Leben oder Sterben in den 80ern
VOX
Sonntag, 06.08.2006, 22.00 Uhr
Jeder Film ist eine "Zeitreise": Er kündet mit seiner Ästhetik und Erzählhaltung von der Zeit seiner Entstehung - läßt sich mithin sogar als Beitrag zur "Mentalitätsforschung" einer Epoche nutzen. Richard Kelleys "Donnie Darko" ist so gesehen ein hochinteressanter Film, der so tut, als käme er aus den 80er Jahren, der uns vor Augen führt, wie wir die jüngste Vergangenheit sehen, und der dieses Thema im Rahmen einer Zeitreise-Geschichte verdoppelt.
Donnie ist ein typischer Teenager Ende der 80er Jahre. Auf der Suche nach seinem Selbstbild, im Konflikt mit seiner Familie, an der Schwelle des Erwachsenwerdens. Und doch unterscheidet ihn vieles von seinen Altersgenossen: Er leidet unter "paranoider Schizophrenie", wie seine Therapeutin den Eltern mitteilt. Donnie wacht nachts auf, verläßt das Elternhaus und findet sich morgens weit entfernt wieder. Eines Nachts rettet ihm dieser Somnabulismus das Leben, denn in sein verwaistes Zimmer fällt ein Flugzeugtriebwerk.
In der Folge werden Donnies Erlebnisse immer skurriler: Er begegnet nachts einem 1,80 Meter großen Mann im Hasenkostüm, der ihm zu verstehen gibt, daß in vier Wochen die Welt untergeht. Auf der Suche nach Antworten über diese "Botschaft aus der Zukunft" erhält er von einem Lehrer ein Buch über "Die Philosophie der Zeitreise", in dem seine Erlebnisse minutiös vorhergesagt werden. Alle Fäden in Donnies Leben führen auf einen Punkt zu - und diesen Punkt erreicht er in der Halloween-Nacht 1988, einer Nacht, in der sich sein Schicksal bestimmen wird und seine Fragen eine Antwort finden.
"Donnie Darko" ist ein großartiger Film über Zeitreise, weil er dieses Thema so perfekt vergegenständlicht. Blickt man an dem Mysterium, das die zeit-paradoxe Erzählung präsentiert, einmal vorbei, lassen sich zahlreiche Details erkennen, die aus "Donnie Darko" eine Studie über das Ende des alten und den Beginn des neuen Jahrtausends machen. Augenscheinlich ist die Erzählung Ende der 80er Jahre angesiedelt. Hinweise auf den Wahlkampf zwischen George Bush Sr. und Michael Dukakis situieren die Geschichte in 1988. Der Film selbst sieht aber keineswegs nach 80er aus (einmal abgesehen von der Musik, die jedoch in Retro-Zeiten ein sehr unzuverlässiges "Leitfossil" ist). Vielmehr bildet "Donnie Darko" einen Blick auf diese Zeit verbunden mit einer analytischen Position aus seiner Produktionszeit. Im Rückblick wird der sich mit Bushs Wahlsieg zementierende Neo-Puritanismus einem kritischen bis sarkastischen Blick unterzogen: Der Ethik-Unterricht in Donnies Schule ist undifferenzierte dualistische Gut-Böse-Esoterik und der ortsansässige Guru der Kopf eines Kinderpornorings.
In dieser Gesellschaft wächst eine Jugend heran (repräsentiert durch Donnie und seine Schwestern), die sich entweder dafür entscheidet, sich vom System korrumpieren zu lassen oder es zu hinterfragen - was gleichbedeutend mit einer Krankheit ist. Das, was Donnie seiner Therapeutin erzählt und was wir zusammen mit ihm erleben, sind eigentlich nichts anderes als typisch adoleszente Probleme - in der gesellschaftlichen Konfiguration, die "Donnie Darko" schildert, allerdings krankhafte Probleme. Nähme man den Film als ein Coming-of-Age-Drama, wäre die Zeitparadoxie auflösbar als ein moralisches Dilemma: entweder in dieser Zeit überleben, sich anpassen und die Sicht auf die Wirklichkeit gesellschaftskonform so verzerren, daß man die Authentizität verliert oder den Tod wählen als einen Akt des finalen Aufbegehrens gegen diese Mechanismen. Die Zeitreiseparabel verdeutlicht uns diese Optionen und verschiebt die Wahlmöglichkeiten in ein teleologisch-theologisch abstraktes Gedankenexperiment.
Man kann sich der Suggestivität des Films nur schwer entziehen. Vor allem die scheinbare Teilnahmslosigkeit Donnies - grandios verkörpert von Jake Gyllenhaal - provoziert den Zuschauer beständig und läßt ihn an seiner Stelle nach rationalen Erklärungen für die Erlebnisse suchen. Diese Suche wird dadurch erschwert, daß wir Augenzeugen von Donnies Sicht der Dinge sind: Wir sehen den Hasen, sehen die unsichtbaren Barrieren, die er errichtet, sehen die "Gottespfade", die den Menschen aus den Körpern wachsen und die wirklich in deren Zukunft, bzw. an deren zukünftigen Aufenthaltsort weisen. Je mehr wir mit dieser Sichtweise identifiziert werden und sich unser Bild mit dem Donnies zur Deckungsgleichheit bringt, desto tiefer ist der Sturz in die Erkenntnis am Ende des Films, als das Realitätsprinzip wieder Einzug hält.
"Donnie Darko" ist erst auf DVD zu einem Erfolg geworden. Seine kryptische Erzählung im Verbund mit der eigenartig "zeitlosen" Bildästhetik (beides hat ihn immer wieder das Attribut "lynchesk" eingetragen) scheinen nicht Kino-affin, wirken wohl nur in jenem Medium, das im Film selbst ausschließlich als Werkzeug der Agitation und Manipulation inszeniert wird. Über Fernsehen und Video wird in "Donnie Darko" Aufklärung geleistet, Politik gemacht und Esoterik verkauft. Donnie ist der einzige, der sich von diesen Mechanismen unbeeinflußt zeigt, was ihm - wie in besagter Unterrichtsstunde - schließlich auch zu einem Renitenten stempelt.
quelle: sb.com
was halltet ihr davon, seit ihr der gleichen meinung, oder meint ihr, hier wird zuviel hineininterpretiert?