Der Gott des Gemetzels ~ Winslet, Waltz, Polanski [Kritik]

McKenzie

Unchained
@Woodstock
Kann man schon so sehen, aber ich glaube nicht, dass der die ganze Zeit so denkt & fühlt wie damals als er die Tat begangen hat. Soll keinesfalls keine Entschuldigung für ihn sein, gemacht hat er es ja so und so, und dadurch wird er mir immer suspekt und unsympathisch bleiben. Nur wegen dem, dass man in seinen Kopf hineinsieht, da wird man glaub ich momentan wahrscheinlich nicht so viel verbrecherischeres oder abartigeres finden als beim Herrn Maier von Nebenan.



Wobei, hm. Bei manchen Nachbarn frag ich mich schon... :ugly:
 

Woodstock

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McKenzie schrieb:
@Woodstock
Kann man schon so sehen, aber ich glaube nicht, dass der die ganze Zeit so denkt & fühlt wie damals als er die Tat begangen hat. Soll keinesfalls keine Entschuldigung für ihn sein, gemacht hat er es ja so und so, und dadurch wird er mir immer suspekt und unsympathisch bleiben. Nur wegen dem, dass man in seinen Kopf hineinsieht, da wird man glaub ich momentan wahrscheinlich nicht so viel verbrecherischeres oder abartigeres finden als beim Herrn Maier von Nebenan.



Wobei, hm. Bei manchen Nachbarn frag ich mich schon... :ugly:
Naja, Ermittler und Psychologen können aus Schriftstücken von Gewaltverbrechern lernen. :ugly:

Es ist eben so das derselbe Kopf der diesen Film kreiert hat, dieses Stück Kunst, ebenfalls dieses Verbrechen geplant und ausgeführt hat. Sobald du dich mit einem Gedankengang im Film indtifizierst, indentifizierst du dich mit einem Sexualverbrecher...

Andererseits... Wer hat einen kränkeren Verstand als ein Autor? Vergewaltigung, Mord, Krieg oder Genozid jeder Autor tötet in seinem Leben Millionen an Menschen und perfektioniert diese Fähigkeit mit jedem Werk. Ein Mord über den du schreibst hast du im Prinzip geplant. Natürlich ist es ein Unterschied ob man die Tat nur plant oder ob man sie am Schluss tatsächlich ausführt.

Aber es sei versichert, ein Autor kann kein ein guter Verbrecher sein, denn er hat denn natürlichen Zwang einen Fehler zu machen durch den der Held ihn finden kann. Es ist einfach in seiner Natur. Der Autor schreibt für sich aber auch weil er will das andere sein Talent erkennen und seine Geschichten lesen. Wenn er Bösewicht einen Mord begeht und dabei keine Fehler macht, kann der Held nicht zum Helden werden und die Geschichte kommt nicht zustande.


Ich glaube ich bin gerade ganz brutal abgeschweift.
 
P

PlanetSoap

Guest
polanski diskussionen sind immer kontrovers und bei jedem neuen film, der von ihm rauskommt, erinnert man sich an sein verbrechen. dennoch stellt sich bei seinen filmen die frage, sollte man sie sich nicht mehr angucken bzw gut finden, weil er ein vergewaltiger ist?

ich kann doch sein werk auch ohne diesen bezug beurteilen und gut finden. zB war richard wagner ein eiskalter antisemit, trotzdem hat er wundervolle musik geschrieben. und ich würde lügen, wenn ich behauptete, ich fühle nichts wenn seine musik höre.

(an dieser stelle möchte ich auch sagen, dass woodstocks vergleich mit von braun nicht passt. er war kein künstler sondern hat waffen für die nazis entwickelt. also passt diese gegenüberstellung nicht wirklich)

darf man jetzt auch tanz der vampire gut finden, den ghostwriter aber nicht mehr?



damit wir uns richtig verstehen. ich wollte nicht cruises scientologywahn mit polansiks vergewaltigung gleichsetzten. das ist dann doch ne andere liga, obwohl cruise für mich auch nicht viel mehr ist als ein nazi, wenn er es für richtig hält den planeten zu säubern und die kleinen fische in der sekte für sich schuften lässt wie sklaven.

der rezipient sollte die möglichkeit haben, ein werk unabhängig von seinem schöpfer bewerten zu können. in wieweit es verwerflich ist, mit dem kauf einer dvd oder einem kinobesuch etc denjenigen zu unterstützen, sein dahingestellt. dennoch hat das nichts zu tun mit der qualität der kunst.

und noch ein bekenntnis: ich würde tom cruise nie die hand schüttlen wollen und ihm sagen, yeah ich bin voll der fan von dir. lass uns zusammen ein foto machen. dafür häge ich zu viel abscheu vor dem menschen. ebenso hätte ich kein problem damit, wenn sie polanski ins gefängnis sperren würden wegen seiner tat.

schließlich werden verbrecher und heuchler im nachhinein keine besseren menschen, nur weil sie einen tollen film oder nen super song oä fabriziert haben.
 

McKenzie

Unchained
Das ist schon richtig was du sagst, ein gewisser schaler Beigeschmack bleibt aber oft trotzdem, auch wenn man den Künstler dahinter ausblendet. Ich glaube, das meint Woodstock. Dass man sich zwar sagt, es ist nix dabei, ich schau mir den Film trotzdem an, und wenn er mir gefällt hab ich Spaß dran, aber da ist eben das "trotzdem", das bei Nicht-Straftätern oder bei dir Scientologie-Gehirngewäschten eben nicht da wär :smile: Und vielleicht das Gefühl, dass man den Mann unterstützt damit, auch wenn das eigentlich nicht stimmt. Nur weil man seinen Film ansieht, heißt man ja nicht die Vergewaltigung gut.
 
V

vizzle

Guest
Das, worüber hier gestritten wird, kann man dem klassischen Diskurs des werkimmanenten Ansatzes gegenüber dem, der biographisches/historisches/soziologisches Wissen miteinbezieht, unterordnen. Es gibt dabei keinen "richtigen" Ansatz, die Entscheidung muss jeder selbst treffen. Ich persönlich kann so ein Verbrechen nie ganz vergessen, andererseits muss man natürlich sehen, dass es ca. 35 Jahre her ist und der Mensch inzwischen ein völlig anderer sein kann.

Außerdem möchte ich, wie einige meiner Vorredner, dem Film eine Chance geben, wenn er wirklich Qualitäten im Dialog hat, die mir Spaß machen. Viele Regisseure sind keine unbeschriebenen Blätter und nochmal soviele haben schon Mist gemacht, von dem wir nichtmal etwas ahnen. Ich werde mir den Film anschauen und bin sehr gespannt. :smile:
 
B

Bader

Guest
Hui, grad gesehen, dass der bei mir in Freiburg um 21 Uhr im OmU läuft. Ich sims mal meine Buddys an und ziehen den dann mal rein.
 

Woodstock

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Ich persönlich interessiere mich ja auch für den Film und werde ihn mir bei Gelegehnheit anschauen. Das bedeutet aber nicht das ich das Verbrechen der Vergewaltigung unterstütze. Ich glaube in die Richtung zu argumentieren geht schießt über das Thema hinaus. Wenn der Zuschauer damit schon Vergewaltigung gutheißen würde, was wäre dann mit der Filmcrew oder den Schauspielern? Nein, den Film kann man getrost ansehen ohne Gewissensbisse zu haben zu müssen.

Was die Vergewaltigung angeht müssen das die Behörden klären.

@PlanetSoap
Der Vergleich war nicht auf Kunst bedacht sondern darauf das beide für etwas bestimmtes bekannt sind und sich damit einen Namen gemacht haben. Nichtsdestotrotz sind sie Verbrecher.
 
B

Bader

Guest
Gestern ne Begleitung gefunden und mit ihr den Film im OmU reingezogen. Eins vorweg, ich hab mich über den Film null informiert, einfach nur schnell den Fazit von Jay überflogen und die Bestätigung bekommen, dass ein Besuch sich lohne.

Man merkt an dem Film an, dass die Vorlage ein Theaterstück war und dass der Film nur auf 4 Personen beschränken tut. Alle vier haben genial gespielt, herrlich war die langsame Steigerung ins Absurde. Allein wie sie geschauspielert haben, allein wie sich alles durch die Dialoge entwickelte, allein was da alles ausgesprochen wurde, wie man darauf reagierte, wie es weiterging und herausstechend ist auch, dass jede Person ne komplett eigene Persönlichkeit hat mit deren Schatten und Lichtseiten... wobei ich bei Waltz nicht so ganz sicher war... :ugly: Das seht ihr selber dann... Waltz hat natürlich alle mal locker an die Wand gespielt, Jodie hat eine Seite gezeigt, wo ich extrem überrrascht war wie die abgehen kann, Reilly war einfach nur awesome :biggrin: und Kate ist Kate... gandiose Darstellerin ohne Frage.
Die Chemie zwischen den vier passt perfekt und wie sie ihren eigenen Charakter rüberbringen und ... ähm ich merk schon, dass ich mich langsam verfange...

Unter dem Strich soll jeder Filmfan, der mit Schauspielkunst und geschliffenen Dialogen sowie Satire was anfangen kann den Film angucken. Das Publikum (bestehend aus fast generell Ü40) hat den Film so abgefeiert und das sagt viel aus!

Highlights waren für mich...
Dass Waltz immer wieder ans Handy ging... ALTER :ugly:
Winslet wird es schlecht und übergibt sich mitten im Wohnzimmer... eeeeeh :biggrin:
Foster rastet komplett aus... puuuuuh, da bekommt man Angst oO
Waltz fechtet jeden und alles an und grinst dabei so gehässig :biggrin: Er kann einfach wunderbar n miesen Arschloch spielen und trotzdem feiert man ihn ab :ugly:
Die Wandlung von Reilly vom lieben gastfreundlichen Mann zum asozialen Sack... herrrrrrrrlich! :biggrin:
Winslet besoffen... das sagt alles aus... awesome
 

Joel.Barish

dank AF
Habe den inzwischen auch gesehen. Und ich teile Baders Erfahrung im Kinosaal, dass die überwiegend Ü40 Leute enormen Spaß hatten. Wie sehr sie die geistreiche Selbstzerstörung der Protagonisten reflektiert haben, weiß ich aber nicht. Soll auch nicht heißen, dass es nur was für ältere Semester ist, aber ich kann mir schon vorstellen, dass das nochmal besser wirkt/mehr Spaß macht, wenn man selbst solche Kollegen, Freunde, Nachbarn etc. hat oder kennt und mit diesen (und damit den Protagonisten hier) alterstechnisch auf Augenhöhe ist. Allein deswegen störte Winslet schon ein bisschen...

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BG-Kritik: Der Gott des Gemetzels (Joel)
 
S

SlyFan

Guest
Wird geschaut. Sollte mich ja vom Alter her besonders ansprechen. Besetzung ist ja auch top und den Regisseur denke ich mir mal weg.
 
B

Bader

Guest
Tja Cammy... das kommt raus, wenn man den Film nur auf das eine reduzieren tut, eben zoffen. Hinter dem Zoffen steckt ne beissende Kritik an die Gesselschaft bzw den Umgang miteinander, dazu die intelligenten Dialoge. Gerade die Ü40 fühlen sich da verbunden aufgrund der eigenen Lebenserfahrungen, ich selber als 24 Jähriger konnte alles sehr gut nachvollziehen (da scho einige Hoch und Tiefs gehabt). Entweder man interessiert sich für die Thematik oder man lässt es ganz sein. Ein Zwischendrin gibt es da nicht!
 

Doni

New Member
Wir waren heute zu fünft im Kino. 22-26 Jahre. Wir haben uns köstlich amüsiert. Waltz war einfach klasse. :clap:

8,5/10
 

narn5

Elwood Blues
großartig!
walz gestik ist einfach göttlich! der gesamte cast ist super. einzig winslet fällt ein wenig ab, aber auch das noch auf sehr hohem level.
Am anfang habe ich mich sowas von fremdgeschämt irgendwie, war fast schon unangenehm.
keine sekunde langweilig und nur an ganz wenig stellen ein wenig unglaubwürdig, aber nie lächerlich.
ich habe mich am ende gefragt, lief da musik während des films oder nicht? weiss es einfach nicht. kann mir jemand helfen?

8,5/10 Kunstbüchern
 
V

vizzle

Guest
Ich möchte auch eine kleine Kurzrezension beitragen.


Der Film ist, wie schon mehrfach erwähnt, ein kurzes und unterhaltsames Kammerspiel, welches vorallem mit knackigen Dialogen zu begeistern weiß. Die Protagonisten gehören zum Bildungsbürgertum und lassen wenig Gelegenheit aus, ihr Niveau und ihr kultiviert-rationales Weltverständnis zur Schau zur stellen. Im Laufe des Plots offenbaren sie ihre menschliche Begrenztheit unfreiwillig und geben sich dem hin, was sie zu Beginn noch so bemüht zu verstecken suchen: Den niederen Bedürfnissen. Herrschsucht, Egoismus, Aggression, Triebe. Alles gerät außer Kontrolle und so entwickelt sich ein friedliches Gespräch zu einer emotionsgeladenen Konfrontation. Für mich stachen, wie ich vorher gehofft hatte, knackige Dialoge heraus, die sich niemals zu ernst nahmen. Die menschliche Komödie wird überzeugend dargestellt. Die Handlung wird in einem Maße überzeichnet, welches erlaubt, sich in die Charaktere zu versetzen und sich zeitgleich zurückzulehnen und herzhaft zu lachen. Eine gute Portion Fremdschämen ist dem Zuschauer ebenso gegönnt, wie herrliche Schadenfreude, wenn man der Gesellschaftselite dabei zusieht, wie sie sich völlig lächerlich macht.

Der Gedanke, der den Film permanent begleitet, ist die gesellschaftliche Maskerade, Normen und Tugenden, die nicht immer unter allen Umständen aufrecht erhalten werden können. Die Entlarvung der Figuren findet in dem Moment statt, in dem ihnen die Kontrolle abhanden geht, sie sich auf ihre materielle Habgier und Verlogenheit reduzieren.

Zu kritisieren habe ich das leichte Overacting von Jodie Foster. Entgegen einiger anderer Meinungen hier finde ich Winslet ziemlich im Rahmen. Außerdem fällt die dialogische Spannung im letzten Viertel des Films minimal ab. Der einzige andere Wehmutstropfen, den ich noch nennen sollte, ist die wirklich sehr kurze Laufzeit des Films. Auf der anderen Seite würde der Film viel Würze und Rhetorik einbüßen, wenn die Handlung gestreckt worden wäre.

Ein Film für Leute, die...

schwarzen Humor schätzen
über sich selbst lachen können
ab und zu gerne Schadenfreude empfinden
weder auf absolute Realitätsnähe noch auf abgedrehte Actionfilme bestehen.

KEIN Film für Leute, die...

sich über eine kurze Filmlänge echauffieren
Action brauchen
Hollywood-Dramaturgie bevorzugen
keine hässlichen Männer im Close-Up ertragen :wink:


Ich vergebe gut gelaunte


8 von 10 Punkten.
 

Deathrider

The Dude
Auch neulich gesehen und für seehr cool befunden. Vorbildlich vorlagengetreu, innovativ, entlarvend, anstrengend und trotzdem auf absurde Weise spaßig von der ersten bis zur letzten Minute. Hier sieht man konsequenter Eskalation zu. Besser kann man es mit Doppelmoral gar nicht aufnehmen, als diese (durchweg hervorragend gespielten) vier Menschen zu zeigen, die ihre Kultiviertheit anfangs so hochhalten, sich aber auf die aller unterschiedlichsten Arten und Weisen (anfangs nur subtil, später mit dem Dampfhammer) so unglaublich daneben benehmen wie es nur geht. Und für was? Die letzte Einstellung zeigt es.

9 / 10 Föhne im Dauereinsatz
 
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