BG Kritik: „A XXX Parody“ – Szene 3
Dem Erotischen Film generell nicht abgeneigt, durfte ich nun heute einen exklusiven Blick auf das neueste Werk aus der schwengelschwingenden Traumfabrik werfen und eine erste, exklusive Kritik verfassen. Nun denn!
Zuallererst möge vorangestellt sein, dass ich mich bewusst niemals über die Geschehnisse hinter den Kulissen einer Produktion informiere. Eine Rosette ist eine Rosette ist eine Rosette, wie eine von mir verehrte Dichterin einst sprach. Was auch immer ein Regisseur oder Autor mit seinem Werke zu bezwecken versucht haben möge, es zählt letzten Endes nur die Wirkung, die das Endprodukt auf den geneigten Zuseher haben wird. Diese Einstellung mag der ein oder andere Genosse meiner Zunft nicht zur Gänze teilen, dennoch werde ich aus diesem Blickwinkel beurteilen um eine größtmögliche Objektivität, soweit sie in der Kunst (und ja, jeder pornografische Film ist auch Kunst) denn möglich ist, zu gewährleisten.
So werde ich nun eine kurze Abfolge der einzelnen Begebenheiten der vorliegenden Szene bewerten, und danach zu einem vorläufigen Fazit ausholen.
Wir sehen zwei Männer, unterschiedlich gekleidet, einer davon bereits dezent frivol gar nur zur Hälfte. Wir sehen ein Pferd, ein Anwesen, eine masturbierende Dame im Raumanzug. Diese verschwindet sodann einfach aus der Szene. Man wird erst einmal von Sinneseindrücken überwältigt. All dieser Aufbau, noch ist unklar wohin die Reise führen mag. Der glanzlose Abgang der Dame sorgt für eine hochgezogene Augenbraue der Verwirrung.
Der plötzliche und grausame Tod des wohlsituierten Mannes verfehlt seine Schockwirkung nicht. Dennoch bin ich im Zwiespalt, inwieweit dies nicht dem eigentlichen Sinne eines solchen Werkes einen Bärendienst tut. Ich kann mir vorstellen, dass sie beim Gros der moderateren Zuseherschaft eher die erotisierende Wirkung eines Eimers kalten Wassers über den Kopf oder einer heißen Herdplatte auf der Hand hat. Möglicherweise sind auch nur meine Interessen nicht “tief genug” in der Materie vergraben, um ein nicht ganz unschlüpfriges Sinnbild zu bemühen.
Plötzlich erscheint aus dem Nichts(?) ein dritter Charakter und dominiert die Szene und gleichzeitig auch seine Szenenpartnerin. Man mag nun erwarten dass dieser spontane Ausbruch eine ähnlich befremdliche Wirkung auf mich habe würde wie die Szene davor, doch muss ich gestehen von dieser spontanen Energie gebannt gewesen zu sein. Und nun kommen wir dank ihm auch zum Kern der Sache, einer durchau soliden Szenerie des menschlichen Koitus in all seiner bizarren Schönheit. Roh, derb, ungeschminkt (Letzteres natürlich nicht auf die Darsteller bezogen). Auch der Wurf des übervollen Kondoms in Richtung der Kamera, des “mitschauenden”, voyeuristischen Auges, gleichzeitig das direkte Fenster zum geneigten Zuseher, ist ein wunderbarer intimer Moment. Sogleich erneut angefacht durch den schon beiläufig bekannten Herren vom Beginn der Szene, der uns eine unerhoffte Zugabe beschert und somit auch eine zweite Standing Ovation, wie man es nennen könnte... Das Finale lässt nur wirklich keine Wünsche offen. Die Geschlechterrollen werde keck umgekehrt, der Mann wird zum zarten, gar devoten Part, die Frau hat wie man sagen könnte die “Zügel” in der Hand. Ein starkes Bild, dessen gemeinsam hervorgebrachtes Produkt der Wollust sich dann im großen Schlussbild auch erfreulicherweise auf der Dame wiederfindet.
Das ist es, was wir sehen wollen. Sollten wir immer nur gefüttert bekommen was wir kennen und wieder verlangen? Darüber mag man freilich trefflichst streiten können. Dennoch ist ein Sexfilm ohne einen Sex eben nur…ein Film. Und keiner meiner geneigten Mitkritiker wird so tief sinken, eines dieser Machwerke zu bewerten, das sei an dieser Stelle dem geneigten Leser versichert.
Wie werten wir das Gesehene nun?
Es sei vielleicht noch erwähnt (auch wenn dies wohl zwischen den Zeilen bereits herauszulesen war), dass der geneigte Kritiker in meiner Person im schlüpfrigen Filmgeschehen ein Bewunderer des Cinéma vérité ist, des “Wahrheitskinos” wie es die deutsche Sprache so treffend umschreibt. Kleiner Rahmen, echte Menschen, nackte (oft im wahrsten Wortsinn) Realität. Die mir vorliegende Filmszene bietet nun zu Beginn leider recht wenig in dieser Richtung. Zu aufgemotzt, zu extrem fallen manche Entscheidungen aus, die Nähe, die Intimität leidet darunter merklich.
Dennoch ist sie nicht bar jeglicher Qualitäten. Mutig die Entscheidung, einen gerade noch beinahe zärtlichen Moment der weiblichen Selbstliebe mit einem direkt darauf folgenden brutalen (und zugestandenermaßen kreativen) Tod zu kontrastieren. Hier und in einigen anderen Momenten bietet sich dem Rezipienten durchaus ein Bild einer kreativen, nun, Vision mag zu viel gesagt sein, so doch einer gewissen Idee welche Mauern es hier einzureißen gäbe, welche Erwartungen man geschickt negieren und subvertieren könnte. Doch genau hier liegt für mich ein wenig die Krux des ganzen. Die Erwartungen an einen klassischen Pornofilm werden subvertiert, es sieht bunt aus, es ist laut, doch es scheint keine klare Vision zu geben, wie mit dieser neu gewonnenen Freiheit umzugehen.
Ganz anders jedoch die zweite Hälfte der Szene, die zwar in gewohnten (man möge beinahe sagen, konservativen) Bahnen verläuft, jedoch keine inszenatorischen Wünsche offen lässt.
So bleibt am Ende zu sagen, dass hier ein durchaus interessantes, aber ein wenig unausgegorenes Werk vorliegt. Die beiden Stile scheinen sich ein wenig zu beißen, und eine vereinende Vision scheint (noch) nicht erkennbar. Ich werde dem vollendeten Werk jedoch in jedem Fall eine faire Chance im Lichtspielhaus oder auf der Streamingseite meines Vertrauens den ein oder anderen Durchgang zuteil werden lassen, um zu einer fairen Gesamtkritik kommen zu können. Derweil ein kleines “Chapeau!” für zumindest den Versuch einer Grätsche zwischen Tradition und Moderne, zwischen Blockbuster und Arthouse.
6/10