Naturmystikk
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Cimmerier schrieb:Naturmystikk schrieb:[...]
Und ich würde davon abraten in so einer Diskussion mit Geschmacksfragen zu kommen, denn sonst lautet die Antwort zu jeder Diskussion: Ist halt geschmackssache. Die Konsequenz daraus ist, dass es keine guten oder schlechten Filme mehr gibt, "als müsste es auch schlechte Filme für schlechte Menschen geben". Von solchen Diskussionsansätzen hat niemand was, der Film wird ja dann letztlich auf ein tieferes Niveau gesetzt, als ob er nicht so wichtig wäre, sich drüber zu streiten (-> keine Kunst mehr).
[...]
Ich breche es keineswegs auf den Geschmack runter, aber eine generelle Aussage, Villeneuve könne keine Emotionen übermitteln ist unhaltbar. Woran machst du das fest? Nur weil du nicht ergriffen warst und dir der Zugang fehlt? Was ist die Messlatte?
Um die Messlatte genau zu definieren fehlt mir leider die Zeit, da bräuchte ich ein mehrseitiges Essay, darüber kann man ja auch Bücher schreiben. Ich mache es aber mal an dem Ende von Arrival fest, was ungemein stört und tiefgreifende Emotionen verhindert.
Das Ende von Arrival ist deterministisch geprägt. Als Louise in Ian den Vater ihrer Tochter erkennt und dabei auch weiß, dass sie nur eine kurze Zeit verweilen werden, wird einem klar, dass hier eine Moral aufgegriffen wird, die man ungefähr mit "Es passiert halt, ich kann sowieso nichts dagegen machen, wieso dann über Veränderungen nachdenken" umschreiben könnte. Sprich: Ethik ist unnötig, wenn wir sowieso wissen, was in der Zukunft passieren wird. Natürlich ist das, in der Szene in der wir uns im Film selbst befinden, eine emotionale Szene, vor allem für die Charaktere. Aber für uns? Was nehmen wir aus dem Film für unser Leben daraus mit, welche Emotionen, die wir durch den Film bekommen, bringen uns dazu, unsere Handlungen mehr zu reflektieren? Sprich: Welche metaphysischen Fragen hilft uns der Film entweder aufzuwerfen oder unsere Sicht auf die Dinge zu verändern? Und hier lautet die Antwort: Sofern man kein Determinist ist und an das unveränderbare Schicksal glaubt, also ein in sich passiver Mensch ist, der alles einfach passieren lässt, lässt uns der Film emotionslos zurück für unser Leben. Die Emotionen verweilen im Film, in der Szene, aber nach dem wir aus dem Kino gekommen sind, vergessen wir sie schnell wieder.
Shins schrieb:Zum Punkt Geschmackssache: Man sollte eine Diskussion nicht darauf herunterbrechen. Aber den Geschmack auch niemals außer Acht lassen. Der Blick sollte im Idealfall mit einem analysierenden und einem genießenden Auge geschehen. Denn auch das ist Kunst: Sie wird von jedem anders empfunden. Und ich würde davon abraten, eine Ebene der Diskussion zu betreten, in dem ein Film komplett objektiv gesehen und bewertet werden kann. Denn dann wird eine der wichtigsten Aspekte überhaupt außer Acht gelassen: Was macht ein Film mit einem persönlich?
Das wäre dann aber wiederum kein Kriterium, ob ein Film gut oder schlecht ist. Sonst kann man wieder über jeden Film behaupten, er wäre gut oder schlecht. Eben: Geschmackssache. Wenn eine romantische Komödie mit Adam Sandler mich zum weinen bringt, halte ich es für einen guten Film, aber ist das dann auch deswegen tatsächlich ein guter Film? Letztlich sagt dann gut oder schlecht rein gar nichts mehr aus und alles versinkt in einem Konsens. Lucas Curstädt von zweiteproduktion hat das (in einem Essay über den Filmkritiker Robert Hofmann) so ausgedrückt: Als wollten seine Zuschauer so durchschnittlich sein wie die Skalen auf Rotten Tomatoes. Dadurch lässt sich aber seine Kritik für oder gegen einen Film auf keine Verhandlungsbasis stellen, denn im Zweifelsfall wird sich in den sicheren und unumstößlichen Kokon der „eigenen Meinung“ zurückgezogen: Alles Geschmacksache, so die Devise der Entschuldigungsrede und damit gottgleiche Unfehlbarkeitsformel eben jenes Subjektivismus, der mittlerweile in allen gesellschaftlichen Sphären vorstellig wird. [...] Sein Gequassel ist dann natürlich so geschwätzig, wie das alltägliche Zuggespräch, das Mittagessen in der Mensa oder der Weg zum Kino – und genau das will das Publikum: Flache (im Sinne der Hierarchie wie des Niveaus) schnelle, verdauliche, bekannte, nach einfachen Konfektionsgrößen funktionierende Einordnungen.
TheRealNeo schrieb:Shins schrieb:Man braucht nur ein paar Jahre zurückschauen und findet nur sehr wenige Sci-Fi-Filme. Und wenn, dann großes, belangloses Spektakel oder komplettes Indie-Nischen-Produkt (was beides nicht wertend gemeint ist). Selbst buntes, aber schräges Event wie "Guardians of the Galaxy" wäre vor zehn Jahren noch undenkbar gewesen. Der Geschmack der Masse hat sich schon gewandelt. Man ist offener geworden. Ja, sowas wie "Arrival" oder "Auslöschung" ist leider noch immer für ein etwas gewählteres Publikum. Aber es tritt nicht mehr nur so im Untergrund auf, wie es mal war.
Wenn man mal nur die 2000er nimmt war doch auch da das Genre relativ präsent. Klar es ist die Frage, ob man AVATAR mit in die SciFi-Schiene stecken möchte oder einem da zu viel Fantasy dabei ist, aber auch der Film hat das Genre wieder, zumindest finanziell, in bestimmte Höhen gebracht. Und auch davor war es doch immer mal wieder mit mehr oder wenigen großen Filmen (MOON (2009), MINORITY REPORT (2002, ja Verfilmung einer Vorlage), WALL-E (2008), DISTRICT 9 (2009), SERENITY (2005), die drei STARGATE-Serien, WAR OF THE WORLD (2005), DONNIE DARKO (2001), EQUILIBRIUM (2002), K-PAX (2001), A.I. (2001), SUNSHINE (2007), SIGNS (2002), I, ROBOT (2004), THE ISLAND (2005)...) auch immmer wieder präsent und mit Ausnahmen auch innovativ.
Sehe da jetzt aktuell kein Mehr an Filmen und BLADE RUNNER 2049 ist ja dann leider wieder mehr ein Negativbeispiel was den Erfolg beim Publikum betrifft.
Es geht mir auch bei der Krisenbennenung nicht darum, dass wenige Sci-Fi Filme produziert werden. Tatsächlich haben wir in der Nachfrage und im Angebot eine Steigerung in den letzten Jahren bekommen, nicht zuletzt durch den Erfolg von Avatar und den Marvelfilmen, die auch immer einen großen Sci-Fi Anteil haben. Mir geht es um die Identität der Filme, welche kulturellen oder metaphysischen Fragen sie aufstellen, was sie letztlich als Film zur Kunstform macht. Und bei der ganzen "Flut" von Sci-Fi Filmen sind eben nicht sehr viele dabei, die das schaffen. Letztlich ist das ja nicht nur ein Problem des Sci-Fi Genre sondern das unterliegt dem Kinofilm generell. Im Schnitt kommen natürlich jedes Jahr immer noch sehr viele gute Filme raus. Aber man muss das auch immer kulturdiagnostisch sehen, wie sich das in Zukunft entwickeln wird, auch bei Auslöschung im Falle der Verweigerung an eine Veröffentlichung im Kinorahmen. Das ist aber wieder eine andere Diskussion.