@Dr. Knobel: Aber ist dann eine "Digital Remastered"-Version nicht auch so eine technische Veränderung von alten Filmen? Nicht, dass du mich falsch verstehst - nachträglich eingefügte CGI-Effekte oder sowas finde ich überhaupt nicht gut.
Das sind für mich unterschiedliche Dinge. Wenn das Filmmaterial überarbeitet wird, sprich Bild und Ton, ändert sich ja nur die Qualität des Materials, aber nicht der Film, der prinzipielle Look (Ich komme unten darauf noch einmal zurück) oder die Aussage des Films.
Wenn man die damaligen 35 mm-Bänder nicht "rettet", sind die ja zudem in ein paar Jahrzehnten ohnehin dahin. Was da teilweise passiert ist und immer noch passiert, ist unfassbar. Als Beispiel nenne ich nur mal die deutsche Originalfassung von PSYCHO, die in einem niederländischen Lagerhaus vor sich hingammelte (Allerdings gut aufbewahrt), viele alte Sachen von Charles Band von seiner Empire-Zeit oder auch einige Cannon-Produktionen, wo teilweise kein Schwein mehr weiß, wo die Bänder hin sind. Was man da teilweise erlebt, ist unfassbar.
Da bedarf es alleine schon eine technische Aufbereitung, um die Filme dauerhaft für die Nachwelt zu erhalten.
Jetzt kommt aber auch dabei das große "aber": Einigen Filmen tut auch das nicht gut, weil sie digital aufgemotzt in 4K oder was auch immer einfach nicht mehr den Look von damals haben. Ich alter Sack bin ja ausschließlich noch mit 35 mm-Kinofilmen aufgewachsen und für mich ist das auch nach wie vor das Maß aller Dinge, weil Kino für mich 35 mm in 1:2,35 ist und so am besten aussieht.
Die Filme - vor allem - aus den 70er- und 80er-Jahren wurden dementsprechend auch so konzipiert und gefilmt, dass sie so am besten wirken. Daher wirkt das bei einigen Neuauflagen, auch wenn es nötig und das Bild qualitativ besser ist (Kein Korn, kein Flimmern usw) für mich persönlich falsch.
Das soll aber keineswegs etwas an der Aussage ändern, dass diese Neuabtastungen in meinen Augen anders zu bewerten sind, als nachträglich eingefügte Effekte. Fügt man heute digital etwas ein, ist es in den meisten Fällen einerseits unnötig und andererseits stoßen da digitale Effekte der heutigen Zeit auf "echte" Effekte der früheren Ära. Das führt zu einem visuellen Mischmasch, der - egal, wie gut es gemacht wurde - den Look des Films verändert und mich stört.
Wenn Regisseure aber darüber reden, was sie anders machen *würden*, finde ich das schon wieder interessant. So geschehen ja bei den erwähnten Beispielen im verlinkten Video, wo PT Anderson deutlich kommuniziert, dass er seinen Geltungsdrang und Narzissmus in "Magnolia" beschneiden, sprich den Film ordentlich kürzen würde. Oder eben Sam Raimi, der schon relativ früh nach "Evil Dead" einsah, dass die berühmt-berüchtigte "Tree Rape" Szene den gewollten Zweck verfehlt und am liebsten nicht im Film gelandet wäre. Aber: beide genannten Regisseure belassen es bei diesen verbalen Eindrücken und Beschreibungen.
Die Diskussion seitens der Regisseure finde ich auch interessant. Ich kann das auch nachvollziehen, denn ein 70-jähriger Craven sieht Dinge heute sicherlich anders als ein 30-jähriger Craven, ist auch handwerklich gewachsen usw. Trotzdem finde ich es falsch, da etwas herauszunehmen, weil es heute nicht mehr "in den Lebenslauf" passt. Er war ja so clever, das auch einzusehen.
Aber (das kam jetzt nicht von Dir) ja, sofern die relevanten Fassungen separat (!) erhältlich sind, kann man das machen und dann soll es mir egal sein.
Das geht ja eher in den Bereich Zensur und Jugendschutzanpassungen, Altersfreigabe und TV-Richtlinien, daher würde ich das fürs eigentliche Thema etwas ausklammern .
Gebe ich Dir recht. Nach meinem Geschmack wird bei dem Thema generell zu viel in einen Topf geworfen. Aber Neo hatte da ein Beispiel gebracht, und ich wollte nur ergänzen, dass das weder ein Einzelfall, noch das schlimmste Beispiel ist.
Prinzipiell find ich verschiedene Schnittfassungen interessant
, aber dann auch nur bei bestimmten Filmen und nur wenn es wirklich unterschiedliche Abweichungen ergibt. Königreich der Himmel, Aliens, Apocalypse Now, Blade Runner, Herr der Ringe die haben da schon sichtlich von profitiert.
Einerseits kann man darüber nun wahrlich diskutieren, andererseits: Was sind denn nun "bestimmte" Filme und wer legt das fest?
Längere Fassungen von diversen Horror- und Actionfilmen, die fürs Kino oder TV gekürzt waren, sind ja eh auch wünschenswert. Das ist dann für mich nicht zwingend der Director's Cut, eher die finale vollständige Fassung. Gibt so einige Horrorfilme aus den 70ern und 80ern, die bis heute nicht vollständig unrated mit allem Material veröffentlicht worden sind. Damals nicht, weil ja viel zu heftig für das Publikum... wieso heut nicht?
Jepp, und dann sind wir wieder an dem Punkt, wo ich sage, dass hier zu viel in einen Topf geworfen wird. Natürlich sind nachträgliche VÖ eines Werkes, das seinerzeit geschnitten werden musste, um überhaupt erscheinen zu können, ein Segen. Die eigentliche Fragestellung war nach meinem Verständnis jedoch eine andere.
Tyler sagte, dass prinzipiell immer der Regisseur das letzte Wort haben sollte, aber der Meinung bin mittlerweile nicht mehr so ganz. Bestimmt war es falsch, David Fincher bei Alien 3 überall reinzureden, oder ähnlichen Talenten generell, aber es gibt sicherlich viele Fälle, in denen ein Jungtalent dann doch überfordert war und erfahrene ältere Produzenten etc den Film so gerade noch retten konnten.
Jepp, ein Paradebeispiel ist ja der hier schon zitierte DONNIE DARKO. Aber auch da sehe ich es grundsätzlich so, dass ich das nicht zu entscheiden habe und wenn es eine neue Fassung geben kann, dann soll es mir erst einmal recht sein, solange die gewohnte Fassung ebenfalls erhältlich ist.
Sehen würd ich gern Finchers gewünschte Endfassung von Alien 3, Lynchs Dune, Ayers Suicide Squad, Tranks Fantastic Four, die Langfassung von Batman Forever, die komplette Version von Der schmale Grat, die ungekürzte Version von Event Horizon, den Ulysses Cut von Waterworld, die vollständige Fassung von Hellraiser 4 und die No CGI Fassung von dem 2011er The Thing.
Bin ich komplett bei Dir. Da geht es aber in allen Fällen nicht darum, nach 30 Jahren was wegzuschneiden oder etwas hinzuzupacken, weil man plötzlich eine Eingebung hatte oder neue Effekte einfügen will, sondern darum, den Film in seiner ursprünglich gewollten Fassung zu veröffentlichen. Und ganz nebenbei: THING von 2011 könnte so veröffentlicht werden, es ist nur schlicht zu teuer, weil die entsprechenden Szenen damals zwar gedreht, aber niemals in eine bestehende Fassung eingebaut wurden. Die müssten komplett abgetastet, geschnitten, farbkorrigiert, ergänzt und einkopiert werden. Universal hat daran kein Interesse, glaube mir. Es wurde versucht.
Was Änderungen von Effekten betrifft, bin ich zwiegespalten. Die unzähligen Änderungen von Lucas sind fast alle völlig belanglos, wobei ich den Special Editions mit ihren Ergänzungen bei weitem nicht so feindlich gegenüberstehe wie manch anderer (ich mag die). Eine neue Version von Supermans Gesicht in Justice League? Ja bitte? Ein neuer Scorpion King in Mumie 2? Ja bitte?
Da sprechen wir aber von digitalen Effekten, die seinerzeit aus dem einen oder anderen Grund einfach bescheiden umgesetzt wurden. Es würde da tatsächlich nicht weiter auffallen, wenn man da was ändern würde, weil Du den einen digitalen Effekt gegen den anderen austauschen würdest. Fängst Du jetzt aber z.B. bei ERDBEBEN an, digitale Effekte einzubauen, dann funktioniert das einfach nicht, weil es visuell schlicht grauenhaft aussieht - unabhängig von der Qualität der digitalen Effekte.