Ich liebe Endzeitfilme- und spiele und letztere sind ja leider im "Offene Welt" Bereich ziemlich rar gesät. Von daher war ich froh, daß ich 2008 mit Fallout 3 ein super Spiel zum Thema gefunden hatte. Auch heute zähle ich Fallout 3 noch zu einer meiner tollsten Spieleerfahrungen. Deshalb freute ich mich riesig, als es im August hieß, daß Teil 4 herauskommen würde. Nachdem ich das Spiel nun gute 10 Stunden gespielt habe, ist von meiner (damaligen) Vorfreude nicht mehr viel übrig geblieben, stattdessen herrscht nur noch Enttäuschung. Im Folgenden gehe ich mal auf ein paar Punkte ein, die mir bisher so aufgefallen sind:
Spielwelt:
Diese wurde im Vorfeld mit "riesig" tituliert (laut Gamestar). Als ich das erste Mal die Karte auf dem Pip Boy geöffnet habe, kam mir diese aber keinesfalls sooooo riesig vor. Im Gegenteil dachte ich: "das soll alles sein...?" Die tatsächliche Größe auszumachen ist recht schwer, trotzdem würde ich sagen, daß diese deutlich kleiner ist als die aus Skyrim. Eine kleine Spielwelt muß ja nicht immer etwas Negatives bedeuten. Somit dachte ich, daß diese dann wenigstens mit ordentlichen Details vollgestopft ist und man mit "Wow"-Ausrufen gar nicht hinterher kommt. Aber auch das ist den Machern nicht wirklich gelungen: hier mal eine Tankstelle, da mal ein größerer Ort, dann kommt da mal eine Fabrikanlage oder eben ein Fischerdorf. Alles schön und gut und das ganze sieht auch "endzeitmäßig" aus, aber eben keinesfalls detailiert, sondern einfach nur dröge. Ok, ist man das erste Mal in Boston, dann macht das schon an bestimmten Stellen Eindruck. Auf der positiven Seite kommt noch hinzu, daß man nicht alle paar Meter von Feinden attackiert wird, so bleibt immer mal wieder Raum für eine kleine Auszeit, um die Atmosphäre richtig aufzusaugen. Das sind dann die Momente, wo man sich richtig in der Spielwelt "verliert".
Grafik:
Dies ist ein Punkt, wobei die Meinungen wohl immer auseinander gehen werden: den einen ist die Grafik völlig egal, andere wiederum brauchen etwas für die Augen - ich zähle mich zu Letzteren. Deshalb frage ich mich, was Bethesda dem Spieler an Grafik im Jahre 2015 hier zu mutet. Teil 4 soll ja eine aufgebohrte Fallout 3 Grafik verwenden und an der teils tollen Lichtstimmung macht das auch einiges her. Besonders, wenn man des Nachts durch Boston schleicht, sieht das mit all den Lichtern schon toll aus. Aber der Rest ist wirklich nur als hässlich und nicht mehr zeitgemäß zu bezeichnen. Die Texturen sind verwaschen, die Charaktermodelle ein Graus, die Gebäude (oder andere Bauten) einfach seelenlos in die Pampa geklatscht. Auch die Spielwelt selbst wurde grafisch wenig detailiert umgesetzt und wirkt dabei steril und leblos - wer Rage (von 2011) von id kennt weis, wie detailiert Endzeit aussehen kann.
Gebäudebau:
Ich bin überhaupt kein Aufbauspieler und von daher interessiert mich dieses neue Feature im Spiel überhaupt nicht und bin froh, daß dies nicht auf Zwang eingesetzt werden muß. Ich gebe aber zu, daß dieses neue Spielelement durchaus seine Berechtigung hat im Spiel zu sein - denn es ist doch toll, etwas für den Wiederaufbau tun zu können und auf diesem Wege eine Art Heimat selbst zu erschaffen. Auch eine der ersten Mission greift wage auf dieses Element zurück. Man soll nämlich einen Sendeturm errichten, um so mehr Mitglieder für die Minutemen anzulocken - aber wie geht denn das? Dabei lässt einen das Spiel völlig allein und erklärt nicht mal, welche Bauteile man dafür bauen muß. Also, musste ich dafür im Internet nachforschen und bin schließlich bei der Komplettlösung zum Spiel fündig geworden: Sendeturm bauen und einen Generator daneben stellen. Wenn man´s weis ist es leicht. Aber das ganze muß noch mit´nem Kabel verbunden werden - man, bis ich herausgefunden habe wie das geht...
Baut man schon ein solch umfangreiches Element in ein Spiel ein, dann bitte liefert auch eine Anleitung dazu!!!
Power Rüstung:
Schon ziemlich früh im Spiel bekommt man diese Rüstung, wobei man als Spieler durchaus ein Gefühl davon erfährt, wie es ist Iron Man zu sein...Das Ding bringt sein eigenes HUD Display mit und die Steuerung geht merklich träger und schwerfälliger von der Hand - so merkt man tatsächlich, daß man in dem Ding steckt. Aber auch hier ist die Balance etwas schwammig. Denn schon kleine Krabbeltiere oder Mücken können einem, trotz Rüstung (!!!), Schaden zu fügen.
Missionen:
Auch dieser Punkt fesselt mich leider überhaupt nicht ans Spiel. Bisher habe ich nur Missionen a la "Befreie diese Region...", "Töte den oder die...", "Besorge mir dies..." - langweilig. Gerade der Einstig sollte den Spieler doch motivieren weiter dranzubleiben, aber bisher macht mir das Missionsdesign überhaupt keine Freude. Hinzu kommt folgendes: schon zu Beginn trifft man auf die Minutemen und natürlich schließt man sich diesen an. Nach ein paar simplen "Tötungsmissionen" wird man nach Boston geschickt, um dort eine Burg einzunehmen - das war glaube ich so die 8. oder 9. Mission im Spiel. Da ich die Missionen immer gern der Reihe nach mache, um sie so aus meinem Questbuch rauszubekommen und eine Questreihe auf diese Art abschließen will, habe ich mich also auf den Weg gemacht. Unterwegs trifft man auf Gegner die deutlich stärker sind als man selbst. Was bleibt da? Natürlich nur die Flucht. An der Burg dann angekommen, trifft man auch hier auf viel stärkere Gegner: entweder ich sterbe regelmäßig oder verbrauche meine ganze Munition. Also was bleibt einen da weiter übrig als diese Mission erst mal links liegen zu lassen? Also bin ich zu einem anderen Questort gereist. Dabei sollte ich ein Schwert wieder besorgen und auch den Sohn des Questgebers. So habe ich mich auf den Weg zum Ziel gemacht und treffe dort auf einen übermächtigen Bossgegner: aus Spaß habe ich mal in den God Mode geschalten und habe ca. 30 Sekunden Dauerfeuer auf den Typen losgelassen und erst dann war er tot...Man steigt zwar ziemlich schnell in den Rängen auf, aber so richtige Vorteile bringt mir das bisher nicht.
Kurz um: die Missionen sind teilweise viel zu schwer - und dabei spiele ich schon auf der niedrigsten Schwierigkeitsstufe...
Atmosphäre:
Wie auch schon in Teil 3, kann Fallout 4 hierbei voll Punkten. Einsam und allein durch die Pampa zu schlendern hat schon was - zudem ist der Soundtrack wirklich hervorragend.
Ladezeiten:
Diese müssen direkt aus der Hölle stammen. Nach dem man das Spiel gestartet hat und im Hauptmenü gelandet ist, braucht es 2 - 3 Minuten bis man in der Spielwelt ist. Schnellreisen ist lediglich ein anderes Wort für "Pinkelpause" - denn auch hier wartet man gut 60 Sekunden. Und da die Welt wieder in Bereiche unterteilt ist (Stadtteile in Bosten) und Betreten von Gebäuden, wartet man hierbei auch immer gut 30 Sekunden...
Deutsche Lokalisation:
Endlich kann man sich mal wieder zurücklehnen und dt. Gesprächen lauschen. Die dt. Sprachausgabe ist hervorragend geworden. Ist ja auch verständlich, denn der männl. Hauptcharakter wird von Bernd Vollbrecht (A. Banderas) und sein weibl. Pendant von Gundi Eberhard (Jessica Biel) gesprochen. Hinzu kommen noch weitere bekannte Stimmen, wie bsw. Tilo Schmitz oder Dietmar Wunder. Trotzdem verzaubern einen die Zwischensequenzen zu keiner Sekunde, wie die aus The Witcher 3. Dafür sind diese (visuell) viel zu hölzern, emotionslos, Mimik & Gestik der Charaktere gibt´s praktisch keine und die Inszenierung dieser Szenen sind auch auf Amateurniveau.
Bedienung:
1. Pip Boy:
Ist ja schon ´ne coole Sache alle Bereiche über einen kleinen Computer zu steuern, den man am Handgelenk trägt. Aber trotz hoher Auflösungen und großen Monitoren, ist die Bedienung immer noch viel zu fummelig. Nach einiger Einarbeitungszeit geht das Bedienen des Menüs spürbar flüssiger von der Hand, aber so richtig bedienerfreundlich ist es nach wie vor nicht.
2. Steuerung:
Schade ist, daß man nur bestimmte Tasten frei belegen kann. Auf viele hat man keinen Einfluß. Ich bin ja jemand der mit einer "WASD" Steuerung gar nix anfangen kann - ich brauche meine Cursourtasten. Auch "Nehmen" und "Aktivieren" lege ich immer auf andere Tasten. Bei Fallout 4 passieren dann so skurrile Sachen wie diese: Waffen nehme (bzw. muß!!!) ich mit einer anderen Taste aufnehmen, als ich bsw. die Taschen der Gegner leere...geht´s noch? Aus manchen Menüs kommt man nur per Escapetaste raus, während man sonst die Tabtaste drücken muß, oh man...
Gelungen finde ich hingegen die Steuerung der Dialoggespräche, die man schön per Cursourtasten bestätigen kann. Auch sonst bekommt man es mit einer soliden Shooter-Steuerung zu tun.
Fazit:
Neeee Bethesda, das war nix. Im Jahr 2015 kann man der verwöhnten Spielerschaft da draußen nicht so ein altbackenes Werk an tun. Die Konkurrenz, bestehend aus den Ubisoft Spielen, GTA 5 und The Witcher 3, zeigt wie heutige Spiele nicht nur auszusehen haben, sondern auch wie man Geschichten erzählt und brauchbare Missionen ins Spieldesign einfügt. Die Fallout Reihe hat jedoch den Vorteil, daß sie mit dem Endzeitszenario ein Genre aufgreift, daß so weitestgehend noch sehr jungfräulich ist. Fallout 3 hat 2008 einige Maßstäbe gesetzt und mich stundenlang hervorragend unterhalten. Aber 7 Jahre später sieht die Spielewelt halt anders aus und da kann man nicht auf solch ein altes Spieledesign setzen. Ich hatte mir so viel vom neuesten Fallout Teil versprochen und bin so sehr enttäuscht worden. Ich für meinen Teil streiche die 4 hinter Fallout einfach und ersetze sie mit einer schlichten 3.1...