Und von Triers Verhalten ist auch relativ offensichtlich. Da kommt diese blöde Frage zu seiner Herkunft und plötzlich merkt er, dass er damit sein Image als Provokateur pflegen kann, was mit "Melancholia" in der Öffentlichkeit nicht möglich war. Er treibt dann seinen berühmt-berüchtigten "Humor" weiter, bis er plötzlich merkt, dass er zu viel gesagt hat (was wie gesagt schnell passiert, wenn man über Hitler spricht). Und er sagt dann ja wortwörtlich "How do I get out of this sentence?!" Und scheißt dann drauf, irgendwie rauskommen zu wollen und beendet das doch sichtlich selbstironisch und spöttisch mit dieser "Ich bin ein Nazi" Aussage. Dass er mit einer Sprache, die nicht seine Muttersprache ist, ein wenig begrenzt ist, fällt ja schließlich auch auf.
War sicherlich keine all zu gelungene Aktion. Die dümmste Passage ist sicherlich die mit "er hat ein paar schlechte Dinge getan". Aber dieser Wirbel der von den Medien und von der Cannes Organisation (übrigens nicht gleichzusetzen mit der Jury) gemacht wird, ist übertrieben und heuchlerisch. Polanski ist gar nicht so ein schlechtes Beispiel, wie ich finde. Und ein noch besseres Beispiel ist Mel Gibson, dessen Vater den Holocaust leugnet und dessen eigener Antisemitismus viel realer und greifbarer ist, als das, was von Trier hier faselt. Gibson wurde drei, vier Tage vor diesem Vorfall noch feierlich auf dem roten Teppich begrüßt. Ist das okay, weil Gibson sich da benehmen kann, die Finger mal dezent vom Alkohol lässt und mal nicht Polizisten oder dergleichen als "scheiß Juden" bezeichnet? :gruebel:
Ich find's in erster Linie schade von der Cannes Führung. Von Trier hat nicht zum ersten Mal über Nazis und Hitler gesprochen. Seine Filme wurden als frauenfeindlich, rassistisch, antiamerikanisch, antidemokratisch, pornographisch und was weiß ich nicht noch alles bezeichnet. Wurde alles akzeptiert, bis jetzt. Komisch Geschichte. Und wegen dieser völlig aus den Fugen geratenen Berichterstattung (auch dank der neuen Technik, wie z.B. Twitter), wird es der Film schwerer haben. Insbesondere für Kirsten Dunst (die ja selbst deutsche Eltern hat, was irgendwie noch kaum angesprochen wurde) tut es mir leid, die mit diesem Film ihre darstellerischen Fähigkeiten beweisen wollte. Wenn jetzt weitere Festivals und Preisverleihungen im Herbst und Winter einen Bogen um den Film machen, ist es das falsche Signal.
Auf einer amerikanischen Seite beschrieb jemand Dunst Verhalten während von Triers Gerede als gedankliche Entwicklung von "Ach ja, lol, der Lars" über "Was zum Teufel redet der da?" bis zu "Bye, bye, Oscar!"
Und ich will den Film dennoch sehen. Mit unverändert großem Interesse.