Ich sage es mal so: das ist das Dilemma der Auteur-Theorie!
Im Filmbereich haben wir doch genau das gleiche Problem. Wenn es um "Tenet" geht, reden wir von Christopher Nolan's "Tenet" und nicht vom neuen Film des Beleuchters XYZ. Natürlich ist das Drehen von Filmen und das Programmieren von Spielen ein kollaborativer Prozess, aber letztlich ist dieser immer auch das Ergebnis einer gewissen Vision, die über dem jeweiligen Projekt steht. Diese Vision stammt dann allerdings meist von dem Regisseur / der Regisseurin usw. Natürlich sollte sich diese Person immer bewusst sein, dass sie das Endprodukt nicht komplett allein geschaffen hat, aber die Berichterstattung bzw. die Kritik tut ja auch ihren Teil und bricht eine Produktion meist auf ein-zwei Hauptverantwortliche herunter.
Ich denke auch, dass Kojima ein gewisses Ego entwickelt hat. Wie kann man es ihm auch verübeln? Der Mann hat die Videogeschichte mit seinen Visionen geprägt, wie nur wenige andere Videospiel-Regisseure. Man muss ihn und die Spiele nicht mögen, aber die Anerkennung von Spielen als Kunstform geht auch zu großen Teilen auf seine Werke zurück.
Die angesprochene "Presse-Schelte" habe ich allerdings anders wahrgenommen. In meiner Erinnerung hat er lediglich in einem Interview bemerkt, dass ihm aufgefallen ist, dass die stärkste Kritik an "Death Stranding" aus den Staaten kommt, wo man womöglich mit einer Vorliebe für Shooter nur schwer in das Mindset kommen könnte, welches für die etwas andere Spielerfahrung von DS notwendig ist. Muss man nicht gut finden, ist aber auch nicht verwerflich, in meinen Augen. Auch muss man immer bedenken, dass Kojima schon öfters etwas falsch zitiert wurde, da sein Englisch nicht das Beste ist und Übersetzungen aus dem Japanischen nicht immer zu 100% korrekt sind.