aber hat das nicht auch oft damit zu tun, weil es einem unangenehm ist oder man sich schämt? Aber dann passt es nicht mit der Öffentlichkeit.
Ganz sicher sogar. Darum gehen sie in die Öffentlichkeit und fragen, was sie machen sollen oder ob das normal war oder wissen gar nicht, welche Möglichkeiten sie haben. Besonders heute ist dieser Schritt sehr leicht. Je jünger die Mädchen sind, und offenbar waren sie jung, kann man nicht erwarten, dass sie all ihre rechtlichen Möglichkeiten kennen oder die Reife und den Mut haben, diese Schritte zu unternehmen. Eine Freundin von mir arbeitete während des Studiums bei einen Hilfetelefon für Studierende und Schüler. Sie hat mir erzählt, dass sie es gruselig findet, wie häufig junge Mädchen, aber auch Jungs, anrufen, um zu fragen, ob das was ihnen passiert ist normal war und was sie tun sollten. Das sind teilweise Menschen über 20 Jahre. Frauen die eindeutig vergewaltigt wurden, spielen es runter, können aber dann nicht die Frage beantworten, warum sie dann anrufen, wenn sie überzeugt sind, dass alles in Ordnung war.
Das menschliche Gehirn ist unheimlich gut darin, seltsame oder sogar traumatische Momente herunterzuspielen, um damit zurechtzukommen. Darum ist es auch umstritten, ob Missbrauch und Sexualdelikte verjähren sollten, da die vermeidlichen Opfer erst nach intensiver Behandlung tatsächlich in der Lage sind zu realisieren, dass das was ihnen passiert ist, nicht normal war.
Nur als kleiner Exkurs gedacht. Ich weiß nicht, ob das hier so war und wenn, dann sicherlich nicht bei allen. Obwohl ein gewisser Herdeneffekt sicher auch eine Rolle spielt. So wie eine den Anfang macht, so kommen immer mehr Anklagen hinzu. Eine andere dominante Stimme warnt dann davor zur Polizei zu gehen und schon zweifelt die betroffene Masse bzgl. dieses Schrittes.
Ich kann ja verstehen wenn man sich zuerst Rückendeckung und Feedback aus der Öffentlichkeit holt und das Thema aufbauscht, sodass es nicht unter den Teppich gekehrt werden kann. Ich finde es aber befremdlich wenn man danach dann nicht zur Polizei geht...da frage ich mich worum ging es? Aufmerksamkeit und Reichweite oder tatsächlich um Missstände anzuzeigen und für Gerechtigkeit zu sorgen?
Ich glaube, für Gerechtigkeit zu sorgen ist hier weniger das Ziel. Rammstein ist reich, mächtig und hat viele Fans. Es soll wohl eher als Information und Warnung für andere gedacht sein. Als Hinweis, dass hier etwas nicht rechtens ist und das man darauf schauen sollte. Ich denke, dass einzelne vermeidliche Opfer, rechnet sich hier keine großen Chancen aus, Gerechtigkeit zu erlangen.
Schwieriges Thema aber alles was wir als Argumente heranziehen können sind meist Spekulationen und Interpretationen. Alle Anklagepunkte sind fallengelassen worden und somit ist Lindemann unschuldig.
Das ist damit eben nicht bewiesen, so leid es mir tut.
Wir haben so ziemlich das mieseste, wenn auch wahrscheinlichste vorläufige Ergebnis, dass man sich hätte wünschen können. Wir haben keine klare Antwort auf die Schuldfrage. Ja, vor dem Gesetz gilt die Unschuld, bis die Schuld bewiesen ist aber die Staatsanwaltschaft hat sich ja nicht mal bemüht, irgendwas zu beweisen. Sie haben das absolut Mindeste getan und selbst hier, zu wenig.
Und es geht auch nur, um die bisher vorgebrachten Anschuldigen von den Personen, welche die Berliner Staatsanwaltschaft tatsächlich vernehmen konnte (zwei Stück) und da waren die Beweise nicht konkret zu Lindemann zuzuordnen. Das heißt nicht, dass es nicht passiert ist aber das was vorliegt ist nicht konkret genug für eine Anklage. Der anonyme Großteil, wie auch die 15-jährige, wurden von der Berliner Staatsanwaltschaft nicht vernommen. Weswegen das Ermittlungsergebnis jetzt auch berechtigt umstritten ist.
Wie schon mehrfach von mir erklärt. Und wie auch schon mehrere Medienanwälte erklärt haben. Selbst die Berliner Staatsanwaltschaft hat nichts davon geschrieben, ob Lindemann schuldig oder unschuldig ist, sondern nur, dass man nicht genug hat, um eine Anklage zu rechtfertigen. Das ist ein wichtiger Unterschied! Die Staatsanwaltschaft klagt nur an, wenn die Beweislast groß genug ist, damit eine Verurteilung tatsächlich erreicht werden kann. Das würde sie auch machen, wenn sie von einer Schuld oder Unschuld überzeugt wäre. Ohne hinreichende Beweise, so wenig es auch wären, gibt es keinen Prozess.
Kachelmann gilt als unschuldig. Lindemann gilt weder als schuldig, noch als unschuldig. Das ist ein wichtiger Unterschied.
Bei Kachelmann wurde die Anklägerin der Lüge überführt, bei Lindemann lag nicht genug vor, um irgendjemanden zu überführen. Dafür kann man sich bei der Berliner Staatsanwaltschaft bedanken. Wenn sie alle, oder zumindest einen Großteil, vernommen hätten und diese dann der Lüge überführt, wäre das was ganz anderes aber das ist nicht passiert.
Als wäre dein Auto kaputt, du checkst zwei Sachen, die waren es nicht und damit gibst du automatisch auf.