Ich wollte dem Film wirklich eine Chance geben. Wirklich. Doch am Ende kam nur ein leicht verbessertes Twilight heraus... Aber eins nach dem anderen...
Ich finde, will man diesen Stoff ernst verfilmen, gibt es drei Vorangehensweisen:
a) Historisch & realistisch
b) Künstlerisch überzeichnet
c) fiesester, finsterster Horror
Vollkommen unentschlossen sitzt Red Riding Hood zwischen allen Stühlen. Fürs Horror-Genre ist er zu zahm, für Grusel zu unspannend und für Fantasy zu düster. Die künstlerischen Anflüge in Form von Bildern und Kamerafahrten wissen andererseits durchaus zu gefallen, wirken auf dem TV-teenie-grusel-Hintergrund jedoch wie Stilbrüche. Es hätte ruhig durchgängig abgefahren sein dürfen. Auch misslingt der Versuch, historisch auszusehen, wodurch jeder Sinn für Realismus vollkommen abhanden kommt. Zu symetrisch-akkurat die Aufbauten der Sets, zu modern die Ausstattung, alles amerikanisiert bis zum Gehtnichtmehr, auf cool getrimmt und mit Kalkül immer darauf achtend, vor allem der weiblichen Teenie-Zuschauerschaft zu gefallen.
Bezeichnend für die angestrebte Teeniegefälligkeit ist ein Dorffest, welches relativ zu Beginn gezeigt wird. Das ganze erinnerte eher an eine College-Party: Modern wirkende Band, Balz-Paartänze, Semi-Lesbeleien, peinliche Eltern... Fehlte nur noch der Pool und die Deppen mit den Bierdosen-Hüten. Aber das hätte ja nicht gepasst. Wäre nicht romantisch gewesen.
Die Klamotten ließen mich oft schmerzhaft an alte Folgen von Star Trek TNG denken, die auf dem Holodeck spielten. So unnatürlich sauber und bunt waren sie, dass ich fest damit rechnete dass jeden Moment ein Kerl in grünen Strumpfhosen und mit Federhut um die Ecke bog (okay, die Soldaten-Rüstungen sahen gut aus). Anfangs noch wohlwollend gesonnen, verglich meine Freundin den ganzen Style noch mit einem Bühnenstück. Als der Abspann lief, brachte sie auch bloß ein "Naja" heraus.
Ob der Besetzung musste ich mehr als einmal schmunzeln. Bis auf wenige wichtige Personen sehen fast alle Dorfbewohner wie "Holzfäller-Penner" aus. Natürlich nur die beiden männlichen Liebhaber der weilblichen Hauptrolle sind so geschniegelt, enthaart, geschminkt, frisiert und trainiert, dass man das Haargel fast riechen kann. Doch auch so manche weibliche Besetzung war mehr als verwirrend: Sind alle elterlichen oder alten Menschen des Dorfes faltig und aufgedunsen, sieht Frau Seyfrieds Mutter maximal wie ihre große Schwester und ihre Großmutter nur mit viel Wohlwollen wie ihre Mutter aus, beide natürlich plastisch getunt und aerobisch geschlankt.
Den Vogel abgeschossen haben dann allerdings die beiden Asiaten-Söldner, die einfach so unvermittelt auftauchten. :omg: Wo kamen die her? Und was wollten die da? Die konnten klettern, aber für was anderes waren sie nicht zu gebrauchen.
Einziger besetzungstechnischer Lichtblick stellte Gary Oldman dar, der die Chose im Alleingang hätte retten können. Er gibt sich redlich Mühe und füllt den Film mit einer fantastischen Presenz, doch gibt ihm das Script letztendlich zu wenig Entfaltungsmöglichkeit (auch wenn es ihm weit mehr zutraut als allen anderen).
Der Grund warum ich so viel auf Oberflächlichkeiten herumreite liegt übrigens darin, dass es bei Red Riding Hood einfach nicht viel Tiefschürfendes gibt. In der Mitte des Filmes könnte man (wie so häufig in den letzten Jahren, was es jedoch nicht unbedingt illegitim macht) Kritik am "War on terror" sehen, da die Menschen des Dorfes auf der Suche nach dem Übeltäter aller ihrer Persönlichkeitsrechte beraubt, schikaniert und überwacht werden. Gegen Ende verpufft die Sache jedoch in Belanglosigkeit.
Auch Spannung kommt, in gewohnter Twilight-Manier so gut wie keine auf, da all jenes was auch nur im Entferntesten in die Richtung Horror und Blutvergießen geht äußerst zaghaft gehandhabt wird. Zudem sieht sich die Hauptperson nie wirklicher Gefahr ausgesetzt, steuert kaum etwas selbst zum Fortgang der Story bei und reagiert zu 95% relativ gefasst und gelassen. Doch immerhin wird sie nicht ganz so blauäugig dargestellt wie die Otto-Normal-Dorfbewohner, welche (genau wie in "Der weiße Hai"), erstmal das falsche Tier kalt machen und es für den großen Fang halten.
Bravo! Welch ein famoser erzählerischer Kunstgriff! Und so originell! Auch die sporadischen Anleihen an burtonesquer Düstermär machen deutlich, dass hier nicht viel Eigenständigkeit geboten wird.
Was übrig bleibt, ist eine klassische "Wer ist der Täter?"-Krimigeschichte, deren Auflösung teilweise sogar entschädigt. Sie ist zwar logisch nicht wirklich astrein (vor allem weil der "finstere Plan" des Wolfes nicht naiver hätte sein können), doch stellt sie noch die überraschendste der möglichen Varianten dar. Zwar treibt sie den Sinn der Vorlage (also des Märchens) völlig ad absurdum, aber bis es zur Enthüllung kommt, gibt es so einige falsche Fährten, auf denen man nur allzu bereitwillig wandelt. Das Ende ergießt sich dann wieder im Kitsch und in all seiner Sequel-Tauglichkeit könnte man den Film fast schon für ein Twilight-Prequel halten.
3,5 / 10 haarige Party-Crasher
(1,5 für die paar ansehnlichen Momente und zwei für Oldman)