Jede Digitalkamera hat gegenüber dem eigentlichen "Film" den Nachteil "zu perfekt" zu sein, was allerdings weniger mit der Framerate als mit anderen - ziemlich subtileren Dingen zusammenhängt.
Man muss sich mal kurz klar machen, das es eine HOHE KUNST ist mit einer herkömmlichen Videokamera (vom Consumermodell bis zur Proficam) einen FILMLOOK hinzubekommen. Darüber wurden Bücher geschrieben !
Angefangen vom 24 fpm über das Filmkorn bis zum Format und den typischen Farben der verschiedenen analogen Filmmaterialien.
Es gibt Menschen die mit digitalem Equipment einen riesen Aufwand betreiben um diesen Filmlook künstlich hinzubekommen !
Man kann das jetzt pro und contra sehen. Klar spielen da gewisse "nostalgische" Elemente eine Rolle. Weil Digitalkameras von natur aus nicht den Filmlook schaffen, wirken die Ergebnisse (unsere bisherige Filmerfahrung vorausgesetzt) nicht wie Kino. Was nicht heissen muss, dass die Kino-Qualität auf immer und ewig auf der Stelle treten muss.
Das Auge und unser Empfinden ist durchaus in der Lage neue Eindrücke nach einer Zeit zu akzeptieren und als normal einzustufen.
Man kann das am Schnitt-Tempo aktueller Filme im Vergleich zu älteren Werken gut beobachten.
Aber das bedeutet für mich, dass man - wenn man sich an den neuen Style erst einmal gewöhnt hat - plötzlich ein Problem mit den älteren Filmen bekommen könnte ... man muss sich also die Frage stellen, brauche ich Fortschritt um jeden Preis, oder versuche ich ein gewisses Feeling zu erhalten ?
Mal ein Gegenmodell zu allen die jetzt sagen "lass den Fortschritt fortschreiten" : Das Kino welches wir kennen beruht auf zwei wichtigen Faktoren :
- Sehgewohnheiten / Seherfahrungen
- Veränderungen / Innovationen
letzteres ist jedem nachvollziehbar. Man kann Filme beim Betrachten fast schon Dekadentechnisch zuordnen, da es immer wieder Veränderungen des Filmemachens gab - besonders auf der technischen Ebene.
Aber auch bewusste Gegenmaßnahmen wurden als Innovation akzeptiert (siehe Sergio Leone).
Der erstere Faktor wird aber oft unterbewertet. Warum verstehe ich eigentlich dass ich bei einem "harten Schnitt" immer noch im selben Raum bin ? Warum verstehe ich Reaction Shots ohne deren Hintergrund zu kennen ? Warum kann Ton und Bild unterschiedliches Zeigen ohne dass ich dabei verwirrt bin ?
Das Kino dass wir heute kennen hat sich über mehrere Jahrzehnte in einer Art Evolution zu dem entwickelt was es ist. Wir akzeptieren Sehgewohnheiten, die nicht der menschlichen entsprechen, weil es einfach irgendwann funktioniert hat und akzeptiert wurde.
Das bedeutet, dass es ungemein wichtig ist, auf Techniken zurückzugreifen die sich bewährt haben und uns das Gefühl geben in einer gewohnten Umgebung zu sein. Jede Ausnahme davon finden wir manchmal interessant und innovativ (hier sind wir wieder beim zweiten Faktor) - aber nicht jedes Filmexperiment hatte die selbe erfolgreiche Wirkung in der Filmevolution...
So wird sich zeigen ob das neue Geschwindigkeitsformat uns gefällt oder abstößt.
Und wenn wir es akzeptieren (unter anderem weil wir durch Sportübertragungen auf Plasmabildschirmen bereits daran gewöhnt sind) dann hat es funktioniert. Wenn aber jemand im Kino in einem Kinofilm sein will und nicht das Gefühl haben will in der Kneipe um der Ecke eine Sportübertragung auf einem Großbildschirm zu sehen, dann funktioniert es für denjenigen halt nicht. Die Masse entscheidet dann ob es sich so entwickeln wird.
Dass ein Film wie der Hobbit - der sowieso viele Leute ins Kino locken wird - dazu geeignet ist sei dahingestellt.
Ich hoffe dass es tatsächlich ein Vorteil sein wird, und auch, dass ich mir trotzdem noch ältere Filme ansehen kann, ohne zu sagen "was ist das denn ? nur 24 fps ???"...
Sollte es allerdings nach hinten losgehen, könnten wir uns damit trösten, dass man einen 48 fps Film jederzeit auf 24 fps herunterrechnen kann, was umgekehrt natürlich nicht geht.
Sollen sie doch drehen wie sie wollen...
Amen