Ich verstehe deinen Smiley als ironisches Stilmittel, allerdings setzt du den auf eine Art ein, der für mich nicht ganz eindeutig in der Bedeutung ist.
Generell wirst du das doch selbst kennen, dass du in deinem Freundes- oder Bekanntenkreis sicherlich den Status eines Filmkenners, Nerds oder sowas hast. Zumindest ich höre häufig von Bekannten, Kollegen und Freunden die Frage: Kannst du mir einen Film empfehlen oder wie findest du eigentlich Serie XY?
Natürlich antworte ich da, auf Basis der Informationen, die ich kenne. Und warum bin ich in einem Boll Thread? Weil ich generelles Interesse an Themen habe, mich mit Dingen auf einer Ebene beschäftige, die mir entgegen kommt. Zu wissen, was ich an Filmen meiden sollte, ist für mich von Interesse.
Und auch hier gibt es ja durchaus Interessante Diskussionen, die in Richtungen gehen, die dann mit Boll nix mehr zu tun haben, wie in diesem Fall.
Bei den anderen Punkten glaube ich, dass es schwierig wird, dir meinen Standpunkt verständlich zu machen. Deine Aussagen hören sich für mich danach an, als hätten wir philosophisch ganz andere Ansätze. Aber da du mich fragst, versuche ich, dir zu antworten und hole dafür etwas aus.
Es gibt 2 Arten von Wissen.
- Die erste Art sind Dinge, die wir mit unseren eigenen Sinnen wahrgenommen haben. Ich weiß, dass ich gerade im Bett liege und auf meinem Tablet schreibe. Ich weiß, dass meine Freundin neben mir liegt und Final Fantasy 7 spielt. Ich weiß, dass ich keinen Boll Film gesehen habe.
- Die zweite Art von Wissen sind Informationen, die wir nicht selbst erlebt haben, sondern durch Fremdwissen aneignen. Bücher lesen, Dokumentationen sehen, Nachrichten gucken, mit anderen Menschen reden und deren Erlebnissen lauschen usw.
Das Problem an der zweiten Wissensart ist, dass du dir niemals zu 100% sicher sein kannst, dass es wahr ist. Ich war noch nie in Australien. Ich habe es nicht mit meinen Sinnen wahrgenommen. Trotzdem "weiß" ich, dass es existiert, dass es dort Waldbrände gab, dass es dort verdammt giftige Tiere gibt, dass ein Freund von mir in Sydney aufgewachsen ist usw.
Im Grunde genommen könnte das alles eine Lüge sein. Eine Verschwörung. Fake Informationen. Australien existiert möglicherweise nicht.
Da ein extrem großer Teil unseres "Wissens" auf Fremdwissen beruht, haben sich die Menschen unterbewusst auf eine gewisse Vorgehensweise geeinigt. Wir nutzen Statistik. Wenn Millionen Menschen behaupten, es gibt Australien, ist die Wahrscheinlichkeit, dass es gelogen ist, so gering, dass es vernachlässigbar ist. Und Statistik ist so toll, dass es von den Wahrscheinlichkeiten her irrelevant ist, ob es 99% von 1000 oder 99% von 1Millionen behaupten.
Wir alle, sowohl du als auch ich, akzeptieren Fremdwissen als wahres wissen. Du schreibst Bücher über andere Personen, hast sicherlich ausgiebig recherchiert. Du "weißt" Dinge über Stallone. Würdest dich vermutlich sogar als Fachmann bezeichnen. Dennoch schreibst du über Ereignisse, die du selbst nicht mit eigenen Sinnen wahrgenommen hast. Du nutzt die Basis von Berichten von anderen Personen.
Wie rechtfertigst du das, über Dinge zu schreiben, die du nicht selbst erlebt hast?
Immerhin hast du Objektivität und Fakten als wichtige Punkte in die Diskussion gebracht. Es gibt aber keine 100% Objektivität. Und selbst Dinge, die für dich Fakten sind, könnten falsch sein (auch wenn es extrem unwahrscheinlich ist).
Bei Boll ist das die exakt gleiche Situation. Nicht nur hier im Forum. Egal in welchem Filmbereich. Ob Rottentomatoes, IMDB, Letterboxd, Youtube oder Kritikerseiten. Der Konsens in der Allgemeinheit ist eindeutig, dass Boll scheiß Filme macht und ein schlechter Regisseur ist. Die Menge derjenigen, die das sagt, ist riesig. Personen, die das Gegenteil sagen oder ihn verteidigen, sind sehr gering. Damit sind wir an einem Punkt angekommen, an dem die Wahrscheinlichkeit, dass Boll nicht scheiße ist, so verschwindend gering ist, dass ich das außer Acht lassen kann.
Ich habe seine Filme nicht gesehen. Ich weiß nichts über die Handlung, über die Kameraperspektiven, Schnitte, Regiarbeit. Trotzdem "weiß" ich, dass seine Filme scheiße sind und dass er ein schlechter Regisseur ist. Allgemein auf seine Vita bezogen. Möglicherweise gibt es Außnahmen in seiner Videographie. So wie ich von dir hier höre, dass Rampage möglicherweise eine Ausnahme ist und dieses Fremdwissen in meinem Hinterkopf speicher. Wenn mich also mal jemand fragt, ob Boll auch einen guten Film gemacht hat, antworte ich vielleicht, dass ich gehört habe, dass Rampage da am ehesten in Frage kommt.
Dennoch "weiß" ich genug, um in Gesprächen mit Personen, die weniger über Boll wissen, eine Warnung aussprechen zu können.
Wie gesagt, ich glaube nicht, dass du meine Ansicht teilen wirst. Aber vielleicht kannst du zumindest nachvollziehen, dass diese Art von Fremdwissen für die meisten Menschen ganz natürlich und ausreichend ist, um über Dinge zu urteilen. Und wenn du dein eigenes Handeln hinterfragst, stellt du vielleicht fest, dass du in anderen Bereichen des Lebens genau das tust, was du hier gerade anderen Personen vorwirfst