Bevor wir nun die Keule des Verbots rausholen und mit Mistgabeln und Fackeln durchs Dorf ziehen, müssen wir uns alle glaube ich mehr an die eigene Nase fassen, als auf die da mit dem Finger zeigen.
Eine Gesellschaft wie die unserige muss es aus meiner Sicht aushalten können, dass es am Rand der Gesellschaft extreme Strömungen gibt. Wenn wir es nicht aushalten und dieses Phänomen immer mehr Überhand nimmt, dann hat die Gesellschaft ein Problem, nicht die Extremisten. Wenn ich krank werde und mir schlimmes droht, dann ist nicht zwingend der Virus schuld, sondern in den meisten Fällen eher mein von mir selbst verschuldeter Zustand.
Wir müssen uns als Gesellschaft gegen diese Extremisten stellen und uns hinterfragen, warum kann es sein, dass sie in der Mitte der Bevölkerung angekommen sind. Hier kommen wir auf das zurück, was immer wieder das Argument ist: die Befürworter sind in einem großen Teil nicht pro Extremismus sondern anti Establishment (ich weiß, 5 Euro fürs Phrasenschwein, aber leider stimmt es vielfach).
Wir müssen uns überlegen, was uns als Gesellschaft in den letzten Jahrzehnten mit der wachsenden Globalisierung und Technologisierung zugemutet wurde. Ich will jetzt nicht ins Detail gehen, aber die Schuldenkrise, die Flüchtlingskrise, die Klimakrise, die so wo so Krise, Krieg in der Ukraine, in Israel, in Syrien. Wir befinden uns in einem permanenten Krisenmodus. Hat einer von uns wirklich das Gefühl, dass die von uns gewählten Volksvertreter noch Antworten auf diese Situationen haben oder glauben wir, dass diese genau so hilflos darauf schauen wie wir. Momentan habe ich zumindest den Eindruck - ui Krise, mach ich einen Doppelwumms. Damit entsteht das Gefühl, dass überall Geld da ist, aber im kleinen bei uns Normalos nichts ankommt. Wir sehen, dass wir jahrelang vor Brückenbaustellen stehen, müssen mit Bauernprotesten leben und es soll uns die Heizung weggenommen werden, ganz abgesehen, dass die Bahn unpünktlich ist.
Ein anderer Punkt ist, das in Zeiten der grassierenden sozialen Medien, alles publik ist, jeder in Verantwortung darum kämpft gehört zu werden, eine Kakophonie von bin dafür / bin dagegen / alle blöd außer Mutti entstanden ist. Anstelle dass unsere politisch Verantwortlichen sich um Kompromisse bemühen, diese dann publik machen und dazu stehen, wird es alles rausposaunt und dann öffentlich darüber gestritten. Konnte man gerade erst mit Herrn Lauterbach und seinen Homöopathieeinsparungen sehen. Er sagt Einsparung, der nächstbeste Hinterbänklergrüne findet das im Heute Journal aber total doof.
Genau so schlimm empfinde ich es, wenn sich dann Menschen wehren, wenn sie Ihre Stimme erheben, sich nicht alles gefallen lassen wollen, dann geht sofort reflexhaft das um sich Beissen los. Ob es am Ende Klimaterroristen sind oder protestierende Bauern - es geht nicht darum, es gut zu finden, aber setzen wir uns doch erst mal auseinander mit dem, was diese Menschen umtreibt, bevor ich die in eine Ecke stelle und sage "Ihr seid Terroristen".
Was ich sagen möchte ist, wenn wir Angst vor den Extremisten haben, müssen wir als Geselschaft aktiv sein, sei es in dem wir auf die Strasse gehen, sei es dass wir im Diskurs versuchen Leute zu überzeugen, sei es, dass wir unsere politischen Vertreter immer mehr auf die Finger schauen und von Ihnen Verlässlichkeit einfordern oder uns selbst politisch engagieren.
Eine Kleinigkeit noch: was mir heute mit am meisten auf den Sa*** geht bei den etablierten Parteien, ist, wie sie mit politischer Macht umgehen. Es werden "Wahlen gewonnen", es muss "Macht erhalten werden", der Bürger kann mit den Problemen nicht belastet werden. Es ist bei vielen Politikern die Perspektive verloren gegangen, dass politische Vertreter nichts anderes sind: Vertreter des Volkes und Angestellte des Volkes, die uns Rechenschaft zu geben haben. Mittlerweile hat sich ein System etabliert, dass den Eindruck vermittelt, dass unsere Stimme nur noch das Abnicken eines Systems ist und wir damit nicht mehr unsere demokratischen Rechte ausüben können.
Und jetzt kommen die Arschlöcher der AfD um die Kurve und bieten einfache Antworten ohne Konsequenzen. Ich zitiere hier mal einen großen Denker unser Zeit: Dooohh (Homer J. Simpson)