Ich finde, Coppola und Scorseese haben absolut Recht. Und ja... auch von der Wortwahl iss das für mich okay. Etwas provozieren iss schon okay, wenn man mal einen Denkanstoß lostreten möchte. Das ist in der Kunst so... darf man machen. Ich glaube, Bob Iger fasst seine Konkurrenz auch nicht mit Samthandschuhen an und kann knallhart sein.
Ich habe heute Nacht, vor wenigen Minuten "ENDGAME" gesehen... und sitzte hier mit meinen zwiespältigen Gefühlen. War es ein guter Film?! Nein. War es ein gut gemachter Film?! Auf jeden Fall. Es war ein jonglieren mit gefühlten 200 Bällen und die Russos haben fast keinen verloren. Eine beachtliche, ja, phantastische Arbeit. Und noch viel beachtlicher ist die Leistung, so unglaublich viele Filme zusammenhängend ins Kino gebracht zu haben! Die Kontinuität, der Verdienst, die Schauspieler zu halten und alles zu vernetzen ist wirklich beachtlich. Meinen größten Respekt dafür. Ich freue mich, das es das MCU gibt und ich mag die Filme. Ich habe jetzt fast alle gesehen.
Aber... warum ist es für mich kein "guter" Film?! Es ist merkwürdig... denn gerade zum letzten Viertel des Films kam mir tatsächlich Sorseeses Metapher vom "Freizeitpark" in den Sinn. Es ist nichts anderes. Es sind Freizeitparkfilme. Leicht, locker, gut verdaulich.
Und nein. Niemand der die Filme mag, niemand der die Filme gut findet, niemand der die Filme liebt und niemand, den die Filme wirklich berühren ist irgendwie ein falsch deswegen oder sonstwas...
Ich gehe auch gern auf die Kirmes und Disneyland soll großartig sein. Da kann man hingehen, das kann man mögen. Das darf man sogar mögen...
Ich mag auch Katzenvideos. Genau wie Milliarden andere Menschen auf dem Planeten. Putzige niedliche - oder actionreiche - FastFoodEntertainment-Zerstreuung iss wichtig. Mir auch. Und nur weil ich nicht ständig problematische Meisterwerk-Arthouse-Filme oder sonstige Kunstwerke schaue, bin ich deshalb ja kein dummer Kinogänger. Es geht um etwas anderes. Es geht darum, daß eine bestimmte Art von Kinofilmen dramatisch Überhand genommen hat und andere Filme, die wesentlich mehr Tiefgang und Potential haben massiv verdrängt werden.
Das die Kritik von Scorseese angestoßen wurde, ist mitnichten widersinng, sondern folgerichtig: er hat schlicht kein Geld für sein Meisterwerk bekommen (ich gehe jetzt arroganterweise mal davon aus, daß es eines wird... oder ist) und war letztlich gezwugen, mit NETFLIX zusammen zu arbeiten, weil er seinen Film sonst gar nicht mehr hätten realisieren können. Wie armselig - denn jeder hirnlose Dreck, den man sich an einem Wochenende in einer Rollenspielgruppe ausdenken kann, bekommt 200 Millionen Dollar Budget. Oder will mir ernsthaft jemand sagen, Captain Marvel, Black Panther, Ant-Man... oder ähnliche Freizeitparkfilme hätten irgendeine ernsthafte tiefergehende Qualität, ausser purem Entertainment, das nen bissl vom Alltag ablenkt?!
Wenn ich überlege, daß der sinnlose Captain Marvel Film gemacht wurde, nur damit eine plump eingeführte Carol Danvers in ENDGAME dreimal kurz durchs Bild fliegt. Hat mir diese Frau in diesem Film irgendwas gebracht?! Emotional, intellektuell oder gar künsterlich?! Gab es in dem Film irgendetwas Originelles?! Nein, aber für Bob Iger und DISNEY weitere Millionen für nen weiteren hohlen Freizeitparkfilm. Es ist das Verschwinden von sehr anspruchsvollem Kino, daß Coppola und Scorsesse da beklagen!
Und all die Argumente stimmen natürlich... es hat immer schon seichte Filme gegeben... die haben ihre Existenzberechtigung... die sind auch vielen Leuten wichtig, ja wichtiger als die "Kunstwerke" und so weiter... ja... das ist richtig. Es hat immer schon seichte Filme gegeben. Meisterwerke sind selten. Und noch seltener sind diese Massentauglich. Aber für unsere Kultur sind sie unglaublich essentiell. Ich greife niemanden an, der diese Filme liebt. Ich will nur nicht, daß bald überall nur noch dieser generische Krams läuft. Es ist ähnlich wie mit unseren Lebensmitteln: Überall verschwinden in den letzten Jahren kleine Bäckerei-Handwerksbetriebe. Stück für Stück, Stadt für Stadt werden sie von den großen Bäckerei-Ketten ersetzt. Und das Zeugs schmeckt nicht ansatzweise so gut, wie das, was diese Fachbetriebe damals noch gezaubert haben. Aber viele bemerken das gar nicht, weil sie die alte Ware gar nicht mehr kennen und nichts anderes mehr gewohnt sind. Und ich glaube, beim Entertaintment läuft etwas sehr paralleles ab:
Nach bestimmten groben Formeln werden dort schematisch Blockbuster zusammengefügt, immer nach demselben Muster. Und... da hat Sorseese Recht: Das ist kein Kino. Oder wenn Coppola sagt, "Wieso gucken die Leute immer wieder den gleichen Film..."
Und ich befürchte, manche Menschen bemerken es noch nicht einmal, daß dort immer wieder dasselbe abläuft. Und jetzt kommt mir nicht, daß alle Kultur ja immer auf dem Alten aufbaut und dem ganzen bla bla bla... Jetzt vergleicht doch mal bitte "Black Panther" mit "Taxi Driver" oder "Apocalypse Now"! Greekfreak hat die Filme doch so schön aufgezählt. Will jemand ernsthaft sagen, diese Filme hätten denselben Wert?! Und wenn ich der schwarzen Katze seinen cineastischen Wert und Tiefgang abspreche, so heißt das doch mitnichten, daß ich seinem Publikum und den Gefühlen, die dieser Film bei ihm ausgelöst hat, den Wert abspreche...
Natürlich hatte der Film eine enorme Bedeutung! Und viele Farbige (und Weiße) haben verstanden, daß es solche Filme geben muß und das wir mehr davon brauchen. Aber das heißt doch nicht, nur weil ein Film etwas bewegt und für eine Bewegung hohe Relevanz hat, daß er auch filmisch gut gemacht ist. Freizeitparks haben in unserer Gesellschaft auch eine große Bedeutung. Sie helfen den Alltag zu vergessen und bringen uns Spaß, Freude und Zerstreuung. Aber sind es nicht Filme wie eben "Taxi Driver" und "Apocalypse Now", die diese Gesellschaft und ihre mörderischen Konsequenzen wie Krieg und Gewalt so brilliant spiegeln?! Ein Spiegel, der oft so unangenehm ist, daß man nicht genau hinschauen mag. Und sind es nicht solche Filme, die wehtun - und die eben nicht alle sehen wollen - die Filme, die wirklich etwas an der Gesellschaft verändern, weil sie den Finger in die Wunde legen...?!
Das es viel weniger von solchen Filmen gibt und das es Filmemachern, die Ideen für solche Filme haben schwer gemacht wird, daß ist der Kern dieser Kritik dieser beiden alten Meister. Und wir sollten froh sein, daß sie sich so vehement zu Wort melden. Das ist weder respektlos noch falsch, es ist nötig, daß diese Diskussion, wo wir mit dem Kino hinwollen geführt wird.
Denn wer sollte sowas denn auch ansprechen?! Die jungen Regisseuer, die grade um ihren Job bangen? Die Leute, die bei DISNEY oder WARNER arbeiten und sich Sorgen machen müssen, nach so einer Aussage nie wieder einen Film drehen zu dürfen?! Es gehört Mut dazu, so etwas auszusprechen...
Mich persönlich hat "Endgame" nur ganz wenig berührt. Ein Wahnsinns-Aufwand an CGI, Action und tausenden Helden, nur um einen oder zwei Momente Emotionen zu erzeugen... Für mich war der Film eher wie ein Zusammenschnitt von Musikvideos, die allesamt ein paar Schmalspuremotionen für 50 oder 60 Sekunden erzeugen, um dann vom nächsten Witz wieder in eine lockere Atmosphäre entlassen zu werden. Mir schien es so, als wäre dies ein Film für eine Generation, die sich nicht mehr länger als eine Minute auf ein Gefühl einlassen kann und die in den Momenten dazwischen bunte, leuchtende Aktion braucht, damit die große Kinoleinwand mit dem Leuchten ihres Smartphones konkurrieren kann.
Ich finde solche Filme auch nett und ich sehe sie ab und an gern. Brauchen tue ich sie aber nicht, sie geben mir nur sehr wenig. Und ja... sie fühlen sich tatsächlich mehr nach Freizeitparks als nach einem Kinofilm an...