Eine angenehme und vor allen Dingen angenehm ausführliche Buchbesprechung hast du da verfasst, Woodstock!
Auch ich bin der Auffassung, dass es sich bei diesem Buch um eines handelt, welches kontaminiert ist, von faschistischem Gedankengut. Obendrein - soviel will ich auch noch anmerken - ist Heinleins Schreibe in stilistischer Hinsicht wenig beglückend. Wirklich wunderbar hingegen war der Film, den Paul Verhoeven schuf. Bitter allerdings, dass die hiesigen Zensurbehören sein Werk fehldeuteten, indem sie ihm faschistische Tendenzen unterstellten, obschon Verhoeven offensichtlich, so zumindest meine Deutung, Heinleins Vorlage ad absurdum führt, indem er eine faschistische Denke karikiert und Militarismus satirisch verarbeitet.
Eine Sache möchte ich noch anmerken, da du das Folgende geschrieben hast:
Woodstock schrieb:
Heinlein begründet die Notwendigkeit von Gewalt mit dem menschlichen Naturzustand, welcher stark an Thomas Hobbes "Der Mensch ist dem Mensch ein Wolf, kein Mensch" erinnert. Laut Hobbes gehen sich die Menschen, wenn sie niemand davon abhält, gegenseitig an die Gurgel und achten nur auf sich selbst. Einzig allein der Staat, der das Gewaltmonopol hat, hält die Menschen davon ab. (...) Das steht gänzlich im Gegensatz zu John Lockes Naturzustand, in welchem
der Mensch von Natur aus gut ist und seinem Mitmenschen helfen mag.
Leider ist es so, dass sich bei manchen Zitaten eine Rumpffassung durchgesetzt hat, die über Zeiten hinweg immer neu rezitiert wird, obschon das ganze Zitat realiter eine andere Gewichtung hat. Das Hobbes'sche Zitat heißt nämlich vollständig:
"Nun sind sicher beide Sätze wahr: Der Mensch ist ein Gott für den Menschen, und: Der Mensch ist ein Wolf für den Menschen; jener, wenn man die Bürger untereinander, dieser, wenn man die Staaten untereinander vergleicht."
Auch wird bei Hobbes gerne von einer pessimistischen Anthropologie gesprochen, etwas, von dem ich gar nicht weiß, was es eigentlich sein soll. Im Hobbes'schen Naturzustand ist es nun nicht so, dass pausenlos Krieg geführt wird. Im Naturzustand attestiert Hobbes den Menschen die natürliche Gleichheit, welche wiederum gleichsam ausschließt, dass es so etwas wie eine natürliche Herrschaft unter ihnen geben kann. Und da das - nach Hobbes - so ist, ist ein Zustand, welcher ohne Herrschaft daherkommt, einer, der geprägt ist von der Unsicherheit eines jeden Einzelnen. Dies ist für Hobbes ein Kriegszustand.
Er möchte m. E. auf ein Strukturproblem hinweisen. Der Naturzustand entwickelt Probleme und normative Grundlagen, die aufzeigen sollen, was der Zweck des Staates und warum er unverzichtbar ist. Hobbes geht es in seiner Konzeption nicht um die Frage, ob
alle aggressiv sind, sondern ob man ausschließen kann, dass
einige aggressiv sind. Die Frage, die sich dann anschließt, ist, wie man dann - im Rahmen des Naturzustandes - damit umgeht.
Überdies scheint mir die Heranziehung von Thomas Hobbes, wenn es um das Buch STARSHIP TROOPERS geht schwierig, da es ja, interessanterweise, gerade Hobbes war, der die folgende Auffassung vertrat:
Der Mensch ist nicht in dem Sinne egoistisch, dass alle Handlungen nur auf den eigenen Vorteil gerichtet sein müssen. Wohl aber ist er darauf angelegt, dass er nichts tut, was für ihn selbst ein fundamentales Übel wäre. Der Mensch kann nach Hobbes nichts erstreben, was ein fundamentales Übel für ihn wäre und dieses fundamentale Übel ist nach Hobbes die Vernichtung des eigenen Lebens. Nach Hobbes - und das ist wichtig zu sehen - kann deswegen auch niemand dazu gezwungen werden, einen Befehl zu befolgen, der die eigene Selbsterhaltung bedroht. Damit ist Hobbes einer der wenigen frühneuzeitlichen Theoretiker, der eine Pflicht zum Wehrdienst ablehnt!
Übrigens kann man mit einem Teil der Locke'schen Konzeption sicher ganz gut arbeiten, wenn es um STARSHIP TROOPERS geht. Gerade mit Blick auf diesen Passus von dir:
"Das Recht des Menschen steht über dem Recht aller anderen, schließtlich sind die anderen keine Menschen."
Locke ist ja der Auffassung, dass Krieg nicht von Natur ist, sondern immer erklärt wird. Nämlich durch die Übertretung des sog. natürlichen Gesetzes. Wenn A also bspw. den anderen mit dem Tode droht, versetzt er sich diesen gegenüber sogleich selbst einen Kriegszustand. Und gemäß der Locke'schen Konzeption heißt dies, dass er sich, sobald er dies tut, außerhalb der vernunftrechtlichen Ordnung positioniert und sich selbst auf die Stufe eines Tieres begibt. Deswegen, so Locke, darf er auch wie ein Tier getötet werden.
Wie kommst du übrigens darauf, dass der Mensch bei Locke "
von Natur aus gut ist"?
Locke sagt, dass der Mensch qua Menschsein unter dem Gesetz Gottes, d. i. das natürlichen Gesetz, steht. D. h., dass Gott seinen Geschöpfen einen Auftrag zur Gattungserhaltung erteilt hat. So Locke. Der vorstaatliche Zustand ist dementsprechend bei Locke ja einer - und das ist ein fundamentaler Unterschied zu Hobbes - der gesetzlich geregelt ist. Der Naturzustand muss nach Locke allerdings u. a. deswegen verlassen werden, weil in ihm jedermann Richter in eigener Sache ist und folgerichtig ein Zustand der Rechtsunsicherheit entsteht, wenn die Selbstjustiz um sich greift.