War ebenfalls in der Vorpremiere OmU. Das Buch habe ich bisher nicht gelesen.
Der Film war gut - nicht mehr und nicht weniger.
Die einzelnen Handlungsstränge haben nicht lange gebraucht, um mich in Ihren Bann zu ziehen
Während der Film es geschafft hat, seine Geschichten allesamt sowohl visuell als auch inhaltlich interessant zu gestalten, fehlte mir ein hervorstechendes verbindendes Element. Der Trailer scheint ja sehr viel Augenmerk auf Hanks und Berry zu legen, davon ist im Film allerdings deutlich weniger zu merken. Von insgesamt sechs Geschichten stehen die beiden nur bei zwei im Mittelpunkt der Handlung.
Es gibt sehr viele kleinere Verbindungen zwischen den Handlungen, sei es ein direkter Bezug auf Ereignisse, ein gut platzierter visueller Verweis oder eine wiederkehrende Thematik. Nichts davon wird allerdings durch die Macher forciert. Die Verweise sind da, aber nicht im Fokus. Ich vermute mal, ich habe auch jede Menge verpasst. Als unsere Gruppe sich nach dem Film darüber unterhalten hat, ist klar geworden, dass wir alle andere Details wahrgenommen haben, die die anderen verpasst hatten.
Dem Film hätte ein deutlicher roter Faden oder eine im Fokus stehende erzählerische Klammer meiner Meinung nach gut getan. Jede Zeitebene folgt ihrer eigenen Handlung, ihrem eigenen Spannungsaufbau und hat ihr eigenes Finale, aber sie ergeben zusammen kein großes Ganzes. Zumindest kein offensichtliches. Das ist nicht so schlimm wie es klingt, da die Zeitebenen trotzdem sehr unterhaltsam sind und schlüssig aufgebaut werden, aber hier wurde meines Erachtens Potential verschenkt.
Die Masken für die Doppelrollen sind überwiegend gut gemacht, aber vor allem, wenn ein Darsteller mehrere Hautfarben darstellt, extrem altert oder das Geschlecht wechselt, irritiert es mich als Zuschauer, da die Verwandlung nicht perfekt ist und auch logischerweise nicht sein kann. Wenn die Darsteller allerdings 'nur' maskiert sind, um eine andere Rolle in einem anderen Setting auszufüllen, sind die Masken fantastisch gelungen.
Der Film hat nicht viel Action, aber wenn sie im Vordergrund stand, war ich meist enttäuscht. Von den Wachowskis darf man da mehr erwarten, auch wenn es sich nicht um einen Actionfilm handelt. Ich hatte nicht mit übermäßiger Zeitlupe gerechnet, aber zumindest sauber geschnittene, gut gefilmte Action erwartet. Fehlanzeige. Oft verwackelt und hektisch geschnitten. Nur ein Fluchtmoment in Neo-Seoul blieb als innovativ und erinnerungswürdig hängen.
Die Sets und Settings sind klasse und toll umgesetzt, aber auch hier gibt es keine großen Regisseur-Meisterleistungen. Die Geschichten und die Settings sind es, die einen im Film halten, nicht die Art und Weise, wie das ganze gefilmt wurde (Im Gegesatz zum neuen Bond und mit Ausnahme einer Szene in Neo-Seoul). Wenn man sich den Umfang der Handlung ansieht, war jedoch auch vermutlich keine Zeit für experimentelle oder lange Kameraeinstellungen, mit drei Stunden ist der Film bereits lang genug.
Vom Soundtrack hätte ich erwartet, dass er mehr im Vordergrund steht und auch eine deutlich höhere inhaltliche Präsenz hat - schlecht war er zwar nicht, aber aktiv wahrgenommen habe ich ihn auch nicht. Zwischendurch habe ich immer mal wieder versucht, der musikalischen Untermalung mehr Aufmerksamkeit zu schenken und in den Momenten hat er mir gut gefallen. Insgesamt sticht er nicht sonderlich hervor, ist aber auch nicht schlecht.
Als Hinweis an diejenigen, die den Film im Original ohne Untertitel sehen wollen - die Dialoge in der Zukunft finden in einer Art Neusprech statt, denen ich nur sehr schwer folgen konnte, ohne auf die Untertitel zu lunzen. Wenn Englisch nicht eure Muttersprache ist, könnte es schwer werden da inhaltlich zu folgen. Sonst gibt es vermutlich wie gewohnt sehr viele Akzente und Dialekte, die sich nicht ins Deutsche übertragen lassen, den Film aber beleben.
Im Endeffekt ist der Film gemessen an seinen eigenen Ambitionen nicht schlecht. Er hätte durchaus an einigen Stellen mehr Feinschliff vertragen können, aber auch ohne vergingen die drei Stunden wie im Flug. Zusätzlich hat der Film noch für einige Stunden Diskussionsstoff gesorgt - sein Geld war also definitiv wert. Kein Geniestreich, kein Aussetzer, ein ordentliches Epos.
7-8/10