The Social Network oder "Der Facebook-Film", wie er gerne betitelt wird. Den, den einige aus Hass auf all die bösen, Datenverschlingenden sozialen Netzwerke, meiden wie die Pest. Ein Fehler. Natürlich muss man sich vorher fragen: Interessiert mich ein Film, in dem zwei Stunden geredet wird und es kaum mitreisende Spannung oder Drama, baby gibt. Und selbst wenn nicht, sollte die Antwort Ja heißen, denn David Fincher ist nach seinem, sehr guten, aber vielleicht etwas zu sperrigen Benjamin Button, wieder ein kleiner Geniestreich gelungen.
Was an der im Film übertragenen Geschichte wahr oder falsch oder nicht so ganz nachprüfbar ist (Eduardo Saverin sagt: "Ja, das stimmt alles", Mark Zuckerberg sagt "Ist doch alles nur gelogen""), sei mal dahingestellt. Sowieso wird sowohl die Gründung und das Heranwachsen von Facebook weder dokumentarisch nacherzählt, noch in den Vordergrund der Geschichte geschoben - Facebook selbst dient nur als Aufhänger und Dreh und Angelpunkt um eine zeitlose Geschichte über Freundschaft, Verrat und Gier zu erzählen, was zeigt: Facebook-Film ist mehr oder weniger Blödsinn. Der Schwerpunkt des Films liegt nicht bei der Website, sonder bei den Menschen hinter ihnen und ihren Problemen, vor allem ihren Problemen untereinander. Getragen von durch der Bank weg exzellenten Schauspielern: Sei es Jesse Eisenberg, der vor diesem Film schon als "Michael Cera-Abklatsch" geahndet wurde und zeigt, was für ein Talent in ihm steckt oder Justin Timberlake, der sich zwar schon in einigen Filmen beweisen konnte, aber bisher doch immer im Schatten versteckt blieb. Das Andrew Garfield ein ausgezeichneter Schauspieler ist, dass wusste man ja schon vorher - So macht er auch in der "Sympathierolle" des Films eine einwandfreie Figur.
Doch was wären Schauspieler ohne ein gutes Drehbuch. Und das gibt es hier in seiner Spitzenklasse-Form zu sehen. Autor Aaron Sorkin macht aus einer wahren und auch nicht besonders spannenden Geschichte eine Parabel über die, wie schon angesprochen, klassischen Themen wie Freundschaft, Ehrgeiz, Verrat - Würzt das mit großartigen Dialogen und trockenem Humor ohne bei den Figuren in Klischees zu verfallen, was hier durchaus einfach gewesen wäre. So einfach hätte man aus Mark Zuckerberg ein hassenswertes Arschloch machen können - Und irgendwo ist er das auch, durch sein Arrogantes Auftreten, gleichzeitig aber auch irgendwie sympathisch. Dazu kommt eine überraschende Kurzweiligkeit, die die zwei Stunden wie im Flug vergehen lassen, was gleichzeitig auch an David Finchers schneller Inszenierung liegt, die sich trotz rasanten Schnitten und visuellen Spielereien immer Zeit für die Geschichte und deren Charaktere nimmt. Vergleichbar ist The Social Network vor allem mit Finchers vorletztem Film, Zodiac, der auch eine relativ unspektakuläre, charakterbezogene Geschichte über einen größeren Zeitraum bietet und durch das Zusammenspiel eines großartigen Drehbuchs und Finchers Regie eine herausragende Mischung herauskommt, die mit atmosphärischer Dichte und einigen visuell beeindruckenden Szenen aufwartet (War es eine Taxifahrt aus Vogelperspektive in Zodiac ist es ein Ruder-Rennen in The Social Network).
Nicht zu vergessen, wenn im Film auch weniger angespielt, als erwartet: Der Score von Trent Reznor und Atticus Ross, der mit seinen elektronischen Klängen an eine düstere Version von Mark Mothersbaugh erinnert, der den Bildern des Films noch mal eine ganz eigene Note aufdrückt, merklich zur Atmosphäre des Films beiträgt und zum Besten gehört, was die Score-Landschaft 2010 bisher hervorgebracht hat - Wenn nicht sogar das Beste.
Fazit: The Social Network ist der eindrucksvolle Beweis, dass auch ein Facebook-Film gut sein kann. Nein, sogar sehr, sehr gut. Die Mischung aus zeitloser Geschichte im modernen Gewand geht perfekt auf und zwei Stunden vergehen im Flug. Darstellerisch wie inszenatorisch einsame Spitze und definitiv einer der Besten des Jahres. Und ein Film, der so gelungen mit "Baby, You're a Rich Man" von den Beatles endet, kann gar nicht schlecht sein
9/10