Fehlende Bildung als einzigen Grund für Rassismus zu nennen ignoriert aber ganz deutlich die Fakten. Rassismus gibt es in allen Gesellschaftsschichten. Schön wäre es, wenn allein eine gute Bildung Abhilfe schaffen würde.
Selbst ein witzig gemeintes "Du sprichst aber gut deutsch." ist nicht halb so witzig, wenn du den Mist immer und immer wieder hörst. Wenn du nur auf Grund deines Aussehens auf so einen saudämlichen Witz reduziert wirst. Völlig egal, ob das ironisch gemeint ist oder nicht. In dem Moment bezieht man sich auf eine Äußerlichkeit, nicht mehr, nicht weniger. Es sind Mikograggressionen die sich häufen, die ausgrenzend wirken, auch wenn es witzig gemeint ist. Wenn mein Bruder nicht in den Club kommt, weil schon genügend Südländer drin sind, dann ist das ebenso rassistisch, wie ein "Ching, chang, chong", wenn jemand an mir und einem Kind vorbeiläuft. Genau da muss das Umdenken stattfinden.
Gerade wenn erst in dreißig Generationen der Rassismus endlich zu einer Fußnote geworden ist, spricht alles dafür, dass wir jetzt aktiv daran arbeiten. Ich lege mich doch nicht hin, weil ich das Ergebnis mutmaßlich nicht miterleben werde. Vermutlich hast du das so auch nicht gemeint, aber ich wollte noch einmal explizit darauf hinweisen.
Ich nenne ebenfalls Wohlstand. Das sind 2 Faktoren die viele positive Dinge hervorrufen können. Und Wohlstand und Bildung für alle ist leider ein sehr utopischer Gedanke. Natürlich rede ich bei Bildung von faktenbasierter Bildung, keiner Ideologischen etc.
Ich habe diesen Satz "...du sprichst aber ordentlich (oder gut) deutsch!..." schon oft gesagt. Ich unterhalte mich gerade mit Leuten gerne, die mir etwas interessantes beibringen/erzählen können. Und wenn ich diesen Satz sage, dann meine ich ihn auch so. Die Vorverurteilung beginnt hier (in diesem Falle) schon bei dir, denn du nimmst an, ich hätte keine ehrliche Intention. Wie fair ist das? Dieses kleine Wort "aber" bezieht sich auf außenstehenden Kontext, der dir als Beobachter oder Betroffener erstmal verborgen bleibt. Somit kann sich dieses kleine Wort auf eine gewisse Aufenthaltsdauer beziehen, oder auf genug andere Leute, die nicht gewillt oder in der Lage waren sich die Sprache anzueignen und den Erfahrungspool mit "negativen" Beispielen befüllt haben, oder eben andere mannigfaltige Hintergründe besitzen.
Und wenn ich wollte, könnte ich all den Ausländern, die kein Wort unserer Sprache hier sprechen, vorwerfen, selbst Rassisten oder derartiges zu sein, da man sich selbst wohl (warum auch immer) ausgrenzen möchte. Aber das ist deren Sache, ich verlange von niemand in Deutschland leben zu müssen oder die Sprache zu beherrschen. Ich würde es aber von mir selbst verlangen, wenn ich, auf lange Sicht, in einem anderen Land leben wollen würde.
Ein wenig anders ist es ja, wenn dir persönlich, wie in diesem Beispiel jetzt, der Satz aufstoßen bereitet. Aber wenn ein Gespräch stattfindet an dem man messen kann wie deine sprachliche Expertise ist, dann kann man im selben auch dem gegenüber sagen, was man von dieser Aussage hält und je nachdem bekommst du ja mehr Kontext dazu geliefert. Die Sicht und Erfahrungsweise des anderen ist da schließlich enorm wichtig.
Bin ich also auch sexistisch wenn ich zu einer Frau sage: "Du bist aber hübsch!"?
Also vielleicht bin ich ja im Sumpf des Alltagsrassismus untergegangen, doch meistens, zumindest bei mir, ist ein Kompliment ganz einfach:
Ein Kompliment.