Woodstocks Position ist lupenreine "moderne" Philosophie (in diesem Fall Existentialismus). Ohne Zweifel eine ehrbare Haltung.
Das Schmidt-Zitat muss man im historischen Kontext sehen. Er hat als Wehrmachtssoldat gerade den Krieg überstanden, hat Alpträume und schreibt dann 1946 diesen (leider nicht sehr bekannten) Text nieder. Die reale Möglichkeit der Selbstvernichtung war damals mit Hiroshima und Nagasaki ja fast noch tagesaktuell, das spielt da natürlich hinein. Im Kern wird zunächst einmal bestritten, dass der Mensch Ebenbild Gottes ist (für uns heute natürlich kein Skandal mehr), stattdessen setzt Schmidt den Leviathan aus der Bibel (was rätselhaft ist und den Text irrational einfärbt).
Weil es aus Schmidts damaliger Sicht bedeutet hätte: ein paar Jahre Wiederaufbau, und dann kommt schon wieder der nächste Krieg mit allem, was dazu gehört. Ob es nicht besser sein könnte, wenn damit einfach mal ganz und endgültig Schluss ist - da ohnehin keine Species ewig existiert - ist eine berechtigte Frage.
Aber am besten die Erzählung selbst lesen, sie ist sowohl literarisch als historisch interessant. An einer Stelle erwähnt er ein Frauen-KZ (mit Kindern) auf einem Todesmarsch. Das hat man jahrzehntelang geflissentlich ignoriert, und er selbst hat darüber nicht gesprochen. Neuerdings ist die Sache historisch rekonstruiert worden, es könnte ein reales Erlebnis gewesen sein (Frauen-KZ Pirna).
Mir durchaus klar, aber wenn man noch etwas weiter in die Vergangenheit blickt, dann kommt einem natürlich Thomas Hobbes in den Sinn "Denn der Mensch ist dem Menschen ein Wolf, kein Mensch." Ein Überlebender des englischen Bürgerkrieges und daher durchaus vergleichbar mit Schmidts damaliger Sicht. Beide Männer sind tief gezeichnet von ihren Erlebnissen und das spiegelt sich in ihrer Weltanschauung wieder. Hobbes spricht ebenfalls vom Leviathan und verteidigt damit den Absolutismus, die Macht über das Volk übertragen an einen Einzelnen. Da er die Liberalen und eher demokratischen Kräfte der Revolution als Schlächter erlebt hat, ist er natürlich eher der Monarchie zuneigt und sieht die Herrschaft der Masse als das Herfallen der Wölfe über die Schwachen. Er geht davon aus, dass der Naturzustand des Menschen und eigentlich von allem durchaus negativ ist, aber auch sein Zitat, endet mit "Das gilt zum mindesten solange, als man sich nicht kennt", was die Möglichkeit lässt, diese Feindschaften zu überwinden.
Ironischerweise soll die Geschichte zeigen, dass gerade die absolutistischen Herrscher die größten Kriege auslösen werden und seine Argumentation maximal den schlimmsten Wolf von allen an die Macht bringt und dafür sorgt, dass noch mehr Kinder so aufwachsen mussten wie er.
Dementsprechend, denke ich, dass nicht mal er sich heutzutage zustimmen würde.
Obgleich ich auch ihre Gedankengänge und den Ursprung dessen verstehe, so ist es trotzdem eine zynische Haltung, welche aus einem tief sitzenden Trauma geboren wurde und dementsprechend nicht ohne weiteres als Tatsache akzeptiert werden sollte. Trauma ist auch etwas, mit dem ich Erfahrungen gemacht habe. Ich habe selbst keinen Krieg erlebt. Mir wurde maximal ein Kriegstrauma vererbt, durch bildliche und sich wiederholende Erzählungen in jungen Jahren, aber diese Gedankengänge sind nachvollziehbar für mich. Aber sie sind aus einer Katastrophe heraus entstanden und keinesfalls als generelle Wirklichkeit zu verstehen.
Hobbes kann nicht ohne John Locke erwähnt werden, welcher wohlbehütet aufgewachsen ist und als einer der Urväter des Liberalismus bezeichnet wird. Er ist das extreme Gegenteil von Hobbes und dementsprechend ist sein Weltbild positiv geprägt. Er war überzeugt, dass der Menschen in seinem Inneren gut ist und nicht nach Feindseligkeit strebt, und wenn man modernen Studien glaubt, so scheint er recht zu haben. Kinder sehen in Hautfarben, Geschlechtern, Religionen oder Nationen nichts Schlechtes. Sie können mit diesen abstrakten Begriffen nichts anfangen, diese Last wird in durch ihr Umfeld auferlegt.
Aber auch hier gibt es Ausnahmen. Diese Studien wurden in zivilisierten und reichen Ländern aufgenommen. Wenn du nichts hast und für alles kämpfen musst, so gilt das Überleben des Stärkeren, obgleich als Privatperson oder als Nation und das ist ebenfalls ein Fakt.
Alle genannten haben recht und unrecht. Tatsache ist, es gibt keine einfache Antwort. Der Naturzustand des Menschen ist ambivalent und dem Kontext seiner Existenz geschuldet. Aktuell schlagen sie sich wieder die Köpfe ein, danach sitzt man wieder am Tisch und redet.
Schlussendlich ist es nicht wichtig, was passiert. Auch, wenn wir sterben. Wir gehen dorthin, woher wir kamen, ins Nichts oder ins alles. Das ist nicht schlimm, es tat nicht weh, wo ich herkam, obgleich ich traurig sein werde gehen zu müssen und darum kämpfe zu bleiben. Es geht dort hin, wo auch alles im Universum eines Tages geht. Daher ist es egal, was alle diese klugen Männer gesagt haben. Wir haben keinen Besitzanspruch auf diese Welt oder diese Galaxie, aber genauso wenig, hat es kein anderer. Genau sowenig interessiert es weder die Welt, noch das Universum, was Besitz überhaupt ist oder was wir tun. Lasst uns einfach machen. Entweder wir schaffen es oder wir schaffen es nicht. In diesem Universum vergehen und beginnen wahrscheinlich täglich unzählige Völker wie unseres und es interessiert das Universum kein Stück. Wir sind nichts Besonderes. Wir sind weder gut noch böse, wir sind einfach nur wir und was wir daraus machen, was wir glauben und welchen Sinn wir für uns suchen, interessiert nur uns (und vielleicht das Arbeitsamt) und das muss reichen, denn mehr gibt es nichts. Schauen wir einfach wie weit wir kommen, vielleicht knacken wir eine Highscore und realisieren es nicht mal.