Ich weiß, wann es keinen Sinn macht, mich noch weiter zu verstecken. Und es tut mir leid, dass ich bis hier hin nichts gesagt habe. Ihr müsst aber versuchen mich zu verstehen: hätte ich früher etwas gesagt, hättet ihr mich aufhängen wollen und ich hätte fliehen müssen. Aber ich mochte das Leben hier. Es war friedlich. Ruhig.
Soweit ich weiß, bin ich die letzte überlebende der Vampire. Vielleicht gibt es irgendwo noch mehr von mir, doch bereits seit Jahrhunderten bin ich keinem weiteren begegnet. Nach dem Tod meiner Familie bin ich jahrelang durch die Lande gezogen, um einen aus meiner Sippe zu finden, vergeblich – bis ich vor einigen Jahren hier im Dorf angekommen bin. Ich weiß noch, wie ihr mich Fremde argwöhnisch beäugelt habt, und trotzdem habt ihr mir Essen gegeben, euch um mich gekümmert, als ich mit nichts hier stand. Im Gegenzug zu der Aufgabe mich um den Park zu kümmern, habt ihr mir sogar ein Dach geschenkt und mich in eure Mitte aufgenommen. Es war das letzte Glück, welches ich schon für immer verloren geglaubt hatte.
Leider kann ich ohne Menschenblut nicht überleben und ich habe meiner Familie versprochen alles Mögliche zu tun, um zu überleben. Mit ihrem Tod hatten sie mich gerettet und ihr Opfer durfte nicht sinnlos sein, nur weil ich mich aufgab. Aber ich habe immer darauf geachtet nicht viel zu nehmen, euch danach Erholung zu schenken, damit ihr schnell wieder bei Kräften seid. Auch jetzt noch seid ihr jederzeit im Park willkommen, um euch von der beruhigenden Natur heilen zu lassen. Es war jedenfalls niemals die Absicht von mir Jemanden zu töten oder langfristig zu schaden. Auch habe ich niemanden verwandelt – das kann ich gar nicht entscheiden. Um sich in einen Vampir zu verwandeln, muss derjenige es auch wollen. Und ich bin froh, dass bisher nie Jemand das Verlangen danach hatte sich dem Fluch hinzugeben und zu einer scheußlichen Kreatur zu werden, wie ich es bin.
Ich kann gehen, das Dorf verlassen, euch in Frieden lassen und weiterziehen, dann braucht ihr keine Angst mehr vor mir haben. Möglicherweise finde ich doch noch einen meines gleichen, damit ich die Ewigkeit nicht mehr in Einsamkeit verbringen muss.
Vielleicht lernen wir aus den letzten Tagen, dass Rassen nicht entscheiden, wer wir sind. Dass ein Werwolf sich gegen seine Natur entscheiden kann und gut sein. Dass auch ein Vampir nichts anderes möchte als zu überleben, und dabei vorsichtig ist und nicht nur nimmt, sondern auch gibt. Wäre es nicht schön, wenn es eine Welt gäbe, in der wir alle gemeinsam und friedlich leben könnten?
Vielleicht gibt es das böse auch gar nicht erst. Vielleicht sind wir auch alle böse. Vielleicht spielt alles keine Rolle. Vielleicht ist es einfach egal. Vielleicht beschwöre ich auch meinen eigenen Tod mit meinem Geständnis. Aber ihr seid diejenigen, denen ich hier am meisten vertraue. Von denen ich glaube, dass sie verstehen werden.