Hab den Film gestern auch gesehen. On 35mm print! (Sah super aus) Musste den ganzen Film etwas sacken lassen und vermutlich sogar noch etwas mehr sacken lassen und dann noch mal sehen, um mir so richtig eine Meinung zu bilden, aber so fürs erste hat er mir doch ganz gut gefallen, auch wenn er ein bisschen eine Abkehr von dem ist, was Tarantino sonst mit ausgemacht hat. Waren viele und vor allem die letzten seiner Filme sehr dicht geplottet, ist dieser viel freier und plätschert meistens so ein bisschen vor sich hin, was keineswegs negativ gemeint ist. Der Film ist erzählerisch näher an Filmen von Richard Linklater wie Dazed & Confused (gleichzeitig einer von Tarantinos Lieblingsfilmen), wo es nicht darum geht einer groß angelegten, durchdacht konstruierten Handlung zu folgen, sondern ein paar Figuren kennenzulernen und ihrem Leben für ein paar Stunden, oder im Fall von OUATIH ein paar Tagen zu folgen. So gesehen währen die großen, überhöhten, endlosen Dialoge, die Tarantino oft (aber natürlich auch nicht immer) ausmachen hier auch ein bisschen fehl am Platz, dafür gibt es einige der schönsten (und meist wortlosen) Autofahrsequenzen in der jüngeren Filmgeschichte. Natürlich wäre es nicht Tarantino, wenn der Film nicht trotzdem vollgepackt wäre mit seiner Liebe fürs Kino, für Filme, natürlich für Western und für Los Angeles, das hier in großem Glanz präsentiert wird. Und für Füße. Viele haben sich im Internet über die vielen Szenen in denen Füße zu sehen sind beschwert, und gemeint, wieso Tarantino seinen Fetisch so offen zur Schau stellen muss. Persönlich kann ich mit Füßen von der Fortbewegung abgesehen auch nichts anfangen, aber ist nicht sowieso jeder Tarantinofilm ein Fetischfilm? Denn der Mann hat sicher nicht nur einen Fußfetisch, sondern auch einen fürs Kino, für alte (B-)Filme, für analoges Filmmaterial und jeder seiner Filme ist vollgepackt mit seinen persönlichen Vorlieben, und das, wo die meisten Filme immer unpersönlicher werden und nichts mehr zu sagen haben, ist das eigentlich eine gute Sache, ob ich mir nun ein paar nackte Füße ansehen muss oder nicht. Und trotzdem weht der Wind in diesem Film ein bisschen anders als in den anderen. War Tarantino nach Pulp Fiction noch der coolste Typ der neu aufkommenden Filmszene, werden seine Filme nach wie vor, vor allem mit coolen Typen und Dialogen, coolen Soundtracks und kultiger Gewalt in Verbindung gebracht, ist dieser eigentlich überhaupt nicht cool. Und klar, es gibt weiterhin eine verschachtelte, mit subjektiven Rückblicken gespickte Handlung, Erzähler (diesmal allerdings keine Kapitel), einen wunderbaren Jukebox-Soundtrack, aber wie Tarantino schon in Interviews erzählt hat, ist ihm bewusst, dass er auch ein bisschen den Anschluss an die modernen Sensibilitäten verloren hat, was ja irgendwie auch ganz normal ist, und so war schon The Hateful Eight ein bisschen melancholischer als man sonst von Tarantino gewohnt ist, OUATIH ist aber noch ein bisschen wehmütiger und trauriger. Natürlich auch eine Geschichte über einen Schauspieler, der den Bezug zur Aktualität verloren hat. Damit auch der erste Tarantino seit langem, dessen zentrales Motiv nicht Rache ist, auch wenn im Finale wieder eins seiner Lieblingsthemen, die Rache oder zumindest das Aufwiegen von getanem Unrecht durch Film im Mittelpunkt steht. Ich weiß nicht, ob Tarantino glaubt, dass Filme die Welt auf ihre Weiße ein bisschen besser machen können, Tarantinos Filme selbst machen die Welt in der sie spielen meistens ein bisschen besser, für die einen langweiliger Geschichtsreviosionismus, ich finde es nach wie vor faszinierend wie sich Tarantino innerhalb seiner Filme eine alternative Realität schafft, in der, trotz der ganzen Gewalt und dem vermeintlichen Zynismus, am Ende meist das Gute siegt. Und so wiederum funktionieren die Filme nur, wenn sie im Kontext der echten Welt und Geschichte stehen, wie sehr hätten die Mitglieder der Manson Family sonst ihr grausames Filmende verdient, wüsste man nicht, für welche Taten sie im echten Leben verantwortlich waren? Und auch nach dem obliagtorisch superbrutalen Finale bleibt der Film überraschend klein und persönlich, eine Geschichte über eine vergangene Ära und ein paar Leute darin. Auch wenn das Ende natürlich wieder die komplette reale Geschichte auf den Kopf stellt, ist es diesmal nicht das wofür sich Tarantino am meisten interessiert. Es ist ein Hangout- und Buddyfilm, ein letztes großes Statement darüber, nicht mehr zeitgemäß zu sein. Dementsprechend offen und bittersüß bleibt das Ende und so gesehen auch kein Wunder, dass Tarantino überlegt, nach diesem hier schon aufzuhören.