Mal sehen, ab wann hier über den Film gesprochen wird.
Die einen wollen sich schützen, die anderen interessiert mehr, wie andere den Film kritisieren und der Rest spricht mehr über das danach des Films, ein Urproblem von Marvel, anstatt über den Film selbst.
Dieser ist nämlich doch ein ganz ordentlicher Comicstreifen geworden. Die viel heraufbeschworene Marvel-Formel, die keiner mal so richtig definiert, aber gern in die Runde geworfen wird, will ich auf diesen Film gar nicht so analysieren, da diese glaube ich oft nur als Synonym für den Marvel-Humor herhalten muss. Ich glaube übrigens, dass das Problem bei Marvel weniger der Humor ist, als dass sie sich zu ernst nehmen! Ja, ernster als DC bzw. suggerieren sie das in ihren Trailern oftmals und haben dann eine Fallhöhe im fertigen Film, der dann gar nicht mehr so den Ernst zu haben scheint. Da bietet sich hier schon ein erster interessanter Ansatz, wenn man vor dem Film einen Trailer zu AVENGERS: ENDGAME sieht und schließlich die Mid-Credit-Szene zu Rate zieht. Ins Detail gehe ich hier natürlich mal nicht, aber hier treffen schon Tonalitäten aufeinander, die eben aus einem angekündigten Salat mit Gemüse vom Markt, einen Fast-Food-Salat machen mit Gummibärchen...
CAPTAIN MARVEL profitiert davon sich von den anderen Filmen in großen Teilen lösen zu können. Ein gewisses Vorwissen ist wünschenswert, doch ansonsten sind gerade die ersten 20 Minuten spannend, weil mal etwas anderes, kann die Origin der Figur problemlos erzählt werden, weil das Geheimnis und der Werdegang auch Teil des Filmrätsels sind. Der Plot bekommt mehrere Ebenen und wir gehen nicht von A zu B nach C, sondern sind bei B und dürfen mit der Hauptfigur, den Weg nachzeichnen. Das ist am Ende nicht besonders überraschend, aber man nimmt ja gerne mal alternative Erzählformen in diesem Bereich an und wenn es nur kleine Abweichungen sind.
Etwas schwach auf der Brust ist der Film in der Action. Was kann man auch einer Heldin entgegensetzen, die eigentlich unbesiegbar ist? Der Film tut sich deshalb auch keine Gefallen mit der Action, denn eigentlich interessiert diese auch nicht. Selbiges gilt für den Bösewichten. Auch hier ist es schwer ins Detail zu gehen, ohne etwas zu verraten. Ich sage mal so, dass Casting ist hier sehr clever gestaltet worden. Doch wo der eine profitiert, leidet wiederum ein anderer darunter.
Erschreckend gut funktioniert die Verjüngungs-CGI bei Samuel L. Jackson. Die Anwendung der Technik bei anderen Figuren zeigt aber auch, dass man es wohl noch nicht für jeden perfektionieren konnte.
Die Musik von Pinar Toprak stützt sich auf der einen Seite auf eine sehr natürliche, orchestrale Instrumentierung, die im Comicfilmbereich erst nach und nach wieder en vogue kommt. Zu Beginn des MCUs war das noch eher Alan Silvestris Alleinstellungsmerkmal. Auf der anderen Seite aber, arbeitet Sie auch mit synthetischen Momenten, die so ein wenig Videospielcharakter haben, indem sie mehr an das Vertonen von Arcade-Automaten der 80er aus der heutigen Sicht erinnern und hier nun entweder ihre Idee für die generelle Stimmung der Heldin sein sollen oder eben ihre Zugabe zum 90er-Setting des Films.
Das Setting in den 90ern wird größtenteils nicht zu dick aufgetragen. Ein Ur-Problem mit den Songs bleibt eben. Die braucht es wohl immer, dass klar ist in welchem Jahrzehnt man ist. Heutzutage würde man ja auch nie 80er oder 90er Musik hören, sondern überall läuft nur das was jetzt gerade akuell ist...
Kurzum, ich fühlte mich gut Unterhalten von dem Film, sehe keinen Ausfall nach unten, aber auch nicht wirklich nach oben. Ein unterhaltsamer Comicblockbuster, der actiontechnisch wenig innovativ ist, mit seiner Story aber zu erzeugen weiß, auch wenn es wieder nur mehr eine Schnitzeljagd, ohne wirkliche Luft für Zwischentöne.