Grrr.
Um das vorweg zu nehmen: Ich will euch wirklich nicht die Freude mit den Theorien und Interpretationsansätzen nehmen. Wirklich nicht. Dafür sind wir ja hier. (Und muss ich wirklich betonen, dass mein Post keine ultimative Allgemeingültigkeit hat?) Aber...
Ich kriege eine kleine (kleine!) Krise, wenn ich hier, und im Spoiler-Thread sehe, wie sich zumeist halsbrecherisch irgendwelche Theorien zusammengesetzt werden, die, wenn ihr mich fragt, nur schwer wirklich dem Film zu entnehmen sind. Hier werden eifrig und teilweise nicht unoriginell die Löcher gestopft, die der Film mit seiner dämlichen Story aufgerissen hat. Selbst wenn wir im Hauptteil nur in Sweat Peas Kopf waren oder wenn Sweat Pea ein Teil von Babydolls Psyche ist: Das passt doch nicht zusammen. Und wenn es doch so gedacht war, dann funktioniert der Film doch nicht. Die Rahmenhandlung gibt die Psychenteilung entweder nicht her oder die Haupthandlung interessiert sich eigentlich nicht mal am Rande um die eigentliche Psyche. Dafür sind die fünf Mädels auch charakterlich alle zu ähnlich und generell einfach schrecklich simpel gestrickt. Oder ist es Sinn der Sache, dass Jamie Chungs Anteil an der Gesamtpsyche der ist, immer die Fahr- und Flugzeuge zu steuern? Von mir aus kann man es so sehen, dass nach und nach die Teile des Hauptverstandes entfernt werden. Aber Babydoll selbst ist doch ein absoluter Nullcharakter. Sie spricht nur das "wir müssen flüchten" aus. Mehr nicht. Sweat Pea spricht die Unsicherheit, die Bedenken bei der Mission aus. Mehr nicht. Die Anderen haben doch keine Funktion. Rocket nur als Symbol der Schwester? Was sollen dann Amber und Blondie? - Das fällt doch alles in sich zusammen.
Und natürlich wollte Snyder dem popkulturellen und medialen Sexismus ein bisschen den Spiegel vorhalten. Das ist doch auch keine große Leistung. Weder, es in einen Film zu packen, noch dies zu erkennen. Sweat Pea spricht es doch mehr als deutlich genau so aus, wie es gedacht ist und die übermännliche, unterdrückende Umgebung des Bordells ist doch auch deutlich genug. Blöd nur, dass Snyder sehr wohl seinen eigenen Fetisch filmt und diesem erliegt. Und nur durch eine verroht sexistische Umgebung wird aus netzbestrümpften Teens noch kein kritisches Bild gegen medialen Sexismus.
Ich finds einfach zu billig, was Snyder hier zusammengeworfen hat. Ich nehme ihm ja ab, dass er wirklich was zu sagen hatte und an psychologischen Fragen interessiert war, aber die Präsentation ist ja wohl mehr als konfus und wird diesen Ansprüchen absolut nicht gerecht. Die angesprochenen Identitätssplittung passt ja schon nicht und wie ich mir in der 3. Ebene die Chance entgehen lassen kann, unterhaltsam all die psychologischen roten Fäden weiterzuführen und zu verknüpfen, verstehe ich nicht. Das wäre so simpel gewesen. Stattdessen Orcs und Cyborgs und die Wehrmacht. Da jetzt mit Symbolen zu kommen, wie monströse, Tier gewordene Männer, Strategie und Taktik für den Lageplan oder Technik - macht doch keinen Sinn. Auf psychologisch begründete Symbole herunter gebrochen macht die Analogie Koch + Messer zu Cyborgs + Bombe im Zug einfach keinen Sinn.
Ich finds ein bisschen schade, dass hier plötzlich die Energie da ist, wild zu interpretieren und zu forschen und zu überprüfen. Bei anderen Filmen, die meiner Meinung nach reichhaltiger sind, ist das aber selten der Fall oder es wird schnell mit "pseudo" abgewatscht. Woran liegt das? Ganz ehrlich gefragt. Ist es die Kombination aus Entertainment und Symbolismus bei SP? Für mich ist das - weil es misslungen ist - der Grund, warum der Film so ein Ärgernis ist, weil er keine Richtung zufriedenstellend bewerkstelligt. Das trieb ja nicht mal bei "Inception" solche Blüten in der Diskussion. Und bei SP wird aus den schlechtesten Heulszenen seit Jahren und einer nicht vorhandenen Emotionalität (imho) plötzlich eine tiefenpsychologische Wundertüte. Vielleicht funktioniert das so gut, gerade weil der Film so unstrukturiert und undurchdacht ist, dass man da nur all zu gut mit arbeiten und modellieren kann. Hm... wenn das das Ziel war, ist es geglückt. Blöd nur, dass kein unterhaltsamer Film bei rausgekommen ist. Und einer, der nur reichhaltig ist, wenn man mit Mann und Maus Zusatzgedanken einfügt.